Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Mit anzüglichen Witzen, Blicken und kleinen Berührungen fängt es oft an

Häufig suchen Betroffene die Schuld bei sich. Dabei steht eines fest: Es gibt keine Rechtfertigung dafür, sich sexuell belästigen zu lassen. (Gestellte Szene)
Häufig suchen Betroffene die Schuld bei sich. Dabei steht eines fest: Es gibt keine Rechtfertigung dafür, sich sexuell belästigen zu lassen. (Gestellte Szene) (Bild: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose)

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Ob durch einen Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden, es kommt in vielen Unternehmen und Dienstleistungsbetrieben immer wieder zu sexueller Belästigung der Mitarbeiter. Häufig wird es heruntergespielt, zum Nachteil der Betroffen – und das sind fast immer Frauen. Mit Sätzen wie „Stell dich nicht so an, das war doch nur Spaß“ fängt es oft an. Aber wie schnell wird aus angeblichem Spaß eben auch Ernst. 

Die Pflicht liegt beim Arbeitgeber

Viele Betroffene hoffen, dass sexuelle Belästigung im Arbeitsumfeld von alleine aufhört – leider ist das meist nicht so. Die Pflicht liegt beim Arbeitgeber, die Beschäftigten aktiv vor sexueller Belästigung zu schützen. Die Polizei gibt Tipps, wie Betroffene sich wappnen können.

Es geht um Macht: Nur ein Klaps ist sexuelle Belästigung 

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Das AGG verbietet sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ausdrücklich. Das Gesetz beschreibt sexuelle Belästigung als unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das die Würde der betroffenen Person verletzt. (§ 3 Abs. 4 AGG)

Es geht bei sexualisierter Belästigung nicht um „Komplimente“, sondern ganz klar darum, Macht gegenüber der anderen Person auszuüben. 

Konkret verboten sind:

  • unerwünschte sexuelle Handlungen wie bedrängende körperliche Nähe, die ein Kollege oder Kunde zu Ihnen sucht,

  • die Aufforderung zu unerwünschten sexuellen Handlungen wie „Setz dich auf meinen Schoß!“,

  • sexuell bestimmte körperliche Berührungen, dazu zählen (scheinbar zufällige) Berührungen von Brust oder Po oder unerwünschte Nackenmassagen

  • Bemerkungen sexuellen Inhalts wie zum Beispiel obszöne Witze oder sexuelle Anspielungen,

  • unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen wie pornografische Magazine auf dem Schreibtisch oder Nacktfotos an den Wänden.
     

Sie sind nicht selbst schuld

Sexuelle Belästigung kann unabhängig von Branche und beruflicher Position am Arbeitsplatz stattfinden. Sie betrifft mehrheitlich Frauen, aber auch Männer sowie Trans und intergeschlechtliche Personen können betroffen sein.

Häufig suchen Betroffene die Schuld bei sich. Dabei steht eines fest: Es gibt keine Rechtfertigung dafür, sich sexuell zu belästigen zu lassen.

Alle vom Opfer ungewollten sexuellen Handlungen sind strafbar

Suchen Sie sich innerbetrieblich Hilfe oder nutzen Sie auch außerbetriebliche Hilfsangebote.

  • Vertrauensperson suchen

  • Wenn möglich Kollegen bitten, dass Verhalten der belästigenden Person zu beobachten (Zeugen schaffen)

  • Klare verbale Abgrenzung „Ich möchte so nicht angefasst werden!“

  • Übergriffe protokollieren

Beschwerderecht nach § 13 AGG

Alle Beschäftigten haben das Recht, im Betrieb bei der zuständigen Stelle Beschwerde einzulegen, wenn sie das Gefühl haben, nach dem AGG benachteiligt worden zu sein. Das gilt also auch für sexuelle Belästigung. Die Beschwerdestelle muss im Betrieb bekannt gemacht werden (§ 12 Abs.5 AGG). Die Beschwerdestelle muss sich mit der Beschwerde auseinandersetzen, sie prüfen und die betroffene Person über das Ergebnis der Prüfung informieren.

Durch eine eingelegte Beschwerde dürfen keine Nachteile entstehen

Abmahnungen oder Kündigungen wegen einer Beschwerde sind also verboten (§ 16 Abs. 1 AGG). Außerdem haben Beschäftigte den Anspruch auf vorbeugende und unterbindende Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber (§ 12 Abs. 1–4 AGG).

Opfer-Telefon 116 006

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