Fast 700 Geburten im Jahre 2020 zeigen, wie engagiert die Hebammen, Ärzte und Kinderkrankenschwestern in der Geburtsklinik Bad Saulgau gearbeitet haben. Die kurzfristige Ankündigung, diese Geburtsklinik ab 1. Juli, wegen eines Hebammenmangels temporär zu schließen, stößt bei der Bevölkerung und den gewählten Volksvertretern im Raum Saulgau auf Unverständnis und Ablehnung. Landrätin Stefanie Bürkle, Dr. Jan-Ove Faust (Geschäftsführer der SRH Kliniken Sigmaringen) und Werner Stalla (Geschäftsführer der SRH Kliniken GmbH), stellten sich dem Gemeinderat der Stadt und Doris Schröter (Bürgermeisterin). Fast 200 Zuhörer verfolgten den Austausch der Positionen in der Stadthalle. Die Verlegung des Versammlungsortes dorthin war unumgänglich, weil im Forum eine Corona-konforme Unterbringung dieser Personenzahl nicht möglich gewesen wäre.
Die Stellungnahmen der Fraktionen im Gemeinderat zur Schließung der Geburtsklinik, die Rede von Bürgermeisterin Schröter sind in Teilen auszugsweise wiedergegeben. Am Ende des Artikels sind die Reden und die Saulgauer Resolution in vollem Wortlaut auf Tabs nachlesbar. Über die Position des Landkreises und der SRH Kliniken Sigmaringen, berichteten wir bereits ausführlich. Nach Angaben von Teilnehmern, ergaben sich seitens dieser Parteien keine neuen Aspekte.
Alle Fraktionen üben scharfe Kritik
Mit einem Knalleffekt eröffnete Helga Brey (SPD-Fraktion) ihre Stellungnahme, indem sie auf einen Schriftverkehr zwischen Faust und Bürgermeisterin Schröter hinwies: „Auf meine Anfrage am 20. Mai im Gemeinderat Bad Saulgau, ob es stimmt, dass ab Sommer keine Geburtstermine mehr im Krankenhaus Bad Saulgau angenommen werden können, haben Sie Herr Dr. Faust am 25. Mai geantwortet.“ Brey zitierte aus dem Antwortschreiben von Faust an Schröter: „Die Meldung ist falsch, dass keine Geburten mehr angenommen werden. Wir hatten selbst in der stärksten Corona-Beanspruchung keine Einschränkungen der Geburtshilfe in Bad Saulgau vorgenommen. Außerdem setzen wir weiterhin mit hohem Aufwand Leihkräfte zur Stabilisierung der Situation ein.“ Diese Aussage war dann, so Brey, bereits am 07. Juni überholt. Brey zitierte wieder aus einem Schreiben von Faust: „Ich muss sie darüber informieren, dass wir keine Leih-Hebammen mehr für die Geburtshilfe in Bad Saulgau bekommen. Daher verlagern wir die Geburtshilfe zum 1. Juli nach Sigmaringen.“
Lisa Gruber (Freie Wähler) stellte in ihren Ausführungen der Landrätin mehrere recht unbequeme Fragen: „Frau Bürkle, wie wollen Sie als Landrätin die Abwärtsspirale zum Erhalt des Krankenhauseses in Bad Saulgau stoppen? Oder ist die Schließung des Krankenhauses in Bad Saulgau faktisch längst in die Wege geleitet?“ Auch zum eingetretenen Vertrauensverlust, hinterfragte sie Bürkle: „Schlussendlich fragen wir Sie, Frau Bürkle, wie Sie als Landrätin das offenkundig verloren gegangene Vertrauen durch die temporäre Schließung der Geburtshilfe zurückgewinnen wollen? Das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung in und um Bad Saulgau scheint nachdrücklich erschüttert zu sein!“ Zum Schluss ihrer Ausführung richtete sie einen Appell an Bürkle: „Wir Freien Wähler aus Bad Saulgau erwarten von Ihnen, Frau Bürkle, als Vorsitzende des Aufsichtsrates und als Landrätin, Transparenz und ein klares Bekenntnis zum Standort unseres Krankenhauses in Bad Saulgau! Wir fordern die Wiedereröffnung der Geburtshilfe und den Erhalt des Krankenhauses Bad Saulgau!
Thomas Zimmerer (CDU) räumte zu Beginn der Rede ein: „Ich habe noch nie zuvor, so viel über Geburtsstationen, Hebammen, Kinderkrankenschwestern, Ärzte und deren Geschäftsführer recherchiert wie in den vergangenen Tagen.“ Die Situation, dass Geburten sich wirtschaftlich scheinbar nicht mehr rechnen, regt sie auf. „Eine Schande für unser Land, und eine Schande für die SRH-Kliniken, dass gerade unsere Bad Saulgauer Geburtenstation mit über 700 Geburten im Jahr, höchst anerkannt und erfolgreich, über den Landkreis hinaus renommiert, komplett geschlossen werden soll – und dies wegen angeblich 3,3 fehlenden Hebammen.“, so Zimmerer. Der Geschäftsführung warf er vor, dass die Personalsituation bereits seit Jahren selbstverschuldet und vernachlässigt wurde. Zimmerer wies auch auf die Kapazitätsgrenzen an benachbarten Kliniken hin: Diese stoßen bereits jetzt an Ihre Kapazitätsgrenzen bei Geburten. Wie sollen gebärende Frauen, oft in großen Nöten, mit Schmerzen und unter Zeitdruck, diese langen Wege überwinden, um dann – wie jetzt schon passiert – abgewiesen zu werden? Oder fallen wir zurück zu Zeiten und Umständen, wie bei ‚Maria und Josef‘?“
Marika Marsovszki (Bündnis 90/Die Grünen) befasste sich u.a. mit den Arbeitsbedingungen auf der Geburtsstation: „Es hat sich schon seit langem abgezeichnet, dass durch das Arbeitsklima, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen, das Bad Saulgauer Krankenhaus die Hebammen nicht halten konnte.“ Auch die Zukunft des Hauses treiben sie und ihre Fraktion um: „Wir fürchten um den Bestand unseres Krankenhauses in seiner jetzigen Form, als Haus der Grundversorgung für unsere Raumschaft. Eine gute medizinische Versorgung ist darüber hinaus ein wichtiger Faktor für die Attraktivität einer Stadt, u.a. bei der Gewinnung von Fachkräften für unsere Unternehmen. Wir brauchen die Solidarität unserer Landrätin und des Kreistags. Wir erwarten von der SRH die Unterstützung, dass Frauen ihre Kinder wohnortnah gebären können“ führte Marsovszki aus.
