Tauziehen um einheitliche Corona-Regeln

Tauziehen um einheitliche Corona-Regeln
Arbeitsminister Hubertus Heil plant eine Corona-Testpflicht für Betriebe in ganz Deutschland. (Hannibal Hanschke/Reuters/Pool/dpa)

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Berlin (dpa) – Das Ringen um bundesweit einheitliche Regelungen im Kampf gegen die dritte Corona-Welle geht in eine entscheidende Phase.

Nachdem die Bundesregierung einen Vorschlag zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt hat, wird dieser nun mit den Fraktionen im Bundestag und mit den Ländern abgestimmt. Der Bund will die Neuregelung bereits am Dienstag im Kabinett beschließen. Es gibt allerdings bereits eine ganze Reihe von Nachbesserungswünschen – auch vom Koalitionspartner.

Die Spitze der SPD-Fraktion fordert zusätzliche Maßnahmen, neue Hilfsprogramme und klare Öffnungsperspektiven. Das geht aus einem Positionspapier des geschäftsführenden Fraktionsvorstands hervor, das der dpa vorliegt. Die dringend nötigen Beschlüsse müssten parteiübergreifend und gemeinsam von Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat getroffen werden, heißt es darin. Es dürfe dabei nicht um parteitaktische Manöver oder Profilierung Einzelner gehen.

Konkret fordert die SPD-Fraktionsspitze etwa eine Testpflicht für Unternehmen und Schulen: Firmen müssten Beschäftigten, die nicht im Homeoffice arbeiten könnten, unabhängig von den Infektionszahlen zweimal die Woche Corona-Tests anbieten. Auch in Schulen müsse verpflichtend mindestens zweimal in der Woche getestet werden, in Kitas solle dies ebenfalls kindgerecht angeboten werden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Testpflicht für Unternehmen bereits ins Auge gefasst: Er will sie schon an diesem Dienstag im Kabinett durchsetzen – und zwar im Paket mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes. «Alle müssen jetzt ihren Beitrag im Kampf gegen Corona leisten, auch die Arbeitswelt», sagte Heil der «Bild am Sonntag». «Ich will, dass wir das am Dienstag in der Bundesregierung beschließen.»

Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums sehen laut «Bild am Sonntag» vor, dass alle Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice sind, das Recht auf einen Corona-Test pro Woche bekommen. Wer viel Kundenkontakt habe oder mit Lebensmitteln arbeite, solle Anspruch auf zwei Tests pro Woche haben. Die Union sieht eine solche Testpflicht bisher kritisch, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzt auf Freiwilligkeit.

Bund und Länder hatten angesichts steigender Neuinfektionszahlen und einer zunehmenden Belastung auf den Intensivstationen ein neues Verfahren vereinbart. Maßnahmen für Regionen mit hohen Infektionszahlen sollen gesetzlich festgehalten werden, die Details wollte der Bund am Wochenende mit den Fraktionen und den Ländern möglichst schon festzurren. Nach dem Kabinettsbeschluss soll der Entwurf möglichst schnell in Bundestag und Bundesrat beraten werden.

In der Formulierungshilfe, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, schlägt der Bund mehrere Maßnahmen für Landkreise vor, in denen binnen einer Woche eine Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner oder mehr registriert wird – das sind aktuell mehr als die Hälfte aller Landkreise in Deutschland.

Gestattet wären etwa nur noch private Treffen eines Haushaltes mit einer weiteren Person und von insgesamt maximal fünf Personen; Kinder zählen nicht mit. Vorgeschlagen werden zudem Ausgangsbeschränkungen von 21.00 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens. Dabei soll es nur wenige Ausnahmen geben, etwa für medizinische Notfälle oder den Weg zur Arbeit, nicht aber für abendliche Spaziergänge alleine.

Der Deutsche Landkreistag verurteilte die Pläne scharf. «Der vorliegende Entwurf ist ein in Gesetz gegossenes Misstrauensvotum gegenüber Ländern und Kommunen», sagte Präsident Reinhard Sager den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Damit verlässt der Bund den Modus gemeinsamer Krisenbekämpfung und will direkt vor Ort wirkende Maßnahmen anordnen.» Damit würden zum Beispiel «verantwortbare Modellversuche über einer Inzidenz von 100» praktisch unterbunden.