192 Seiten, 9500 Namen, das sind die nüchternen Fakten zum Arbeiterverzeichnis, das seit Kurzem im ERBA-Museum in der Telefonzelle hängt. Die Namen, samt Geburtsdatum, Geburtsort, Eintrittsalter, Berufsbezeichnung, Eintritt und Austritt, die Jahren in der ERBA sowie in vielen Fällen auch Kommentare hat Dr. Jutta Wiek aufgeschrieben. Grundlage dafür war das komplette ERBA-Arbeiterverzeichnis, das in Schreibschrift der jeweiligen Zeit im Stadtarchiv aufbewahrt wird.
Die Augenärztin im Ruhestand studiert an der Fernuniversität Hagen Geschichte und Kultur und bereitet mit der Abschrift ihre Bachelorarbeit vor. „Ich will das gesamte Verzeichnis erfassen. Denn erst dann kann das Verzeichnis auch statistisch vollständig ausgewertet werden“, sagt sie. Am Ende werden also alle 13 500 Namen derer aufgeschrieben sein, die bis 1992 in der ERBA gearbeitet haben. Wenn man bedenkt, dass die Erfassung von 44 Personen etwa eine Stunde Zeit in Anspruch nimmt, heißt das: In Summe sind bis zum Abschluss der Kopierarbeit mehr als 300 Stunden dafür notwendig.
Veröffentlicht sind jetzt die Namen derer, die bis 1949 in der ERBA arbeiteten, wie Stadtarchivar Dr. Rainer Jensch sagt. Er hat auch ein Vorwort zu dem Buch geschrieben.
Gerade in den Anfangsjahren lesen sich die Kommentare zu den Arbeiterinnen und Arbeitern sehr spannend. Manchmal heißt es „in Ordnung“, was laut Rainer Jensch bedeutet, dass der Austritt ordentlich vollzogen wurde. Aber es gibt auch Kommentare wie „Faulenzer!“ oder „trinkt Schnaps“, „will zu Bauern“, aber auch „Heirat“, „Schwangerschaft“, „ungebührliches Verhalten im Marthaheim“, „prügelt seine Frau“ oder – traurig – „eingezogen und gefallen“. „Diese Kommentare verlieren sich nach dem Zweiten Weltkrieg völlig“, sagt Jutta Wiek. Beobachtet hat sie auch, dass viele Arbeiterinnen und Arbeiter nur relativ kurz in der ERBA beschäftigt waren – und das obwohl das Unternehmen gute Sozialeinrichtungen anbot, die auch dazu beitragen sollten, die Menschen im Betrieb zu halten.
Die Namen sind alphabetisch geordnet, was die Auffindbarkeit erleichtert. In eine grafisch schöne Form hat sie Bernadette Maurus von Zone.Gestaltung gebracht.
Oberbürgermeister Michael Lang nahm ein Exemplar für die Stadt entgegen und dankte Jutta Wiek für ihre Arbeit, die sie gänzlich im Ehrenamt machte. „Damit treten die Menschen, die in der ERBA waren, in den Mittelpunkt und die Betrachtung geht weg von den Maschinen“, sagte er. Dass das eine ohne das andere nicht denkbar ist, zeigt die Dornier-Webmaschine im selben Raum. Sie läuft inzwischen auch wieder bei Vorführungen Dank der Initiative des Dornier-Webmaschinentechnikers Peter Czura und des Wangener Unternehmens Zoller und Fröhlich, das Ersatzteile für die Maschine fertigte, wie Irina Leist erzählt, die das ERBA-Museum einrichtete.
Info: Im Arbeiterverzeichnis wird darauf hingewiesen, dass Fehler möglich sind und gern korrigiert werden. Hinweise werden ebenso gern entgegengenommen.
(Pressemitteilung: Stadt Wangen)