Doris Schröter ist sauer
Kritische Worte fand auch Schröter bei ihrer Eröffnungsrede. Sie verwies darauf, dass sich die Nachbargemeinden Herbertingen, Hohentengen, Altshausen, Eberbach-Musbach und Hosskirch sich der Saulgauer Erklärung angeschlossen haben. „Es geht nicht ‚nur‘ um die Interessen der Stadt Bad Saulgau. Es geht um viel mehr. Es geht um den Erhalt der Geburtshilfe, aber darüber hinaus, geht es auch längst bereits um den Erhalt des Krankenhauses in Bad Saulgau und damit der wohnortnahen Gesundheitsversorgung ganz vieler Menschen“, so Schröter. Sie forderte die unverzügliche Wiedereröffnung der Geburtenstation, die dringend geboten sei, um den nahezu 700 Gebärenden (und auch Wöchnerinnen), im Einzugsgebiet des Krankenhauses Bad Saulgau, eine wohnortnahe medizinische Versorgungsinfrastruktur auch weiterhin zur Verfügung zu stellen; letztendlich geht es auch um die bisher gute Reputation des Klinikstandortes Bad Saulgau, in allen medizinisch angebotenen Fachbereichen.“
Mit welch harten Bandagen der Kampf um die Geburtsklinik geführt wird, zeigt eine Abstimmung in Hohentengen. Peter Rainer (Bürgermeister) wollte die Saulgauer Resolution entschärft wissen. Der Gemeinderat lehnte dies mit deutlichen Worten ab und beschloss einmütig den Beitritt zur Resolution in unveränderter Form. Rainer stimmte dagegen.
Stellungnahme SPD-Fraktion zur temporären Schließung der Geburtshilfe

Sehr geehrte Frau Schröter,
sehr geehrte Frau Bürkle,
sehr geehrter Herr Dr. Faust,
sehr geehrter Herr Stalla,
meine Damen und Herren,
auf meine Anfrage am 20. Mai im Gemeinderat Bad Saulgau, ob es stimmt, dass ab Sommer keine Geburtstermine mehr im Krankenhaus Bad Saulgau angenommen werden können, haben Sie Herr Dr. Faust am 25.05. folgendes geantwortet: (ich zitiere aus einem Schreiben an Frau Schröter)
„Die Meldung ist falsch, dass keine Geburten mehr angenommen werden. Wir hatten selbst in der stärksten Corona-Beanspruchung keine Einschränkungen der Geburtshilfe in Bad Saulgau vorgenommen. Außerdem setzen wir weiterhin mit hohem Aufwand Leihkräfte zur Stabilisierung der Situation ein.“
Diese Aussage war dann leider bereits am 07.06. mit folgenden Sätzen an Frau Schröter überholt: (ich zitiere wieder aus einem Schreiben von Herrn Dr. Faust)
„Ich muss sie darüber informieren, dass wir keine Leih-Hebammen mehr für die Geburtshilfe in Bad Saulgau bekommen. Daher verlagern wir die Geburtshilfe zum 01.07. nach Sigmaringen.“
Nur soviel zur Ausgangslage!
Alle Fraktionen üben scharfe Kritik
Bei aller gebotener und notwendiger Sachlichkeit ist eine gewisse Emotionalität, Wut
und Enttäuschung in der Diskussion verständlich.
Die SRH , der Aufsichtsrat und der Landkreis stehen in der Verantwortung. Vor allem in der Verantwortung gegenüber den Menschen in unserem Landkreis. Sie tragen Verantwortung gegenüber den schwangeren Frauen und gegenüber den ungeborenen Kindern und ihren Familien. Sie tragen aber auch Verantwortung gegenüber ihrem Personal.
Diese kurzfristige Entscheidung löst Ängste, Sorgen und einen großen Vertrauensverlust aus.
Wer, frage ich Sie, kümmert sich um diese werdenden Mütter mit ihren Familien? Wer nimmt sie an „der Hand“ und betreut sie in dieser Situation? Wir haben am Dienstag mit schwangeren, betroffenen Frauen vor dem Krankenhaus Bad Saulgau gesprochen. Wir haben diese Ängste verspürt und erfahren, dass sich diese Frauen sehr gut überlegen wo sie ihr Kind gebären wollen. Das Kreiskrankenhaus Sigmaringen wird es sicher nicht sein. Der entstandene Vertrauensverlust ist viel zu groß!
Verlorenes Vertrauen bei dieser Vorgehensweise ist sehr schwer wieder aufzubauen auch wenn es sich „nur“ um eine temporäre Schließung handeln sollte. Das glaubt allerdings im Moment sowieso niemand.
Was geschieht mit unseren Beschäftigten am Standort? Wie wird mit ihnen umgegangen? Wie wird Wertschätzung vermittelt? Sind die MitarbeiterInnen bereit eventuell nach Sigmaringen zu wechseln oder orientieren sie sich viel mehr zeitnah an andere Kliniken, wo sie dann auch ihrer Ausbildung gemäß eingesetzt werden und mindestens eine tarifliche Bezahlung erhalten.
Die beschriebenen Personalengpässe in der Geburtshilfe Bad Saulgau sind hausgemacht und von Sigmaringen hört man ähnliches. Dass eine langjährige Mitarbeiterin in Rente geht oder eine andere Hebamme nach über 30jähriger Betriebszugehörigkeit gekündigt hat, diese Info ist sicher nicht vom Himmel gefallen. Das war schlicht und einfach bekannt! Wie sieht es mit der Bezahlung der Beschäftigten aus? Ist es richtig, dass Leih-Hebammen von anderer Stelle subventioniert werden und dadurch deutlich mehr verdienen?
Erklären sie uns doch bitte warum jetzt plötzlich keine Leih-Hebammen mehr gefunden werden können. Oder ist es nicht vielmehr so, dass ohne gewisses Stammpersonal, ein Betrieb mit Leih-Hebammen nicht aufrecht erhalten werden kann? Das ist allerdings meine persönliche Interpretation.
Warum wurde das Modell mit Beleg-Hebammen nicht konsequent weiter verfolgt? An anderen Klinikstandorten in der Region ist das durchaus möglich! Hier möchte ich nur Ravensburg und Friedrichshafen erwähnen. Nach nur einem Gespräch wurde dieses Modell anscheinend aufgegeben.
