Joachim Rukwied zur Schweinemarktkrise Schweinehalter wissen nicht mehr weiter – regionale Produktion gefährdet

Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes und des Bauernverbandes Baden-Württemberg.
Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes und des Bauernverbandes Baden-Württemberg. (Bild: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

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Die Krise am Schweinemarkt hält weiter an. Die Schweinebetriebe, insbesondere die Ferkelzüchter im Land schreiben tiefrote Zahlen. „Die Schweinehalter in Baden-Württemberg stehen mit dem Rücken zur Wand, die Frustration ist hoch. Zukunftsperspektiven sind schwer erkennbar“, erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV), heute auf der LBV-Vorstandssitzung in Denkendorf.

„Der Strukturbruch der vergangenen Jahre geht unvermindert weiter. Ein einst starker und traditioneller Betriebszweig steht vor dem Aus. Unsere Tierhalterinnen und Tierhalter brauchen ein klares Bekenntnis aller Marktbeteiligter in der Kette zur regionalen Erzeugung und schnelle politische Entscheidungen, die Zukunftsperspektiven erkennen lassen.“

Die Frustration ist groß, seit zwei Jahren ist die Schweinehaltung in der größten Krise seit Jahrzehnten. Den Betrieben geht förmlich die Luft aus. Die Tierhalter fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. In nur zwei Jahren sind 200 Betriebe aus der Veredelung ausgestiegen. „Im Land gibt es nur noch 1.900 schweinehaltende Betriebe, der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch ist auf 45 Prozent abgesackt“, erklärt Rukwied. „Die regionale Schweinefleischproduktion ist gefährdet, deshalb fordert der LBV-Vorstand wiederholt eindringlich die Politik auf, diese Familienbetriebe zu retten und längst überfällige Entscheidungen zu treffen.“

Der Vorstand des Landesbauernverbandes fordert:

  • Ein klares Bekenntnis der Schlachtunternehmen und des Handels zur regionalen Produktion, besonders in Krisenzeiten. Die Auszahlungspreise für Schlachtschweine decken nur einen Bruchteil der massiv gestiegenen Erzeugungskosten und müssen deshalb schnellstens angehoben werden.

  • Die Politik ist gefordert alle Möglichkeiten der Kostendämpfung beispielsweise bei Energie oder Futtermitteln zu ergreifen. Die zugesagten Agrarkrisenmittel müssen umgehend und unbürokratisch auch den Schweinehaltern als finanzielle Nothilfe bereitgestellt werden.

  • Ein schnelles und klares Bekenntnis der politischen Entscheider zur Weiterentwicklung der Tierhaltung im Sinne des Borchert-Plans. Zudem müssen Auflagen im Baurecht abgebaut werden, die der Weiterentwicklung der Schweinehaltung im Wege stehen, damit investitionswillige Schweinehalter langfristig und vor allem verlässlich planen können.

Hintergrund:
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 33.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 20 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.

Schweinehaltung in Baden-Württemberg:
Es gibt laut Statistischem Landesamt (November 2021) nur noch 1.900 schweinehaltende Betriebe, darunter 700 Ferkelzüchter in Baden-Württemberg. In den vergangenen Jahren hat diese Sparte einen regelrechten Strukturbruch erlebt, die Anzahl der Betriebe mit Ferkelzucht hat innerhalb eines Jahres (2020-2021) um 11,3 Prozent abgenommen. Der Schweinebestand ist ebenfalls deutlich rückläufig. Gegenüber November 2020 wurden rund 181.500 Schweine weniger gezählt, das entspricht einer Abnahme um 11 Prozent. Am stärksten wurde der Bestand an Ferkeln reduziert: binnen Jahresfrist sank ihre Zahl um etwa 113.000 Tiere (-18,6 Prozent) und lag damit zum Stichtag bei weniger als 500.000 Tieren. Der Selbstversorgungsgrad mit Schweinefleisch liegt in Baden-Württemberg nur noch bei 45 Prozent.

(Pressemitteilung: Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V.)