Immer mehr Menschen kehren Deutschland den Rücken zu und fangen im Ausland ein neues Leben an. Zwei, die ihr Leben komplett umkrempelt haben, sind Aileen Großmann und Marcel Sourlas aus Bad Schussenried. In der VOX-Doku-Soap „Goodbye Deutschland“ waren sie im April zu sehen. Bei uns erzählen die beiden, dass sie auf Zypern falschen Menschen vertraut haben und das alles einen langen Atem braucht.
Raus aus der Komfortzone
Warum verlassen immer mehr Menschen unser Land? Die hohen Lebenshaltungskosten, die Unsicherheit auf die Rente, Unzufriedenheit mit der Politik und die Hoffnung auf ein stressfreieres Leben sind sicherlich nur einige der Gründe. Im Jahr 2020 haben fast 281.000 Menschen ihre Koffer gepackt und haben im Ausland ihr Glück versucht.
Die Sendereihe „Goodbye Deutschland!“ begleitet mit der Kamera Auswanderer auf ihrem Weg in ein fremdes Land. So war es auch bei Aileen (38) und Marcel (41) aus dem Oberschwäbischen Bad Schussenried. Mit gerade mal einem Budged von nur 12.000 Euro in der Tasche haben sie in Zypern einen Neustart gewagt. Wir haben nachgefragt.
Wie kam es zu der Idee, Deutschland zu verlassen?
Unser Leben in Deutschland war in den letzten Jahren immer stressiger geworden.“ Aileen, Einkäuferin in einem Versandhaus, stand kurz vor einem Burnout und Marcel hatte im Qualitätsmanagement in der Automobilbranche ebenso viel Stress. Beide spürten immer mehr, dass sie dringend eine Veränderung brauchten. Was fehlten waren Ruhe und mehr Zweisamkeit.
Ein Urlaub auf Zypern sollte Entspannung bringen. „Wir wollten dem Alltag entfliehen und uns eine Auszeit gönnen,“ so der gebürtige Böblinger. Während des Aufenthalts auf der Insel verliebten sich beide sofort in das Land, die Kultur und das sonnige Klima.
Eine Idee war geboren
Im Jahr darauf ging es wieder nach Zypern. Hier begannen sich beide intensiv mit den Möglichkeiten zu beschäftigen, die diese schöne Insel bieten könnte. „Wir sprachen mit Einheimischen, erkundeten verschiedene Regionen und informierten uns über die wirtschaftlichen Bedingungen vor Ort.“
Es dauerte nicht lange und die Idee steckte tief, die Komfortzone in Deutschland zu verlassen und auf der Insel der Götter einen Neuanfang zu wagen. Was folgte waren unendlich viele Gespräche und Überlegungen. Dann stand fest: „Wir ziehen nach Zypern.“
Wie reagierte der Bekanntenkreis?
Die Reaktionen waren sehr gemischt. Die Palette reichte von traurig bis skeptisch. Einerseits wünschten sie uns alles Gute bei unserem neuen Abenteuer, andererseits konnten sie nicht verstehen, wie wir unser sicheres Zuhause, unsere guten Jobs und unser Haus aufgeben konnten. Für viele von ihnen war es schwer vorstellbar, dass wir unser bisheriges Leben aufgeben wollten. Trotzdem bekamen wir viel Unterstützung, Tipps und Hilfestellungen.
War es schwer, in Zypern Fuß zu fassen?
Anfangs war es nicht einfach, uns zu etablieren. Es hat Zeit und Geduld erfordert, neue Freundschaften zu schließen und neue Geschäftspartner zu finden. Zypern ist zwar eine wunderschöne Insel, leider mit Linksverkehr, aber es ist auch ein kleiner Markt und es kann schwierig sein, die richtigen Kontakte zu knüpfen. Wir haben in den ersten Monaten viele Fehler gemacht und auch viel Lehrgeld bezahlt. Natürlich gab es Zeiten, in denen wir uns einsam fühlten und Zweifel an unserer Entscheidung hatten. Aber wir haben nicht aufgegeben und uns immer wieder motiviert, uns in die Gemeinschaft einzubringen. Einfach war es nicht.
Würden Sie es wieder tun?
Absolut, wir würden es jederzeit wieder tun! Der Entschluss, Deutschland zu verlassen und auf Zypern ein neues Leben zu beginnen, war die beste Entscheidung, die wir als Paar je getroffen haben. Wir haben uns als Menschen weiterentwickelt und uns hat das persönlich sehr viel gegeben. Der Umzug nach Zypern hat uns gezeigt, dass das Leben so viel mehr zu bieten hat, als nur Arbeit und Stress.
Was vermissen Sie an der Heimat?
Es ist immer schwer, wenn man seine Heimat verlässt und die Menschen zurücklassen muss, die einem wichtig sind. Daher freuen wir uns jedes Mal sehr, wenn sie uns hier besuchen. Die Verbundenheit zu unserer Heimatstadt Bad Schussenried wird immer bleiben.
Kommen Sie öfters zu Besuch?
Wir besuchen so oft es geht unsere Familien und Freunde. Im August planen wir mit unserem Hund Chico, den wir uns in Deutschland nie angeschafft hätten, eine Reise mit einem Wohnmobil über Griechenland nach Deutschland.
Haben Sie sich eine Hintertür aufgehalten?
Nein, wir sind komplett abgemeldet, haben die Jobs komplett aufgegeben und alles verkauft.
Wie waren die Filmaufnahmen?
Die Filmaufnahmen für „Goodbye Deutschland“ waren für uns eine tolle Erfahrung. Es war spannend zu sehen, wie eine TV-Produktion abläuft und wie viel Arbeit hinter einer 45-minütigen Sendung steckt. Natürlich war es auch anstrengend, da manche Szenen mehrfach gedreht und alles oft wiederholt werden musste. Das Team hat uns aber unterstützt und uns geholfen, uns wohlzufühlen und authentisch zu bleiben. Wir sind dankbar für die Erfahrung und würden es jederzeit wieder machen.
Aileen hat sich auf Zypern einen Traum erfüllt und einen Online-Haustiershop aufgebaut, der alles, was Katzen- und Hundebesitzer benötigen, bietet. Marcel arbeitet in der Autovermietung und bereitet Autos auf. Zusätzlich vermittelt er Immobilien.