Wie verhält es sich mit notwendiger Personalbereitstellung, die bei Gründung des SRH Klinikverbundes zugesichert wurde? Was investiert der SRH-KLINIKverbund in die Ausbildung von Hebammen?
Wie ist die Aussage zu werten, dass sich an den 3 Klinikstandorten nichts ändert bevor das medizinische Konzept vorliegt?
Und spätestens hier kommt auch die große Verantwortung des Landkreises ins Spiel. Der Aufsichtsrat steht in der Pflicht und vor allem unsere gewählten Kreistagsmitglieder müssen jetzt eingreifen. Das Personalproblem in Saulgau ist kein Saulgauer Problem, sondern betrifft den ganzen Landkreis mit seinen 3 Klinikstandorten. Wir fordern Sie, Frau Landrätin auf schnellstmöglich eine Sondersitzung des Kreistags einzuberufen.
Es bestehen Verträge und die sind einzuhalten!
Ohne eine funktionierende Geburtshilfe fehlt dem Krankenhaus Bad Saulgau eine wichtige Stütze zum Erhalt des Standortes. Die Geburtenzahlen in unserem Krankenhaus sprechen eine eigene Sprache und wir stehen hier alle in der Verantwortung.
Warum kommen so viele Frauen nach Bad Saulgau? Sie fühlten sich bisher in unserem Krankenhaus gut versorgt und betreut. Das hat sich allerdings seit der Ankündigung zur temporären Schließung grundlegend geändert.
Wir sind ein ländlich strukturierter Flächenlandkreis und unser Einzugsgebiet orientiert sich nicht an Landkreisgrenzen. Deshalb muss auch in Zukunft diese Versorgung gewährleistet werden.
Sie, Frau Bürkle, haben hier die politische Verantwortung und die hört nicht an irgend einer Kreisgrenze auf, sondern hier muss landkreisübergreifend gehandelt werden. Es geht um die Gesundheit und die Grundversorgung von Menschen. Im neuen Koalitionsvertrag der Landesregierung, den sie ,Frau Bürkle, mit verhandelt haben,
wird ausdrücklich auf die Bevölkerung und deren Versorgung im ländlichen Raum Bezug genommen. Hier ist schnelles Handeln erforderlich.
Was passiert wenn der einzig verfügbare RTW eine schwangere Frau in Zukunft nach Ravensburg oder Sigmaringen transportieren muss (wie erst vorletzte Woche passiert) und in Bad Saulgau ein weiterer schwerer Notfall eintritt?
Wie wird diesem schwerkranken Menschen dann geholfen? Wir haben keine Zeit auf mögliche Projekte vom Land zu warten. Wir erhoffen uns eine schnelle und unbürokratische Unterstützung . Sei dies durch einen Zuschuss oder sonstige Kostenübernahmezusagen vom Land oder vom Landkreis. Vor allem der Landkreis ist zum Handeln aufgerufen!
Es werden Fakten geschaffen, bevor die Strukturen in den entsprechenden Gremien besprochen werden. Dies darf und kann nicht sein! Die folgenschweren Personalfehlplanungen der letzten Jahre werden nun auf dem Rücken junger Familien, kranker Menschen und dem jetzt schon stark belasteten Personal ausgetragen.
Eine temporäre Schließung schwächt unseren Standort nachhaltig und die Versorgung der Schwangeren in der Fläche ist nicht gewährleistet.
Wie kann es sein, dass Mitglieder des Fördervereins Stellenanzeigen schalten um Personal zu finden? Wie ist es zu erklären, dass Mitglieder des Gemeinderates sich mit Stellenvermittlern in Verbindung setzen, um Personal zu gewinnen. Das ist zwar als Unterstützung ein guter Ansatz, aber wir haben ja keinerlei Kompetenz um Gespräche zu führen und Personal einzustellen. Wir können Kontakte herstellen, aber das ist dann schon alles. Was jahrelang versäumt wurde ist nun nicht in 4 Wochen wieder aufzuholen.
Das kann und darf nicht sein! Das ist ihre Aufgabe Herr Dr. Faust! Es ist mir bekannt, dass Sie in den letzten Tagen verstärkt an anderen Kliniken nach schneller Hilfe anfragt haben, aber das kommt um Monate oder Jahre zu spät. Warum wurde das Gespräch mit Hebammen die in einem Beleg-System arbeiten nicht stärker verfolgt und erst jetzt nach massivem Druck wieder aufgenommen?
Und spätestens hier stellt sich auch die Frage: wer bewirbt sich noch auf eine Stelle in Bad Saulgau, wenn die Standortfrage und der Erhalt der Klinik nicht geklärt ist? Wenn MitarbeiterInnen kündigen und sich bei anderen Arbeitgebern neu orientieren. Wer will in einem auseinanderfallenden Team arbeiten?
Eine temporäre Verlagerung der Geburtshilfe nach Sigmaringen ist keine befriedigende Antwort auf die bestehende Situation. Zumal es im Krankenhaus Sigmaringen bereits jetzt zu Engpässen in der Versorgung kommt und für Juli noch kein Dienstplan erstellt werden konnte. Die verbleibenden Hebammen aus Bad Saulgau retten auch diese Situation nicht. Die ca 700 Geburten pro Jahr sprechen eine eigene Sprache und belegen den dringend notwendigen Erhalt unserer Geburtshilfe. Diese zusätzlichen Geburten können vom Klinikum Sigmaringen gar nicht geleistet werden!
Wir brauchen für die Zukunft ein Konzept das die medizinische Grundversorgung in der Raumschaft Bad Saulgau sicherstellt und zukunftsorientiert ist.
Es ist für unseren Wirtschaftsstandort und als Mittelzentrum von herausragender Bedeutung, dass wir auch zukünftig eine Geburtsstation vor Ort anbieten können.
Arbeitgeber aus Bad Saulgau weisen zu Recht darauf hin, dass der Erhalt auch für die Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften von zentraler Bedeutung
ist. Nicht nur die Geburtshilfe steht hier im Fokus, sondern auch der Erhalt der medizinischen Grundversorgung im Krankenhaus Bad Saulgau.
Mit über 9500 geleisteten Unterschriften innerhalb von 14 Tagen, beweist die Bevölkerung, dass sie vehement hinter dem Erhalt unseres Klinikstandortes steht.
Der Unmut und die Ängste sind groß, aber sehr verständlich.
