Studie: In Zukunft drohen vermehrte Extremwetterereignisse

Das Unwetter verwandelte die Landschaft bei Andelfingen in eine Seelandschaft.
Das Unwetter verwandelte die Landschaft bei Andelfingen in eine Seelandschaft. (Bild: MK)

Aufhorchen lässt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Nach deren Erkenntnissen muss zukünftig mit extremeren und gefährlicheren Wetterereignissen in Europa gerechnet werden. Laut PIK haben Hitzewellen und Dauerregenphasen in den letzten 40 Jahren deutlich an Intensität zugenommen. Diese Veränderungen wurden in bisherigen Klimamodellen möglicherweise unterschätzt.

Auf die Deutschen und Europäer kommen lt. der Studie längere, heißere Sommer und auch Wetterperioden mit intensivem Dauerregen zu. Grundlage dafür bilden im Sommer langanhaltende Wetterlagen über Europa, dem Nordatlantik und auch Sibirien, die sich immer ähnlicher werden, so die PIK.

Roland Roth mit Appell an die Kommunen und Politik

Roland Roth, Oberschwabens Wetterexperte Nummer eins und Gründer der Wetterwarte Süd, ist von den Studienergebnissen keinesfalls überrascht. „Das ist eigentlich kalter Kaffee, das ist alles schon längst bekannt.“ Schon 1988 wurde Roth zum Thema in einer Tageszeitung dazu zitiert: „Wir müssen mit extremen Wetterereignissen unbekannten Ausmaßes und nicht absehbaren Schäden rechnen!“

Unverständnis zeigt Roth für die Politik, die über die Problematik schon lange informiert sei und trotzdem Warnsignale weitgehend ignoriert hätten. „Allerhöchste Zeit, jetzt um so entschlossener zu handeln“, lautet sein Appell an die neue Bundesregierung.

Roth appelliert an die Städte und Gemeinden, ihre Planungen auf den Klimawandel auszurichten. „Je weniger Versickerungsflächen, desto höhere Versicherungsfälle,“ bringt Roth ein Detail der Präventionsmöglichkeiten auf den Punkt. Er empfiehlt grundsätzlich mehr Grünflächen, die vorhanden unbedingt zu bewahren, die Landschaft zu entsiegeln, um zusätzliche Versickerungsmöglichkeiten zu schaffen. Frischluftschneisen und eine Abkehr von Bauten mit riesigen Glasflächen seien, so Roth, weitere Möglichkeiten, um das Binnenklima in den Kommunen zu verbessern.

Roland Roth, Chef der Wetterwarte Süd, fordert die  Politik und auch die Kommunen zum entschlossenen Handeln auf.
Roland Roth, Chef der Wetterwarte Süd, fordert die Politik und auch die Kommunen zum entschlossenen Handeln auf. (Bild: wetterwarte-sued.com)

In Oberschwaben sieht Roth vor allem kleinere Täler, das mittlere Schussenbecken und das Rißtal (Großraum Biberach) durch Starkregen gefährdet. Er sieht zudem ein erhöhtes Gefahrenpotenzial im Rißtal und mittleren Schussenbecken durch die angrenzenden Hanglagen: „Diese dürfen keinesfalls bebaut werden, der Luftaustausch muss gewährleistet bleiben. Das ist gerade bei Inversionswetterlagen wichtig.“ Von Inversion bzw. einer Inversionswetterlage spricht man, wenn die oberen Luftschichten wärmer als die unteren sind. Dies führt zu einer Ansammlung von Kaltluftblasen, da die Luft nicht mehr zirkulieren kann.

Der Klimawandel hat auch gewaltige Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Roth erinnert an das legendäre Hitzejahr 2003: „Damals sind entlang des Rheins ca. 50.000 Personen an den Folgen des außergewöhnlich heißen Wetters gestorben.“

Der Landkreis Biberach hat 2019 ein Unwetterkonzept beschlossen

Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller (Biberach) äußerte sich zur Studie des PIK: „Im Brand- und Katastrophenschutz haben wir uns bereits vor einigen Jahren auf veränderte klimagenerierte Einsätze und Unwetterereignisse eingestellt. Die regelmäßig wiederkehrenden Herbst- oder Frühjahrsstürme werden heftiger, neben Dürreperioden im Sommer, welche Vegetations- und Waldbrände verursachen, haben die zumeist ehrenamtlichen Kräfte mit immer heftigeren Hochwasserereignissen zu tun.“

Die in diesem Jahr erlebten Wetterextreme im Landkreis, sieht Ziller als Bestätigung der Studie: „Mehrfach hatten sich Regenzellen über einer Region ‚festgesetzt‘ und regneten lokal Massen an Wasser ab, welche flächig verteilt nicht diese verheerende Auswirkung gehabt hätten.“

Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller schließt wegen zunehmender Extremwetterereignisse eine weitere Verbesserung des Katastrophenschutzes nicht aus.
Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller schließt wegen zunehmender Extremwetterereignisse eine weitere Verbesserung des Katastrophenschutzes nicht aus. (Bild: Volker Strohmaier/Landratsamt Biberach)

Die Kreisbrandmeisterin verweist auf die vom Landkreis Biberach getroffenen Maßnahmen: „Wir haben 2019 ein Unwetterkonzept verabschiedet. Neben mehreren Fahrzeugen haben wir auch Material für Unwetterereignisse bereitgestellt. Unter anderem einer Sandsackfüllmaschine, mehrere Logistikfahrzeuge und Rollwägen mit Material, die an verschiedenen Standorten im Landkreis vorgehalten werden. Daneben werden die ehrenamtlichen Einsatzkräfte in Waldbrandbekämpfung ausgebildet.“

Ausschließen will Ziller aber nicht, dass die Studienergebnisse und die verheerenden Ereignisse in Rheinland-Pfalz und NRW noch zu weitergehenden Entscheidungen bei den Aufgabenschwerpunkten des Katastrophenschutzes auf Landeseben führen.