Riedlingen: Der wirtschaftlich schleichende Niedergang

Die vielen Leerstände in der Riedlinger Innenstadt sind besorgniserregend. (Archivbild aus 2015)
Die vielen Leerstände in der Riedlinger Innenstadt sind besorgniserregend. (Archivbild aus 2015) (Bild:picture alliance / Rolf Haid | Rolf Haid)

Riedlingen – Aufsehen erregte dieser Tage ein Bericht der Tagespresse, dass die einzig noch verbliebene Metzgerei in Riedlingens Innenstadt, im Herbst schließt. Diese Meldung zeigt die ganze Tragödie der Riedlinger Innenstadt und des Gewerbes auf. Um den Stock waren vor 40 Jahren tatsächlich noch fünf Metzgereien ansässig. Auch andere Betriebe wie beispielsweise Haushaltswaren (Dorner, Blauw) und Kurzwaren (Raff) gibt es nicht mehr.

Dies passt ins Bild der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt, die gegenüber 1999 ein Minus der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ausweisen muss. Alle Nachbarstädte (Ehingen, Laupheim, Biberach, Bad Buchau, Bad Saulgau und Bad Schussenried), haben dagegen im deutlichen, bis hohen zweistelligen Prozentbereich zugelegt. Betrachtet man die die Festschrift des ehemaligen Handels- und Gewerbevereins zum 130jährigen Bestehen (1997) kann unschwer festgestellt werden, dass knapp 40 Prozent der damaligen Mitgliedsbetriebe (141) ohne Nachfolger von der Bildfläche verschwunden sind. Eine nicht unerhebliche Zahl davon waren Handelsbetriebe in der Innenstadt. Als Brandbeschleuniger für die Erosion im innerstädtischen Einzelhandel dienten die Schließungen der Drogeriemärkte (Ihr Platz und Müller), sowie der ersatzlose Wegfall der Lebensmittelversorgung.

Leider mussten auch im gewerblichen Bereich große Verluste hingenommen werden. Baufirmen (Benner, Anliker, Steidele) sind ebenso verschwunden, wie die gesamten Textilfirmen (Gönner, Hempel, Bauer). Auch das Milchwerk machte dicht und die Firma Silit hat weniger Arbeitsplätze als noch vor 40 Jahren. Die Schließung des Riedlinger Krankenhauses und der Wegzug der Sonderbehörden sind nur das „Sahnehäubchen“ eines schleichenden Niedergangs des Riedlinger Arbeitsmarktes. Ein Ausgleich durch neue Betriebsansiedlungen blieb bis heute weitestgehend aus.

Stellt sich die Frage, warum die Nachbarstädte bei der Gewerbeförderung so viel erfolgreicher sind? Die Antwort darauf ist auf den ersten Blick nicht einfach. Gegenüber Bad Buchau, Bad Saulgau und Bad Schussenried hat das Donaustädtchen eine deutlich bessere Straßenanbindung, ist hier doch der Schnittpunkt zweier Bundesstraßen. Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Zu lange wurde die scheinbar schlechte Straßenanbindung Riedlingens als Alibi benutzt, um die geringen Bemühungen bei der Gewerbeförderung zu kaschieren, während im Umland ständig neue Gewerbegebiete erschlossen, eröffnet und bebaut wurden.

Jetzt soll die neue Wirtschaftsförderin (Version 3.0) Schwung bringen. Die Erfolge ihrer Vorgänger*in waren, wenn überhaupt, recht übersichtlich. Erfolge sind aber bitter nötig, die Arbeitenden und Schüler*innen warten darauf, dass sich in Riedlingen bei der Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze endlich etwas bewegt. Sonst wird Riedlingen tatsächlich, wie Josef Martin es seit 2004 immer wieder predigt, zur reinen Schlafstadt.