Brey Helga (SPD)
Stellungnahme zur temporären Schließung der Geburtshilfe der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat der Stadt Bad Saulgau
Sehr geehrte Frau Bürkle,
sehr geehrter Herr Dr. Faust,
Sehr geehrter Herr Stalla,
liebe Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt,
wir Freien Wähler treten der temporären Schließung der Geburtshilfe ebenfalls entschieden entgegen. Auf vermeidbare Missstände wurde von den Vorrednern bereits zu Recht hingewiesen.
Es gilt, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Schließung der Geburtshilfe durch die SRH zu verhindern. Die Entscheidung der Geschäftsführung muss auf den Prüfstand!
Mit allen anderen Fraktionen, getragen von der Bürgerschaft fordern wir, die Abwärtsspirale des Krankenhauses zu stoppen!
Wir fragen:
- Hatte der Aufsichtsrat bis dato Gelegenheit zur Prüfung dieser, vorgeblich operativen Entscheidung? Erfolgte diese Entscheidung tatsächlich vertragskonform? Ist die Entscheidung justiziabel?
- Frau Bürkle, wie wollen Sie als Landrätin die Abwärtsspirale zum Erhalt des Krankenhauseses in Bad Saulgau stoppen? Oder ist die Schließung des Krankenhauses in Bad Saulgau faktisch längst in die Wege geleitet?
- Wie wollen Sie, Frau Bürkle, da Sie sicherlich eine weitere Legislaturperiode als Landrätin anstreben, die Entwicklung einer Kernaufgabe des Landkreises, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im Flächenlandkreis Sigmaringen meistern?
- Schlussendlich fragen wir Sie, Frau Bürkle, wie Sie als Landrätin das offenkundig verloren gegangene Vertrauen durch die temporäre Schließung der Geburtshilfe zurückgewinnen wollen? Das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung in und um Bad Saulgau scheint nachdrücklich erschüttert zu sein!
Wir fordern:
- Die Gesundheitsversorgung in und um Bad Saulgau muss dauerhaft gewährleistet sein!
- Die Gesundheitsversorgung ist eine Kernaufgabe des Landkreises Sigmaringen.
Wir fordern den Aufsichtsrat der SRH Kliniken sowie den Kreistag auf, sich mit der Entscheidung detailliert und kritisch auseinanderzusetzen! Prüfen Sie die einschlägigen Vertragswerke und erheben Sie Ihre Stimme für Bad Saulgau dort, wo etwas zu bewegen ist! Auch der Kreis muss sich im finanziellen Bereich mit der SRH engagieren, damit eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann. - Die Personalfürsorge der SRH muss durch den Aufsichtsrat und den Kreistag juristisch überprüft werden.
- Wir Freien Wähler aus Bad Saulgau erwarten von Ihnen, Frau Bürkle, als Vorsitzende des Aufsichtsrates und als Landrätin, Transparenz und ein klares Bekenntnis zum Standort unseres Krankenhauses in Bad Saulgau! Wir fordern wie Wiedereröffnung der Geburtshilfe und den Erhalt des Krankenhauses Bad Saulgau!
Liebe Frau Landrätin, lehnen Sie sich bitte nicht zurück!

Frau Bürkle,
Herr Dr. Faust,
Sehr geehrte Damen und Herren,
ja, gerne gebe ich zu, dass ich noch nie zuvor so viel über Geburtsstationen, Hebammen, Kinderkrankenschwestern, Ärzte und deren Geschäftsführer recherchiert habe wie in den vergangenen Tagen – noch nicht einmal bei der Geburt meiner eigenen – inzwischen erwachsenen – Kinder.
Auch noch nie habe ich mich so aufgeregt über die derzeitige Situation, dass das „Geschäft“ mit dem Kinderkriegen wohl nicht mehr rentabel für unsere Kliniken ist und die Geschäftsleitung dies offensichtlich nicht mehr haben will.
Eine Schande für unser Land, und eine Schande für die SRH-Kliniken, dass gerade unsere Bad Saulgauer Geburtenstation mit über 700 Geburten im Jahr, höchst anerkannt und erfolgreich, über den Landkreis hinaus renommiert, komplett geschlossen werden soll – und dies wegen angeblich wegen 3,3 fehlenden Hebammen.
Dabei ist die Personalsituation bereits seit Jahren selbstverschuldet vernachlässigt, zumal festangestellte Hebammen mit dem SRH-Tarif keine notwendige Anerkennung für ihre hervorragende verantwortungsvolle Arbeit und somit keine Perspektive mehr haben.
Notwendige Umstellung auf Beleghebammensysteme, wie es unsere Nachbarkliniken erfolgreich umgesetzt haben, wurden nicht einmal anvisiert. Dagegen hat man sich mit Leihhebammen bedient, welche am Ende die doppelten Kosten verursacht hatten und welchen zum genau 30.06.21, also Schließungstermin Geburtsstation gekündigt wurden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt….
Fakt ist, unsere Nachbarkliniken stoßen bereits jetzt an Ihre Kapazitätsgrenzen für Geburten. Wie sollen gebärende Frauen, oft in großen Nöten mit Schmerzen und unter Zeitdruck diese langen Wege überwinden? Um dann – wie jetzt schon passiert – abgewiesen zu werden? Oder fallen wir zurück zu Zeiten und Umständen wie bei „Maria und Josef“? Werden die Meinungen von über 9000 unterzeichnenden Mitbürgerinnen und Mitbürgern unserer größten Stadt im Landkreis hier wirklich nicht ernst genommen und schlicht ignoriert? Ist Ihnen, Frau Bürkle, Herr Dr. Faust, unsere Stadt Bad Saulgau, welche sich in den Jahren zu der Gesundheitsstadt im Landkreis mit Thermalbad und Reha- und Kurkliniken entwickelt hat, in deren Mittelpunkt das bisherige Krankenhaus steht, nicht bewusst, was insgesamt für die Region auf dem Spiel steht?
Im Übrigen ist von der Schließung unsere Wochenstation mit 9 Kinderkrankenschwestern direkt an der Geburtsstation genau so betroffen und wird einfach zerschlagen. Dasselbe gilt für unsere hervorragende Ärzteschaft in der Geburtshilfe. Eine solche Station kann nicht wieder rückorganisiert werden. Temporäre Schließung bedeutet deshalb Schließung mit Tempo, in kürzester Zeit, innerhalb eines Monats, ohne Absprache mit Personal und Betroffenen, denen, wie auch dem Rest der Angestellten der SRH, ein Redeverbot auferlegt wurde.
