Spahn für Kontaktbeschränkung: «Lage so ernst wie noch nie»

Jens Spahn (CDU), geschäftsführender Bundesminister für Gesundheit.
Jens Spahn (CDU), geschäftsführender Bundesminister für Gesundheit. (Bild: Michael Kappeler/dpa)

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Die Corona-Fallzahlen steigen stetig an, neue Mutanten des Virus aus Afrika könnten die Situation dramatisch verschärfen. Die Appelle nach umgehenden Kontaktbeschränkungen werden deutlich vernehmbar.

Berlin (dpa) – Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat eindringlich massive Kontaktreduzierungen gefordert, um eine Corona-Katastrophe in Deutschland abzuwenden.

«Die Lage ist dramatisch ernst. So ernst wie noch zu keinem Zeitpunkt in dieser Pandemie», sagte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin. «Vorletzte Woche haben wir gesagt, es ist fünf nach zwölf. Letzte Woche haben wir gesagt, es ist zehn nach zwölf. Es ist mittlerweile halb eins, aber der Weckruf ist noch immer nicht überall angekommen.»

Man sei in einer «nationalen Notlage». Doch zu wenig passiere, und oft zu spät. «Wir müsse jetzt diese Welle stoppen», mahnte Spahn. Zugleich zeigte er sich besorgt wegen der in Südafrika aufgetauchten neuen Variante des Coronavirus (B.1.1.529). Doch zu wenig passiere, und oft zu spät. «Wir müsse jetzt diese Welle stoppen», mahnte Spahn.

Ganz kurzfristig mache jetzt nur eines den entscheidenden Unterschied, sagte Spahn: «Die Zahl der Kontakte muss runter, deutlich runter. Es nützt alles nichts.» Konkret nannte er konsequente Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene zusätzlich mit Test (2G plus), Absagen von Feiern und Großveranstaltungen.

Dringender Appell an die Politik

RKI-Präsident Lothar Wieler fordert konkret die Politik auf, gegen die immer drastischer um sich greifende Corona-Welle Maßnahmen zur sofortigen Kontaktreduzierung zu beschließen. «Wir brauchen eine massive Reduktion der Kontakte – jetzt sofort», sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI).

«Ich erwarte jetzt von den Entscheidern, dass sie alle Maßnahmen einleiten, um gemeinsam die Fallzahlen herunterzubringen», sagte Wieler. «Der kommende Winter hängt von unserem Verhalten ab und von der Entscheidung der Verantwortungsträger, kontaktreduzierende Maßnahmen zu entlassen.»

Wieler sagte: «Wir stehen an einer Kreuzung, wir haben eine Wahl. Wir können den Weg wählen, der ins Chaos führt und zu einem schlechten Ende.» Der Tanker fahre dann gegen die Kaimauer. «Oder den, der das Gesundheitssystem entlastet und vielleicht ein friedliches Weihnachtsfest ermöglicht und auch noch viel mehr Menschen am Weihnachtstisch sitzen lässt.»

Söder fordert «Bundesnotbremse»

Unterdessen fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vom Bund schnelles Handeln. «Wir brauchen eine wirksame nationale Eindämmungsstrategie», sagte er in Rosenheim. Es brauche eine «einheitliche Bundesnotbremse» und ebenso eine raschere Ministerpräsidentenkonferenz.

Nötig sei auch eine schnelle allgemeine Impfpflicht – am besten schon am 1. Januar. «Wir brauchen eine Impfpflicht und zwar so schnell wie möglich.» Zudem müsse angesichts der neuen Mutation aus Südafrika gehandelt werden – so sei ein Einreiseverbot aus Südafrika notwendig.

Neue Höchststände

Die Zahl der binnen eines Tages ans Robert Koch-Institut übermittelten Corona-Neuinfektionen hat wieder einen Höchststand erreicht.

Die Gesundheitsämter meldeten laut RKI-Angaben von Freitagmorgen 76.414 Fälle in 24 Stunden. Vor genau einer Woche waren es 52.970 erfasste Neuinfektionen gewesen. Die Sieben-Tage Inzidenz gab das RKI mit 438,2 an – ebenfalls ein Höchstwert. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 419,7 gelegen, vor einer Woche bei 340,7 (Vormonat: 113,0). Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 03.32 Uhr wiedergeben.

Zahl der Todesfälle steigt

Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 357 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 201 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 5.650.170 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gab das RKI am Freitag mit 5,97 an (Donnerstag: 5,79). Der Wert spielt eine wesentliche Rolle für die Beurteilung des Infektionsgeschehens. Bei Überschreitung der Grenzwerte 3, 6 und 9 in den Bundesländern können dort jeweils schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie verhängt werden.

Die Zahl der Genesenen gab das RKI heute mit 4.775.300 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 100.476.