Seit 1975 baut das Weingut Haug in Lindau eigenen Wein an

Aus einer Spätburgundertraube kann ein kräftiger Rotwein, ein Weißherbst, ein Weißwein oder gar Sekt entstehen.
Aus einer Spätburgundertraube kann ein kräftiger Rotwein, ein Weißherbst, ein Weißwein oder gar Sekt entstehen. (Bild: Wilfried Vögel)

Lindau – Die beiden Lindauer Obstbauern Ludwig Haug und Hannes Deufel wagten 1975 den Versuch, einen eigenen Wein anzubauen. Ludwig Haug erinnert sich: „Das war damals schon ein Sprung ins kalte Wasser. Als Obstbauer kann man natürlich auch Reben anbauen. Die Kunst liegt aber darin, im Weinkeller die Qualität, die im Weinberg gewachsen ist, auch in die Flasche zu bringen“.

Mit Unterstützung der Stadt Lindau, die den neuen Lindauer Wein, erst als „Lindauer Seegarten“, dann später als „Lindauer Spitalhalde“ bei allen offiziellen Gelegenheiten zum Ausschank brachte, gelang es den beiden „Jungwinzern“ den Jahrzehnte lang brach liegenden Weinanbau wieder salonfähig zu machen. Die  eingeschleppte Reblaus hatte dem Weinanbau am bayerischen Bodensee im 19. Jahrhundert ein jähes Ende beschert. Von der langen Weinbau-Tradition in Lindau zeugt noch der intakte und renovierte Weintorggel bei der Ortseinfahrt von Lindau.

Ein Highlight erlebte das Weingut Haug, als Lindaus Ehrenbürger, Graf Lennart Bernadotte von der Insel Mainau 1990 seinen 80. Geburtstag auf Einladung der Stadt Lindau auf dem Ringoldsberg in Schönau, also hoch über den Weinreben von Haugs, feierte. Als Geschenk der Stadt erhielt der Graf eine eigene Lage im Weinberg. Bis zu seinem Tod konnte das Weingut 50 nummerierte Flaschen besten Weines immer an Bernadottes Geburtstag auf die Insel Mainau bringen. Gerüchten zufolge resultiert aus dieser exklusiven Weinlieferung die Heirat zwischen Philipp, einem Sohn der Haugs, mit Gräfin Bettina, die nach dem Tod des Grafen und von Gräfin Sonja die Leitung auf der Mainau inne hat.

Inzwischen hat die zweite Generation mit Sohn Claudius das Ruder am Weinberg und im Keller übernommen.  2006 hat Claudius Haug auf „Bio“ umgestellt. Das bedeutet einen Weinanbau, der auf einer ganzheitlichen, ökologischen Produktionsweise basiert. Auf Herbizite verzichtet er genauso wie auf Gentechnik oder chemisch-/technische Pflanzenschutzmittel.

Das Bio-Weingut Haug liegt mitten im Ortskern des Lindauer Stadtteils Schönau in einem 400 Jahre alten Wohnhaus mit ehemaligem Kuhstall, welcher liebevoll in einen gemütlichen Probierraum mit Weinkeller umgebaut wurde. In einem der Nebengebäude, welches idyllisch von Weinreben umrankt ist, befinden sich die Schnapsbrennerei und der Weinverkauf.

Die Nähe zum Bodensee und den Alpen, sowie die Bodenstruktur verleihen dem Wein eine einzigartige Frische und Fruchtigkeit. Auf den Weinbergen, die zugleich auf südlichster und zweithöchster Lage Deutschlands angebaut sind, gedeihen Klassiker wie Müller Thurgau, Spätburgunder oder sogar ältere französische Rebsorten wie Marechal Foch. Aber auch Neuzüchtungen wie Solaris oder Johanniter werden hier angebaut. Im Weinkeller kommen verschiedene Cuvées dazu. Wichtig ist es dem engagierten Weinbauern, dass die Sorten der Umgebung angepasst sind und mit dem Seeklima zurechtkommen. Hilfreich ist auch eine gewissen Resistenz gegen Mehltau, dem größten Feind der Weinbauern.

Claudius Haug berichtet,  dass es selbstverständlich neben der Qualität der Rebsorten im Weinberg, ganz besonders auf den Ausbaus des Weines im Keller ankommt. Der Wein reift zu 30 % in Holzfässern und zu 70 % in Stahltanks. Den Gärprozess kann Haug mit der Zugabe von Hefen gezielt steuern. Während die Stahltanks absolut geschmacksneutral sind, bringt das Holzfass feine Gerbstoffe ein, die an Vanille und Maracuja erinnern. Zudem kann der Wein im Holzfass atmen.

Die „Kunst “ des Kellermeisters besteht also darin, die Trauben im Keller zu veredeln. Aus einer Spätburgundertraube kann so ein kräftiger Rotwein, aber auch ein Weißherbst, ein Weißwein oder gar Sekt entstehen.

50.000 Flaschen produziert Haug jährlich, die entweder privat ab Hof, in ausgewählten Fachgeschäften oder in der regionalen Gastronomie verkauft werden.  EU-Recht hat es notwendig gemacht, so erinnert sich Seniorchef Ludwig Haug, dass der Lindauer Wein zum Anbaugebiet Württemberg zugerechnet wird, aber die Aufschrift „Bereich Bayerischer Bodensee“ trägt.

Im Weingut Haug sind auch Weinproben und eingeschränkt ,coronabedingt, kleinere Feste möglich. Neu bietet Haug auch einen Picknick-Rucksack an, der mit allerlei Leckereien und natürlich auch mit einer Flasche Wein gefüllt ist. Das Picknick kann man sich dann im Weinberg oder wo man will schmecken lassen.

Wilfried Vögel

Weitere Infos unter www.weingut-haug.de