Frau Bürkle, Ihr Argument, wir sollten das medizinische Konzept abwarten, um Entscheidungen zu fällen, unterlaufen Sie selbst mit der vorzeitigen Schließung in Bad Saulgau. Im Übrigen, es gibt ein medizinisches Konzept schon seit Jahren für alle 3 Häuser, Pfullendorf, Sigmaringen, Bad Saulgau. Doch leider müssen wir feststellen, dass dieses medizinische Konzept in der Umsetzung ständig zurückgebaut, indem man sie einfach nicht mehr mit personell notwendigen Besetzungen weiterführt. Ich nenne hier nur beispielsweise Gefäßchirurgie Pfullendorf, Geriatrie Pfullendorf, Notfallchirurgie Bad Saulgau. Es wurde beim Land kein Antrag mehr auf Fortführung gestellt. Vor- und Nachsorge Onkologie in Bad Saulgau und neuerdings die Schließung der Geburtshilfe. Das sind keine vertrauensbildenden Maßnahmen, sondern im Ergebnis geschlossene Häuser und im Stich gelassene Bürgerinnen und Bürger. Waren nicht Sie bei den kürzlichen Koalitionsverhandlungen mit Sozialminister Lucha dafür eingetreten, alle noch bestehenden Häuser zu sichern? Das nenne ich soziale Verantwortung für Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis.
Die Schließung bedeutet einen herben Attraktivitätsverlust für Bad Saulgau. Insbesondere für jüngere Arbeitskräfte. Wer möchte schon in eine Stadt ohne Krankenhaus ziehen, um dort zu arbeiten, zu leben und um eine Familie zu gründen.
Deshalb nochmals: Unsere unmissverständliche Aufforderung an Sie und das Management der SRH:
Führen Sie ohne Unterbrechung die Geburtenstation in Bad Saulgau fort!
Sichern Sie damit unsere Gesundheitsstruktur in unserem Landkreis, unserer Stadt und darüber hinaus!
Sollten Sie dies nicht umsetzen, geben Sie uns, unserer Stadt, unser Krankenhaus zurück, ansonsten steht SRH nicht mehr für Geburt, Hoffnung und damit Start von Neuem, sondern für Ende und letztendlich Tod voraussichtlich einer ganzen Klinik!

Sehr geehrte Frau Landrätin Bürkle, sehr geehrte Herren Stalla und Dr. Faust,
sehr geehrte Damen und Herren aus Verwaltung und Gremium, liebe Zuhörer!
Mehr als 9500 Menschen haben sich binnen weniger Tage in einer Unterschriftenaktion hinter ihr Krankenhaus in Bad Saulgau gestellt.
Mehr als 9500 Menschen spüren, dass es sich hier nicht nur um eine temporäre Schließung unserer Geburtshilfestation handelt. Unser ganzes Krankenhaus ist durch die Vorgehensweise der sehr kurzfristigen Ankündigung von gravierenden Veränderungen für werdende Mütter und Mitarbeiter in größte Aufruhr gebracht worden.
Auf das medizinische Konzept können wir aus heutiger Sicht nicht mehr warten – bis dahin ist unser Haus zerstört. Zerstört durch die Unsicherheit und Sorge der Mitarbeiter um Ihre Arbeitsplätze. Sie laufen uns einer nach dem anderen davon und dann sind sie weg. Zerstört auch durch die Unsicherheit der Bürger auf welchem Fundament ihre medizinische Grundversorgung künftig steht oder nicht mehr steht? Ist das Ihr Ziel?
Die Bürgerinnen und Bürger können diese Entscheidungen nicht verstehen.
Bad Saulgau ist die bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Region im Landkreis. Bei der Anzahl der Geburten hat Bad Saulgau den Standort Sigmaringen überholt – und soll dennoch das Nachsehen haben? Sie zeichnen sich für die Menschen in unserem Landkreis verantwortlich. Viele unserer Patientinnen und Patienten kommen aus den Nachbarlandkreisen. In der Medizin soll die „Denke“ am Ende des Landkreises aufhören – im Zuge des Regionalplans wird aber in Regionen gedacht und gehandelt. Wie passt das zusammen?
Bei der Übernahme der Geschäftsanteile der SRH an den Krankenhäusern Bad Saulgau, Sigmaringen und Pfullendorf wurden Verträge geschlossen. Wer steht für die Einhaltung dieser Verträge ein? Besteht unter den Gesellschaftern die Einigkeit diese Verträge aufzumachen und zu ändern? Mit der Folge, dass die Standorte Pfullendorf und Bad Saulgau geschlossen werden?
Frau Bürkle, Herr Stalla wir bitten Sie als Gesellschafter der SRH Kliniken:
Unser Krankenhaus besteht seit 1913 und hat seither alle Höhe und Tiefen überstanden, weil es den Menschen zu jeder Zeit wichtig war.
Uns ist das Krankenhaus auch wichtig! Uns, den Menschen in und um Bad Saulgau.
Wir brauchen es.
Wir sind sicher, dass genügend Personal gefunden werden kann. Die Geburtshilfeabteilung darf nicht geschlossen werden, mit der Begründung, dass im Juli zwei und im September drei Hebammen in Bad Saulgau fehlen.
Übernehmen Sie die Fürsorge für die medizinische Grundversorgung der Menschen für unsere Raumschaft. Übernehmen Sie die Fürsorge für Ihre Mitarbeiter. Sorgen sie für attraktive Arbeitsbedingungen – dann werden genügend Hebammen, Ärzte und Pflegekräfte den Weg in Ihr Unternehmen finden.
Die Bürger in unserer Raumschaft wollen weiterhin eine sichere medizinische Grundversorgung durch die SRH Kliniken und wenn diese nicht mehr wollen dann durch eine andere Gesellschaft.
Frau Bürkle, Sie haben vorhin gesagt: Wir haben Sie gehört. Bitte geben Sie uns eine Antwort.
Herr Stalla: Sie sagten von Gesundschrumpfen sei keine Rede. Beweisen Sie uns das Gegenteil.
Vielen Dank.
Stellungnahme zur temporaren (?) Schließung der Geburtsstation in der SRH Klinik Bad Saulgau der Fraktion von Bündnis 90/ Grüne im Gemeinderat Bad Saulgau
Die Grünen im GR Bad Saulgau fordern vehement eine Weiterführung der Geburtsstation im Krankenhaus Bad Saulgau. Wir fordern, dass die akuten Engpasse schnellstmöglich behoben werden und auch Alternativmodelle zum Betreiben dieser Station ernsthaft geprüft werden (z.B. Beleghebammensystem).
