Traurige Bilanz Storchennachwuchs bei Dauerregen erfroren

Storchennachwuchs bei Dauerregen erfroren
Viele Jungstörche in unserer Gegend sind durch die enormen Wassermassen am letzten Wochenende erfroren. (Bild: Pixabay)

Der Starkregen am vergangenen Wochenende ist vielen Jungstörchen in unserer Region zum Verhängnis geworden. Sie sind regelrecht erfroren. Für eine zweite Brut der Altstörche ist es zu spät.

In Oberschwaben ist die Zahl der Weißstörche stark gestiegen. Mehr als 2.000 brütende Storchenpaare wurde im Jahr 2023 statistisch erfasst. Auch dieses Jahr hätte es ein gutes Storchenjahr werden können, heißt es von Ute Reinhard, Storchenbeauftragte des Regierungspräsidiums Tübingen für Südwürttemberg. „In fast jedem Nest waren mindestens drei bis vier Jungstörche zu finden, manchmal sogar fünf“. Die Regenperiode im Mai hatten die damals rund vier Wochen alten Jungen ohne größere Schäden weggesteckt.

Für den elterlichen Regenschirm zu groß

Storcheneltern schützen ihre Jungen bei Regen, indem sie ihre Flügel als Regenschutz aufstellen. Da das Gefieder des Nachwuchses noch nicht wasserdicht ist, kann es auch nicht vor Nässe und Kälte schützen. Sie kuscheln sich daher eng unter den elterlichen Regenschirm. Sind die Jungstörche aber älter, finden sie unter dem schützenden Gefieder keinen Platz mehr und sind deshalb besonders gefährdet. Die Nester sind offen und wenn dann tagelang von allen Seiten das Wasser peitscht, sind die Altstörche machtlos. „Der Nachwuchs ist dem Regen schutzlos ausgeliefert, kühlt ab und erfriert“.

Storcheneltern breiten zum Schutz ihre Flügel wie ein Schirm aus.
Storcheneltern breiten zum Schutz ihre Flügel wie ein Schirm aus. (Bild: Pixabay)

Nicht so schlimm wie angenommen

In den Regionen, wo am letzten Wochenende die heftigsten Wassermassen niedergingen, sind die größten Schäden unter den Jungstörchen zu beklagen. „Glücklicherweise ist es aber nicht ganz so dramatisch, wie vorab vermutet“, so Ute Reinhard auf Nachfrage. Aktuell ist die Storchenbeauftrage im Dauereinsatz. Nester müssen kontrolliert und überlebende Jungstörche beringt werden.

„Im Allgäu sind die größten Schäden zu beklagen, heißt es von Kollegen. Dort hat es angeblich zwei Drittel des Nachwuchses erwischt. In Ostrach und Umgebung gibt es rund 24 Nester und nur wenige Totalausfälle. Richtung Höchsten sieht es viel schlimmer aus. Im Raum Meßkirch sind wir zufrieden, östlich davon eher weniger“.

Auf dem Affenberg sind fast alle Jungstörche erfroren

Weißstörche bilden in Oberschwaben und am Bodensee immer mehr Kolonien. In Isny, Altshausen, Ebenweiler und Zußdorf sind Storchenkolonien mit bis zu zehn Nestern zu finden. Größere Kolonien gibt es in Riedlingen, Ostrach und Bad Saulgau. Auf dem Affenberg bei Salem sind die vielen Storchenhorste jährlich ein Highlight. Hier gibt es leider auch die größten Schäden zu beklagen. Durch den Dauerregen sind fast 80 Prozent der jungen Störche aus der Kolonie gestorben, schreibt der SWR.

Fast alle Jungstörche auf dem Affenberg Salem haben den Dauerregen nicht überlebt.
Fast alle Jungstörche auf dem Affenberg Salem haben den Dauerregen nicht überlebt. (Bild: picture alliance/dpa | Felix Kästle)

Storcheneltern trauern

„Sind Altstörche von einem Totalverlust ihrer Jungen betroffen, wird getrauert“, weiß die Storchenbeauftragte. „Man sieht es ihnen an, sie stehen aufgeregt zwei oder auch drei Tage im Nest und zupfen immer wieder an den toten Jungen herum. Wenn sie es hinkriegen, schmeißen sie die Jungtiere mit ihrem Schnabel aus dem Nest. Oft gelingt das aber nicht, sie verlassen den Horst und bauen an einem anderen, verlassenen Horst weiter“. Für eine zweite Brut ist es zu spät. „Spätestens Mitte Mai muss mit der Brut angefangen werden. Bebrütet werden die Eier von beiden Partnern rund 30 Tage lang“.

Ertrinken im Horst ist nahezu unmöglich

Ute Reinhard ist bemüht, die toten Tiere aus den Nestern zu holen. Dafür braucht es aber die Feuerwehr oder weitere Helfer mit passendem Gefährt. Den Horsten in luftiger Höhe hat der Dauerregen nicht geschadet. „Das Wasser kann jederzeit abfließen und daher kommt es auch zu keiner Zeit vor, dass die Jungen ertrinken könnten“.

Was die Storchenbeauftragte neben dem Verlust der Jungstörche beschäftigt, ist das Problem der Futtersuche. Auf den Feldern und Wiesen finden die Störche oft Gummiringe, Plastikteile und Glasscherben, entweder achtlos weggeworfen oder über das Abwasser im Klärschlamm. Die Altstörche tragen das „vermeintliche“ Futter zum Nest und würgen es im Horst heraus. Die Kleinen stürzen sich sofort darauf und verschlucken in Eile alles – auch den Müll.

Trauriges Ende

Wenn ein Vogel es nicht schafft, Plastik oder sonstigen Müll wieder auszuspeien, kann er sich damit den Magen verstopfen, heißt es vom Nabu. „Der Storch hat dann ein ständiges Sättigungsgefühl und hört irgendwann auf, zu fressen. Das ist ein Verhungern mit vollem Magen“. Das kommt zwar nicht so oft vor, ist aber äußerst grausam.

(Quelle: NABU/SWR)