Steinmeier: Bau der Berliner Mauer Zeugnis des Scheiterns

Eine Frau betrachtet an der East Side Galery im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die bemalten Betonsegmente der Berliner Mauer.
Eine Frau betrachtet an der East Side Galery im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die bemalten Betonsegmente der Berliner Mauer. (Bild: Wolfgang Kumm/dpa)

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Berlin (dpa) – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Bau der Berliner Mauer vor 60 Jahren als «Zeugnis eines hoffnungslosen Scheiterns» bezeichnet.

«Die Mauer war das unübersehbare Zeichen eines Unrechtsstaates, der in den Augen seiner eigenen Bürgerinnen und Bürger weder souverän noch legitim war. Im Grunde der Anfang vom Ende – das allerdings noch allzu lange auf sich warten ließ», sagte Steinmeier am Freitag beim zentralen Gedenken in Berlin.

«Der 13. August 1961 war ein Schicksalstag für uns Deutsche und für die Welt – und ein Tag, der Träume und Hoffnungen zerstörte, der Kinder von Eltern, Enkel von Großeltern trennte, der schmerzlich und leidvoll in das Leben ungezählter einzelner Menschen eingriff», sagte Steinmeier laut vorab veröffentlichtem Redemanuskript.

Am 13. August 1961 hatte der Bau der Berliner Mauer begonnen, der die deutsche Teilung besiegelte. Das Bollwerk war rund 155 Kilometer lang und umschloss den Westteil Berlins. 45 Kilometer lang verlief die Mauer quer durch die Stadt. Erst nach mehr als 28 Jahren ging die Teilung mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 zu Ende. Allein in Berlin starben nach dem Mauerbau nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime. An der innerdeutschen Grenze waren laut Bundesregierung mindestens 260 Todesopfer zu beklagen.

Steinmeier erinnerte an den Satz «Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten» des damaligen DDR-Staats- und SED-Parteichefs Walter Ulbricht im Juni 1961. Dieser sei «als eine der dreistesten Lügen in die deutsche Geschichte eingegangen». Längst habe die klare Absicht des Regimes in Ostberlin bestanden, die Fluchtbewegung so vieler Menschen aus der DDR an ihrer sensibelsten Stelle, nämlich in Berlin, zum Stehen zu bringen.

«Am Anfang stand die Lüge – und sie setzte sich fort im Wort vom «antifaschistischen Schutzwall»», sagte der Bundespräsident. «Wer hat diese Propagandalüge je geglaubt? Gebaut wurde die Mauer doch nicht, um eine Eroberungsbewegung von West nach Ost zu unterbinden, sondern gebaut wurde sie von einem Staat, der seine eigenen Bürger in seinem Land einsperren musste, um überhaupt noch eine Zeit lang funktionieren zu können.» Die Berliner Mauer sei in Wirklichkeit das Eingeständnis gewesen, «dass nicht einmal seine eigenen Bürger diesen Staat wirklich anerkannten».

Steinmeier rief dazu auf, es im Erinnern an die Mauer nicht beim Rückblick zu belassen. Sie sei eine bleibende Herausforderung. «Freiheit und Demokratie sind nie naturgegeben, nie ein für alle Mal erreicht. Freiheit und Demokratie müssen erkämpft, dann aber auch geschützt, verteidigt und erhalten werden. Freiheit und Demokratie brauchen entschiedenes Engagement und Leidenschaft.» Das fange mit der Beteiligung an demokratischen Wahlen an.«Denken Sie alle daran, wenn bald ein neuer Bundestag gewählt wird», sagte Steinmeier.