Die Handys liefen am Dienstagabend nicht nur in unserer Region heiß. Viele Nachtschwärmer beobachteten am Himmel eine Art vorbeirasenden Feuerball mit riesigem Schweif. Auch über der Ravensburger Weststadt war das Himmelsspektakel zu sehen.
Bei der Polizei in Ravensburg, Konstanz, Stuttgart und weiteren Städten Baden-Württembergs gingen kurz nach 21.30 Uhr Anrufe ein, so ein Sprecher. Sie alle hatten einen Feuerschein am Himmel gesehen.
Sind geheime Mächte im Spiel?
Auch der 19-jährige Henrik aus der Ravensburger Weststadt traute seinen Augen nicht, als er auf der Terrasse beim Rauchen Richtung Himmel schaute und vor Schreck fast die Kippe fallen ließ: „Was war das denn, werden wir von geheimen Mächten angegriffen“, war sein erster Gedanke, das Handy wurde gezückt und schon machte das Gesehene bei den Kumpels die Runde. „Leider war ich so geschockt, dass ich gar nicht zum Filmen kam“, erzählte er dem WOCHENBLATT.
War es ein Meteorit, ein Flugzeugabsturz oder doch ein Satellit? Experten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) konnten schnell aufklären: Grund für das schnell ziehende, mysteriöse und stark leuchtende Himmelsspektakel am Dienstagabend war demnach ein Starlink-Satellit, der über der Schweiz in die Erdatmosphäre eintrat und im Südwesten sichtbar war. Das Weltraumlagezentrum der Bundeswehr habe dem BBK diese Information übermittelt, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes, heißt es von der dpa.
Keine Gefahr für die Öffentlichkeit
Starlink-Satelliten gehören zum Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk. Sie sollen schnelles Internet überall verfügbar machen und fliegen in rund 500 Kilometern Höhe. SpaceX ist der mit Abstand größte Betreiber mit inzwischen mehr als 5000 Starlink-Satelliten im Erdorbit, etwa 42 000 sollen es insgesamt werden. Dem Unternehmen zufolge stellen abgestürzte Starlink-Satelliten keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Auch auf der Online-Plattform X wurde fleißig gemutmaßt: „Könnte Weltraumschrott sein, oder ein Meteorit, der beim Eintritt in Erdatmosphäre in kleinere Bruchstücke zerfallen ist“. Ein anderer hatte leider verpasst, das Ganze zu filmen: „Ich bin rechts rangefahren, hab ungläubig und beeindruckt zum Himmel geschaut und vergessen, das zu filmen“.
Der Weltraumspezialist Men Schmidt aus St. Gallen (Schweiz) hat das Ereignis selber beobachtet: «Eine realistische Erklärung ist, dass es sich um Teile eines Satelliten oder einer Rakete handelt», vermutete er gegenüber der dpa.
Zunehmender Weltraumschrott gefährdet Raumfahrt
Ausgefallene Satelliten oder anderer Weltraumschrott in einer Höhe unter 600 Kilometern fallen nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa innerhalb weniger Jahre wieder auf die Erde zurück. Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglühen sie meistens. Derzeit fliegen Millionen Trümmerteile als Weltraumschrott um die Erde. Außerdem kreisen nach Angaben der europäischen Weltraumbehörde Esa mehr als 12.500 Satelliten um den Planeten – viele davon sind nicht mehr funktionstüchtig.
Das kann auch für die Raumfahrt zur Gefahr werden. Die chinesische Raumstation «Tiangong» («Himmelspalast») wurde vor Monaten von Weltraumschrott getroffen und musste gewartet werden. Auch die Internationale Raumstation ISS muss immer wieder Trümmerteilen ausweichen.
(Quelle: dpa/X)