Sommer, Sonne, Fetischkultur Ponymaske trifft auf heiße Nylons: Das Torture-Ship legt ab

Ponymaske trifft auf heiße Nylons: Das Torture-Ship legt ab
In Lack und Leder am 28. Juni über den Bodensee. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. (Bild: Manuel Feininger)

Der Sadomaso-Kahn schippert am 28. Juni wieder über den Bodensee und die Promenade in Friedrichshafen wird zum begehrten Laufsteg. Die Fetisch- und BDSM-Fans präsentieren sich einem breiten Publikum – in Lack, Leder, Overknees und mit Peitschen.

Es ist schon längst kein Geheimtipp mehr und die Zuschauer reisen für das besondere Sommerereignis sogar von weit her. Das Schaulaufen der Besucher des Torture-Ships ist ein Spektakel, das man nicht alle Tage sieht. Handys und Kameras werden gezückt und der Kampf um die vordersten Plätze wird schon mal mit dem Einsatz der Ellbogen ausgetragen. Jeder will einen Blick aus erster Reihe auf die nicht alltägliche Community erhaschen und für die ausgefallensten Lederkostüme gibt es oft Beifall.

Aus rund 50 Zuschauern wurden Tausende

Seit 1997 kommt die Fetisch-Szene im Sommer am Bodensee zusammen und in diesem Jahr lichtet das Torture-Ship bereits zum 28. Mal seinen Anker. „Anfangs schauten nur wenige Urlauber zu, im nächsten Jahr waren es vielleicht gerade mal 100 Personen, dann 300 und mittlerweile ist die ganze Promenade voll von Menschen“, so Veranstalter Thomas Siegmund. Die beste Sicht auf das ganze Spektakel bietet die Sonnenterrasse des Zeppelin-Restaurants. Hier werden die Plätze allerdings schon wochenlang im Voraus reserviert.

Was macht diesen Hype aus? „Im Prinzip ist das Schaulaufen eine Art CSD-Parade vor herrlicher Kulisse mit verrückten Outfits. Für manche Zuschauer ist das sicherlich wie ein Karnevalsumzug“. Wenn Friedrichshafen am 28. Juni für ein paar Stunden zum BDSM-Hotspot wird, trifft Dominanz auf Unterwerfung.

Beim Schaulaufen der Fetisch-Gäste wird den Zuschauern einiges geboten.
Beim Schaulaufen der Fetisch-Gäste wird den Zuschauern einiges geboten.
Viel nackte Haut, schwarzes Leder und ausgelassene Stimmung gehören dazu.
Viel nackte Haut, schwarzes Leder und ausgelassene Stimmung gehören dazu.

(Bilder: Manuel Feininger)

Die Tickets sind fast ausverkauft

Das Schiff fasst rund 450 Personen und ist nahezu ausverkauft. Das Alter der Fetisch-Gäste ist zwischen Ü18 und Ü80. Sogar 15-Jährige haben bei Thomas Siegmund schon nach Karten gefragt. Solch junge Fans müssen allerdings noch drei Jahre warten.

„Der älteste Besucher bisher war 84 Jahre alt und sehr fit“. Die Schar der Fetisch-Fans ist groß und meist besuchen Paare, Cliquen oder Freunde das Torture-Ship. „Viele sind seit Jahren begeisterte Anhänger der Szene, manche werden erst mit über 50 infiziert und sind noch in der Entdeckungsphase. Sie haben ein erfülltes Leben, die Kinder ziehen langsam aus und der sexuelle Reiz ist auf der Strecke geblieben. Vielleicht die ideale Zeit, um gemeinsam etwas Neues zu entdecken und mal in eine andere Welt abzutauchen. Das Torture-Ship bietet die geeignete Plattform, das Ganze auszuleben“.

Keine Gewalt – nur Spiele

Auf der MS Schwaben gibt es viel Musik – ob Partymucke, Rockiges oder Elektro – für jeden Geschmack ist was dabei. Für Thomas Siegmund ist es eine Veranstaltung in besonderer Atmosphäre, wo jeder seinem Fetisch über den Bekleidungsstil frönen kann und Anstand untereinander ist ihm wichtig. Gewalt ist auf alle Fälle tabu. „Von den Zuschauern wird gedanklich sicherlich viel zu viel reininterpretiert“. 

Ein besonderer Dresscode ist nicht angesagt. Aber die vielen Zuschauer, die sich am Samstagabend an der Promenade in Voyeure verwandeln, werden von den Fetisch-Gästen sicherlich nicht enttäuscht, denn bunte Latexanzüge, faszinierende Ponymasken, verschiedene Peitschen, Halsbänder und ausgefallene Outfits sind an der Tagesordnung.

Die Pose macht`s: An den unterschiedlichsten Fotomotiven fehlt es Samstag sicherlich nicht.
Die Pose macht’s: An den unterschiedlichsten Fotomotiven fehlt es Samstag sicherlich nicht. (Bild: Manuel Feininger)
Kokettieren, spielen und bizarre Verwandlungen.
Kokettieren, spielen und bizarre Verwandlungen. (Bild: picture alliance/dpa | Felix Kästle)

„Die Facetten der Kleidung und Masken sind so vielseitig wie die Menschen, die darunter stecken. Für einen hochwertigen Latexanzug kann man schon mal bis zu 1.000 Euro hinlegen“ verrät der Veranstalter. „Es ist ein riesiges Geschäft und gerade in Deutschland gibt es dutzende Firmen, die sich auf die Herstellung dieser Kleidung spezialisiert haben“.

Gegenseitiger Respekt gehört dazu

Die illustre Schar der Gäste präsentiert sich meist stolz in ihren abgefahrenen Kostümen und ist oft bereit, sich für ein Foto in Pose zu stellen. Aber gegenseitiger Respekt ist auch hier gefragt, denn schließlich stecken unter den Masken Menschen und ein einfaches „dürfte ich sie bitte fotografieren“, gehört zum Anstand. „Mich rufen Gäste an, denen begafft werden unangenehm ist und fragen nach Möglichkeiten, ungesehen an Bord zu gelangen“, erzählt Siegmund, der in Augsburg eine Eventagentur betreibt und sich in der Fetisch-Szene auch als Fotograf einen Namen gemacht hat.

Wer wohl hinter der Maske steckt? Gerade das macht den Reiz aus.
Wer wohl hinter der Maske steckt? Gerade das macht den Reiz aus. (Bild: picture alliance/dpa | Felix Kästle)

Das Torture-Ship von Zipzone liegt von 18 bis 18.40 Uhr an Pier 6 im Hafen von Friedrichshafen, in Konstanz an Pier 9 von 20 bis 20.25 Uhr.

Wenn Gegenstände erotisch wirken

Der Begriff „Fetisch“ kommt vom französischen Wort „fétiche“, das so viel wie „Glücksbringer“ bedeutet. Und tatsächlich bezeichnete man damit ursprünglich Dinge, die religiös verehrt wurden und denen übernatürliche Kräfte zugeschrieben wurden – zum Beispiel Götzenbilder oder ein Talisman. In der jüngeren Geschichte hat sich die Bedeutung dann in den sexuellen Bereich verlegt: Jemand hätte einen „Fetisch“, sagt man heute, wenn sich ein Mensch von bestimmten Gegenständen oder Körperteilen in Erregung versetzt fühlt. (BARMER).