Es hat sich schon seit langem abgezeichnet, dass durch das Arbeitsklima, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen das Bad Saulgauer Krankenhaus die Hebammen nicht halten konnte.
Wir sehen mit Sorge die Situation der Gebarenden und ihrer Familien, die nun zu keiner Geburtshilfestation einen Weg unter 30 km haben. Wie viele Kinder müssen zukünftig auf dem Weg zum Krankenhaus auf die Welt kommen? Es ist fraglich, ob die umliegenden Kliniken, die bisher in Saulgau durchgeführten 700 Geburten pro Jahr aufnehmen können. Wir fordern eine einfühlsame, bessere Kommunikation seitens der SRH mit den Schwangeren und ihren Familien. Diese sind verunsichert sind und haben Ängste, wie die Geburt ihres Kindes, für die ein familiärer und sicherer Ort gewünscht wird, stattfinden kann.
Wir fordern eine sofortige Aufstockung der Versorgung mit Krankenwagen und Notärzten, um eine sichere Betreuung von Gebärenden zu gewährleisten.
Wir fürchten um den Bestand unseres Krankenhaus in seiner jetzigen Form, als Haus der Grundversorgung für unsere Raumschaft. Eine gute medizinische Versorgung ist darüber hinaus aus ein wichtiger Faktor für die Attraktivität einer Stadt, u.a. bei der Gewinnung von Fachkräften für unsere Unternehmen.
Wir brauchen die Solidarität unserer Landrätin und des Kreistags. Wir erwarten von der SRH die Unterstützung, dass Frauen ihre Kinder wohnortnah gebären können.
Im akuten Fall fordern wir den Kreis auf, Geld für eine Soforthilfe zur Rettung der Geburtshilfestation im Sinne der Gebärenden und ihrer Familien zur Verfügung zu stellen.
Wir stehen vollumfänglich hinter der Resolution des Gemeindrates der Stadt Bad Saulgau zur Schließung der Geburtshilfestation und der Forderung nach einer Sicherung der zukünftigen Daseinsvorsorge der Stadt und Raumschaft um Bad Saulgau.
Mit einem Satz aus unserem Wahlprogramm für die Bundestagswahl möchte ich schließen. „Welche Angebote es vor Ort gibt, darf nicht davon abhängen, was sich rentiert sondern daran, was vor Ort nötig ist“- das ist unser Anspruch für die Versorgung der Bevölkerung in Bad Saulgau.
Wir erwarten, dass sich der Kreistag in einer Sondersitzung zu diesem Thema zeitnah trifft.

Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüße ich Frau Landrätin Bürkle, sowie Herrn Stalla, Geschäftsführer der SRH Gesundheits GmbH und Dr. Faust, GF der SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH.
Und ich begrüße auch Sie nochmals ganz herzlich. Ich freue mich über das riesige Interesse und ich bedanke mich, dass Sie trotz der coronabedingten Auflagen gekommen sind und so sichtbar deutlich machen wie wichtig Ihnen die Geburtshilfe in Bad Saulgau bzw. unser Krankenhaus ist.
Es ist heute – wie eingangs gesagt – eine Gemeinderatsitzung im Sinne der Gemeindeordnung und keine Einwohnerversammlung. Es gibt deshalb kein Rederecht der Zuhörer. Dies wurden wir gefragt und haben es ja auch bereits in der Presseberichterstattung beantwortet.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Nachricht, dass ab 01.07 die Geburtshilfe aus dem SRH Krankenhaus Bad Saulgau in das SRH Krankenhaus Sigmaringen verlagert wird hat nicht nur in Bad Saulgau sondern weit darüber hinaus für Empörung und insbesondere bei werdenden Müttern für Entsetzen gesorgt.
Und dann ist etwas passiert, mit dem die Entscheider vermutlich nicht oder zumindest nicht in diesem Ausmaß gerechnet haben. Die Menschen haben sich das nicht einfach gefallen lassen, sondern sofort gehandelt und sie wehren sich. Sehr engagiert, mit Erfolg und von einer Welle großer Solidarität getragen.
Vom Krankenhausförderverein wurde – neben vielen anderen Aktionen – eine Online-Petition und Unterschriftensammlung gestartet, mit bis heute ca. 9.500 Unterschriften. Das ist grandios. Die Aktionen sind auf großes mediales Interesse gestoßen. Zeitung, Radio, selbst das Fernsehen berichtet. Unternehmen und Abgeordnete haben sich zu Wort gemeldet. Betroffene haben Ihre Situation geschildet. Kaum ein Thema hat die Bad Saulgauer je so bewegt und so in Bewegung versetzt wie die Verlagerung der Geburtshilfe. An dieser Stelle einfach herzlichen Dank für dieses Engagement.
Und warum ist das so? Die Bürgerinnen und Bürger haben verstanden, dass hier etwas Gravierendes passiert. Das Krankenhaus Bad Saulgau verliert einen wichtigen, wenn nicht entscheidenden Schwerpunkt. Besonders hart trifft das die werdenden Mütter, die sich darauf verlassen haben, dass ihr Kind in Bad Saulgau zur Welt kommen kann und die jetzt verzweifelt nach einer Alternative suchen.
Aber es geht nicht „nur“ um den Erhalt der Geburtshilfe. Vielmehr ist da die Angst, dass dies nur der Anfang vom Ende ist und über eher kurz als lang der Schlüssel am Krankenhaus Bad Saulgau komplett umgedreht wird. Und das wollen und werden wir Bad Saulgauer nicht akzeptieren. Dagegen wehren wir uns.
Es darf nicht sein, dass in Bad Saulgau keine Kinder mehr zur Welt kommen und wenn wir ehrlich sind auch bald nicht mehr in Sigmaringen, weil ja dort genau dieselben Probleme bestehen. Es wird dann vielleicht absehbar in diesem Landkreis – zumindest in einem Krankenhaus – kein Kind mehr zu Welt kommen. Oder wie es in einem Leserbrief in der SZ von heute treffend ausgedrückt wurde: „Wo die Frauen des Landkreises Sigmaringen ihre Kinder gebären, kann wohl nicht in Heidelberg entschieden werden.
