Mike Jörg, oberschwäbischer Kabarett-Grandseigneurs aus Weingarten, heitert Sie, in diesen humorlosen Zeiten, jede Woche bei uns ein bisschen auf. Der Satiriker ist seit 1994 bekannt für seinen satirischen Jahresrückblick „Wa(h)r was?“. Aus bekannten Gründen müssen alle Termine für die treffsicheren Sticheleien landauf und landab leider ausfallen. Nicht aber bei uns. Lassen Sie sich jede Woche überraschen, mit was Mike Jörg Ihre Lachmuskeln digital kitzeln wird. Viel Vergnügen!
Manche Hühner gackern, wenn sie ein Ei gelegt haben. So soll es sein. Erst mal was für die Gesellschaft leisten, danach kann man auch mal prahlend rumgackern.
Bei unserer deutschen Corona-Politik ist es genau umgekehrt. Was wurde auf den vielen Ministerpräsidentenkonferenzen nicht alles herumgegackert wegen ungelegter Eier. Die vielen Herren und wenigen Damen einigten sich immer auf den gleichen Kompromiss: Abwarten. Wir müssen erst mal die Lage genauer beobachten, bevor wir konkret handeln. Ich erinnere an diese legendäre MPK zu Merkels „Oster-Ruhe“. Damals sagte Armin Laschet zur Test- und Home-Office-Pflicht für Unternehmen, es sei die Linie der Unionsländer, „dass wir jetzt nichts per Verordnung regeln, sondern noch abwarten“.
„Noch abwarten“ ist seit dem letzten Herbst das Motto
Noch abwarten, ob man FFP2-Masken überhaupt braucht; noch abwarten, ob wirklich eine zweite Welle kommt. Dann können wir immer noch überlegen, was wir mit den Schulen machen. Und jetzt aktuell: Noch abwarten, wie wir als Gesellschaft damit umgehen, dass die einen geimpft sind und die anderen nicht, dass die einen ihre Freiheitsrechte zurückfordern – und die anderen gezwungenermaßen abwarten müssen. Diese Situation schreit nach einer Entscheidung. Spätestens seit die ersten Spritzen gesetzt wurden, war klar, dass diese Debatte auf uns zurollen wird. Wie reagierte die MPK: Erst mal abwarten. In einer Demokratie müsse man nun mal zum Konsens kommen. Das sehe ich genauso. Aber warum fangen sie mit dem Suchen nach einem Konsens erst dann an, wenn man ihn schon bräuchte? Ist das Arbeitsverweigerung – oder ist es einfach nur Denk-Faulheit?
Eile mit Weile
Weil ich unsere Regierenden nicht ungerecht kritisieren will, lobe ich sie lieber: Die MPK kommt wesentlich schneller voran als ein Faultier. Dieses posierliche Tier lässt sich acht bis zehn Stunden Zeit, um einen einzigen Meter voranzukommen. Dieses Tempo spart Energie (vielleicht für den Wahlkampf) und außerdem baumelt dem Faultier die Nahrung in Form von Blättern, Blüten und Früchten direkt ins Maul. Auch die MPK agiert nach dem Motto „Eile mit Weile“ – hoffend, dass ihr dabei der Kompromiss direkt in den Schoß fällt. In der Ruhe liegt die Kraft.
Trotzdem sind mir Faultiere sympathischer, weil die nicht rumgackern, weder davor noch danach. Auf jedem Hühnerhof gilt die Regel: Wenn ein Huhn nur rumgackert und keine Eier mehr legt, verliert es früher oder später den Kopf. In der Politik sagt man dazu: „den Hut nehmen“.