Reizthema Kindererziehung: Darf ich der Schwiegermutter den Enkel vorenthalten weil sie mich ständig eines Besseren belehren will?

Wenn sich Mama und Oma nicht einig sind. Wie viel Mitspracherecht in der Erziehung des Enkelkindes ist gesund? (gestellte Szene)
Wenn sich Mama und Oma nicht einig sind. Wie viel Mitspracherecht in der Erziehung des Enkelkindes ist gesund? (gestellte Szene) (Bild: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose)

Nie war der Blick auf Mütter und Familien kritischer als heute. Nie waren Anspruch und Druck größer, allen und allem gerecht zu werden. Andererseits zerbrechen sich die Mütter heute aber auch über jeden Baby-Pups den Kopf und zerdenken Dinge, die ihnen der Instinkt eigentlich eh einflüstern sollte. Aber was ist denn richtig?

Schicken wir den Vierjährigen jetzt wie gewünscht, als Elsa zum Kita-Fasching? Ist es in Ordnung mein Kind vegan zu ernähren und sollte Kinder wirklich möglichst geschlechtsneutral erziehen? Ihnen vielleicht sogar gar nicht sagen, ob sie Junge oder Mädchen sind, damit sie sich besser entfalten können?

Wir beschäftigen uns ab sofort jede Woche Donnerstag mit einer Frage unserer Leser zum Thema Kindererziehung. Ihr könnt dazu auf Facebook abstimmen, für welche Seite ihr seid bzw. kommentieren, wer im Recht ist oder wie IHR den Konflikt lösen würdet.

Zum Auftakt starten wir mit einer Schwiegermutter, die sich von der Schwiegertochter gegängelt fühlt. Simone (32) hat Rita (58) zum ersten Mal zur Oma gemacht. Der kleine Enkel ist jetzt elf Monate alt und Simone hat derart die Nase voll von Ritas Ratschlägen, dass sie sagt: „Wenn du auch nur noch einmal besser weißt, was mein Sohn gerade braucht oder will, lass ich dich nicht mehr in die Wohnung!“

Wie seht ihr das? Kann man der Oma das Enkelkind vorenthalten, wenn sie die Schwiegertochter permanent bevormundet?

a) Ja! Simone hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie auf die „tollen“ Ratschläge verzichten kann. Wenn Rita es nicht schafft, sich daran zu halten, muss sie mit den Konsequenzen leben!

b) Nein! Simone hat kein Recht dazu, den Enkel vorzuenthalten. Schließlich ist das eine Sache zwischen ihr und Rita.

Rita indes ist wirklich verzweifelt – In einem Brief schildert sie ihre Sicht der Dinge:

Liebe Schwiegertochter,

Ist es nicht langsam an der Zeit, das Kriegsbeil zu begraben und den alten Mythos des Drachen in der Versenkung verschwinden zu lassen?  Wenn es geht, dann Witze wie „Warum kommen Schwiegermütter nie in den Himmel? Weil Drachen nicht höher als hundert Meter steigen können …“ gleich hinterher.

Und wenn wir schon beim Aufräumen sind, bitte den stacheligen Kaktus nicht mehr „Schwiegermuttersitz“ nennen. Er kann genauso wenig was dafür wie die Drachen. Das der Running Gag aus der Pandemie „Heute erst mal der Schwiegermutter erklärt, dass die Kontaktsperre bis 2025 verlängert wurde,“ ein Loch hat, versteht sich von selbst, oder?

Ich habe dich nicht ausgesucht und du wolltest mich nicht haben, also Patt. Ohne mich würde der Traummann nicht dir gehören und ohne dich hätte ich kein Enkelkind. Wir drehen uns im Kreis und müssen raus und weg von dem Klischee.

Ich meine es gut, auch wenn es manchmal vielleicht nicht immer so rüberkommt. Deine permanente Angst, dass ich meinen Sohn gegen dich aufbringen und von dir weg auf meine Seite ziehen will, ist doch Blödsinn. Er gehörte dir doch schon vor der Hochzeit, du gibst es nur nicht zu. Er tut alles was du willst und vermittelt mir als seine Mutter immer noch, dass ich wichtig bin für ihn. Und für den Enkel! Seine Strategie tut mir gut. Doch er sitzt zwischen dir und mir zwischen den Stühlen. Das ist doch ungerecht!

Lass uns nochmal bei „Start“ beginnen und spiel deinen absoluten Trumpf, mein Enkelkind, nicht so oft aus. Wer spielt schon gerne mit jemandem Karten, der nur Trümpfe auf der Hand hat? Das Spiel wird langweilig, weil man schon im Voraus weiß, wer gewinnt. Ich schlucke eine Kröte nach der anderen, um den Kleinen sehen zu dürfen. Langsam mutiere ich zum Wackeldackel. Es reicht!

Dass du deine Mutter viel mehr in dein Leben und das des Enkels viel mehr einbeziehst, kann ich verstehen. Und dennoch fühle ich mich komplett außen vor, ungeliebt. Ich bleibe die ganze Zeit in der hinteren Reihe und dir ist immer noch jeder Rat von mir zu viel. Das Kind HAT nun mal kalte Füße. Warum du ihm keine Socken anziehst, verstehe ich einfach nicht. Ich will doch nur ein bisschen am Glück teilhaben. Dem meines Sohnes und ja, auch an deinem.

Ihr liebt eure eigenen Mütter viel mehr als uns und zeigt an dieser Front eine große Portion Toleranz. Das ist normal. Wir bleiben in den hinteren Reihen – auf den billigeren Plätzen. Auch von dort kann man eine gute Sicht auf die Dinge haben. Wir wollen doch nur am Glück unserer Söhne teilhaben. Ist das denn zu viel verlangt?