Und es geht auch nicht nur um Bad Saulgau, sondern um die Raumschaft.“
Das wird auch von unseren Nachbargemeinden so gesehen. So haben die Gemeinderäte Herbertingen und Hohentengen, als auch Altshausen, Ebersbach-Musbach, Hoßkirch sich der Resolution des Bad Saulgauer Gemeinderates angeschlossen. Ja, auch Gemeinden aus dem angrenzenden Landkreisen beobachten besorgt diese Entwicklung. Denn Bad Saulgau hat als Mittelzentrum im Regionalverband Bodensee-Oberschwaben eine Versorgungsfunktion wahrzunehmen und die hört nicht an der Landkreisgrenze auf. Deshalb arbeiten wir in vielen Organisationen landkreisübergreifend erfolgreich zusammen.
Es geht also nicht „nur“ um die Interessen der Stadt Bad Saulgau. Es geht um viel mehr. Es geht ganz aktuell um den Erhalt der Geburtshilfe, aber darüber hinaus geht es auch längst bereits um den Erhalt des Krankenhauses in Bad Saulgau und damit der wohnortnahen Gesundheitsversorgung ganz vieler Menschen.
Was können wir tun?
Die Stadt Bad Saulgau ist nicht Gesellschafter der SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH.
Gesellschafter sind die SRH Kliniken GmbH Heidelberg mit 51 %, der Landkreis Sigmaringen mit 36,26 % und der Spitalfonds Pfullendorf mit 12,74 %.
Die vom Gemeinderat beschlossene Resolution, in der wir Forderungen erheben, richtet sich damit an diese drei Gesellschafter. Und deshalb bin ich dankbar, dass Frau Landrätin Bürkle als Vertreterin des Landkreises und Herr Stalla als Vertreter der SRH Heidelberg heute hier sind und sich der Diskussion stellen. Kollege Kugler kann leider nicht als Vertreter des Spitalfonds heute hier sein, da er selbst eine Sitzung hat. Ebenso begrüße ich den Geschäftsführer der SRH Kliniken im Landkreis Sigmaringen, Herrn Dr. Faust.
Um was geht es uns in der Resolution?
Darin wird vom Gemeinderat massiv Kritik geübt an der Entscheidung der Geschäftsführung.
Die Leitung der SRH-Klinik begründet diese „vorübergehende“ Schließung der Geburtenstation damit, dass die notwendige personelle Ausstattung für einen Weiterbetrieb in Bad Saulgau akut nicht mehr sichergestellt werden kann.
Bei den eingetretenen Personalengpässen handelt es sich aus unserer Sicht eindeutig um ein bereits seit Jahren feststellbares Problem, bei dem schon lange voraussehbar war, dass es nicht mit befristeten Leiharbeitsverhältnissen geordnet geregelt werden kann. Insoweit muss es als klares Versäumnis oder gar bewusste Untätigkeit der jeweiligen Geschäftsleitung der SRH-Kliniken angesehen werden, hier nicht nachhaltig und frühzeitig Personal bedarfsgerecht ausgebildet, neu eingestellt und/oder bestehendes Personal durch geeignete tarifliche Anreize und flexible Arbeitszeitmodelle an das Unternehmen langfristig gebunden zu haben.
Andere Klinikstandorte haben verstanden, dass sich medizinisches Personal heute aussuchen kann wo es arbeitet und bietet attraktive Arbeitsplatzbedingungen. Und es sind dort durchaus auch z.B. Belegmodelle in der Geburtshilfe erprobt und erfolgreich. Diese wurden von der SRH nicht ausreichend geprüft bzw. angesichts der völlig unprofessionellen Art der Information und Kommunikation mit potentiellen Interessentinnen schlichtweg offensichtlich nicht gewollt.
Dies und der stetige Hinweis bzw. das „Vertrösten“ auf ein noch vorzulegendes medizinisches Konzept für die 3 Kliniken, lässt die Vermutung zu, seitens Klinikleitung bzw. Klinikbetreiber kein gesteigertes Interesse an einer echten Lösung des Problems besteht.
Diese Personalsicherstellung im Klinikverbund SRH war bei der Gründung der SRH Klinken Landkreis Sigmaringen GmbH, neben der Zusicherung des funktionsfähigen Erhalts aller 3 Standorte im Landkreis ein gewichtiges Argument für den Kreistag bei seiner Entscheidung diese Partnerschaft einzugehen. Wir sehen deshalb auch den Kreistag in der Verpflichtung, diese damaligen Garantien umfassend einzufordern.
Es ist dringend geboten, die Bedeutung der Geburtshilfe als wesentlichen Pfeiler eines Erhalts des Krankenhausstandortes Bad Saulgau für die Grundversorgung der Region herauszustellen und für den Erhalt zu kämpfen.
Die Stadt Bad Saulgau hat – und das möchte ich nochmals betonen – als größte Stadt im Landkreis, Mittelzentrum, Wohnungsschwerpunkt und Gewerbestandort nicht nur eine Versorgungsfunktion für ihre Bürgerinnen und Bürger und ihre Unternehmen, sondern darüber hinaus enge Verflechtungen zu den angrenzenden Umlandgemeinden. Darauf sind ein nicht unerheblicher Anteil unseres wirtschaftlichen Wachstums und das Potential an Arbeitsplätzen und Wohnen in Stadt und Landkreis begründet. Umso mehr sehen wir uns in der Verpflichtung, auch und gerade im Bereich der medizinischen Versorgung ein Angebot seitens des Landkreises Sigmaringen zu sichern. Der Hinweis auf eine ausschließliche Versorgungsverpflichtung für die eigene Landkreisbevölkerung greift hier deutlich zu kurz.
Die Gesundheitsversorgung ist eine Daseinsvorsorge und hat bei den Menschen die höchste Priorität.
Es gilt dringend, dem öffentlichen Eindruck entgegen zu treten, dass hier ein strategischer Prozess läuft, mit dem Ziel des Abbaus oder vermeintlicher Gesundschrumpfung als Vorstufe der Schließung und zwar durch eine klare politische Aussage des Kreistages zur Bestandsgarantie für den Standort Bad Saulgau.
Die unverzügliche Wiedereröffnung der Geburtenstation ist nicht nur deshalb dringend geboten, um den nahezu 700 Gebärenden (und auch Wöchnerinnen) im Einzugsgebiet des Krankenhauses Bad Saulgau eine wohnortnahe medizinische Versorgungsinfrastruktur auch weiterhin zur Verfügung zu stellen; letztendlich geht es auch um die bisher gute Reputation des Klinikstandortes Bad Saulgau in allen medizinisch angebotenen Fachbereichen.
Es bleibt zu hoffen, dass das Vertrauen in den Klinikbetreiber SRH und den Landkreis als Aufgabenträger und Mitgesellschafter durch schnelles Handeln wiederhergestellt werden kann, damit bei Patientinnen und Patienten, aber auch und gerade beim medizinischen Personal der Vertrauensverlust in die Klinikleitung noch wettzumachen ist.
Die SRH ist durch die Art und Weise ihres Personalmanagements nicht wettbewerbsfähig und hat Vertrauen verspielt. An allen drei Klinikstandorten herrscht große Unsicherheit unter der Belegschaft. Mitarbeiter kündigen und suchen sich bereits jetzt – vorsichtshalber – einen neuen Arbeitgeber.
Wenn nicht unverzüglich gehandelt wird, werden Strukturen zerschlagen und die aktuelle Schließung der Geburtshilfe kommt damit einer „passiven Sterbehilfe“ für den Krankenhausstandort Bad Saulgau gleich.
Der wiederholt vorgebrachte Hinweis der Kreisverwaltung auf die originäre operative Verantwortung der Geschäftsführung für diese (temporäre) Schließung der Geburtenstation missachtet den Anspruch der gesamten Kreisbevölkerung auf eine angemessene medizinische Versorgung im Flächenlandkreis Sigmaringen. Zudem widerspricht dies eklatant den in den Koalitionsverträgen der neuen Landesregierung formulierten Zielen, gerade für junge Familien und damit nicht zuletzt Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen die medizinische Versorgung auch in den ländlichen Regionen bedarfsgerecht zu sichern. Der Verweis auf die Versorgung angesichts einer Entfernung von 30 km zum Standort Sigmaringen kann diesen Versorgungsauftrag angesichts der hohen Geburtenzahlen im Einzugsbereich Bad Saulgau absolut nicht gerecht werden. Aktuelle Vorfälle haben dieses Szenario bereits anschaulich belegt.
Wir sehen die Gesellschafter in der Verpflichtung, die Versorgung von bis zu 700 werdenden Müttern am Standort im Zusammenspiel mit dem SRH-Konzern unverzüglich und auch langfristig zu gewährleisten.
Der Gemeinderat ist zur Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung des Schul- Gesundheits- und Wirtschaftsstandortes Bad Saulgau nicht bereit, weitere Verlagerungen zentraler Angebote der Daseinsvorsorge aus Bad Saulgau zu akzeptieren.
Der Gemeinderat fordert deshalb
- eine schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme der Geburtenstation am Klinikstandort Bad Saulgau sicherzustellen und die Klinikleitung zu verpflichten, die hierfür erforderlichen Maßnahmen entsprechend der damals vertraglich vereinbarten Verpflichtungen unverzüglich zu ergreifen,
- den langfristigen Erhalt des Klinikstandortes Bad Saulgau durch eine gesicherte und bedarfsgerechte Grundversorgung auch im Bereich der Geburtshilfe am Standort Bad Saulgau sicherzustellen,
- erforderlichenfalls das Vertragsverhältnis im SRH-Verbund in Frage zu stellen und die 3 Kliniken wieder in eine gesicherte Zukunft in maßgeblicher Verantwortung und/oder Trägerschaft des Landkreises zu übernehmen.
also auch die Möglichkeit einer Rekommunalisierung zu prüfen.
Wir haben diese Resolution an Sie, sehr geehrte Frau Bürkle adressiert. Als Vorsitzende des Kreistages, Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrates der Kliniken GmbH, aber vor allem als Landrätin unseres Landkreises Sigmaringen und seinen Bürgerinnen und Bürgern.
Sie haben vieles für diesen Landkreis erreicht und es stehen sehr viele Themen auf der Agenda des Kreistages. Der Kreistag hat einen rekordverdächtigen Haushalt bzw. Finanzplanung mit einem riesigen Investitionsvolumen verabschiedet. Alle Themen sind wichtig. Bildung, Kultur, Verkehr. Insbesondere beim Thema Verkehr investiert der Landkreis enorm in Planungsleistungen für die eigentlich das Land zuständig ist. Und es wäre dem Bürger nicht zu vermitteln, wenn ausgerechnet die Gesundheitsversorgung, Unfall- und Notfallversorgung und die Entscheidung wo ein Kind auf die Welt kommt nur von privatwirtschaftlichen Interessen geleitet wird.
Die Entscheidung ist nicht nur für die Bad Saulgauer und ein großes Einzugsgebiet, sondern auch für den Landkreis Sigmaringen von großer Bedeutung. Darüber kann nicht einfach mal im Rahmen des „operativen Geschäfts“ entschieden werden. Dies muss im Kreistag und im Aufsichtsrat beraten werden.
Es eilt. Jeder Tag ist wichtig und wir können nicht auf ein medizinisches Konzept warten. Und ich behaupte jetzt einfach mal, dass in diesem Konzept nicht nur keine Geburtshilfe mehr in Bad Saulgau auftaucht, sondern sowohl das Krankenhaus Bad Saulgau, als auch Pfullendorf schlichtweg keine Rolle mehr spielen.
Dafür spricht, dass am Standort Sigmaringen Stellen scheinbar nicht wiederbesetzt werden, weil man bereits mit dem Personal von Bad Saulgau und Pfullendorf rechnet. Diese Rechnung wird aber nicht aufgehen. Das Personal und die Patienten orientieren sich bereits jetzt anders. Und zwar nicht in Richtung SRH und nicht in Richtung Sigmaringen. Wir müssen jetzt handeln. Der Kreistag und der Aufsichtsrat müssen in diese Entscheidung eingebunden werden. Meine Forderung als Kreisrätin an Sie Frau Bürkle ist deshalb diese Sitzungen unverzüglich einzuberufen. Ggf. werde ich als Kreisrätin mit den Stimmen meiner Fraktion der Freien Wähler, der SPD-Fraktion und der Fraktion der Grünen eine solche Sitzung mit der erforderlichen Mehrheit i. S. der Landkreisordnung verlangen. Ich hoffe aber, dass dies nicht notwendig ist.
Verwendete Bilder:
– Helga Brey | Helga Brey
– Thomas Zimmerer | Maximilian Kohler
– Larissa Lott-Kessler | Larissa Lott-Kessler
– Doris Schröter | Ingo Rack, Bilderechte liegen bei der Stadt Saulgau