Prozess um Terroranschläge von Paris mit 130 Toten gestartet

Französische Gendarmen patrouillieren vor dem Justizpalast, dem Pariser Gerichtsgebäude, vor dem Beginn des Prozesses.
Französische Gendarmen patrouillieren vor dem Justizpalast, dem Pariser Gerichtsgebäude, vor dem Beginn des Prozesses. (Bild: Alain Jocard/AFP/dpa)

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Es war eine erschütternde Terrornacht, die Paris bis heute traumatisiert. Islamisten töteten vor sechs Jahren bei einer Anschlagserie 130 Menschen. Nun beginnt der Prozess gegen 20 mutmaßliche Extremisten.

Paris (dpa) – Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen hat in Paris der Prozess um die islamistischen Terroranschläge vor knapp sechs Jahren mit 130 Toten und 350 Verletzten begonnen.

Angeklagt sind 20 Verdächtige, unter ihnen der bereits in Belgien verurteilte Salah Abdeslam, der als einer der Haupttäter und einziger Überlebender des Terrorkommandos gilt. 13 weitere Angeklagte sollen mutmaßliche Unterstützer gewesen sein. Gegen sechs andere Angeklagte wird der Prozess in Abwesenheit geführt. Bei fünf von ihnen geht man davon aus, dass sie inzwischen in Syrien ums Leben gekommen sind. Einer ist wegen Terrorvorwürfen in der Türkei inhaftiert.

Bei der Anschlagsserie am 13. November 2015 hatten Extremisten im Konzertsaal «Bataclan» sowie in Bars und Restaurants 130 Menschen erschossen. Es gab 350 Verletzte. Am Stade de France sprengten sich zudem während eines Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Anschläge für sich.

Für den Prozessauftakt waren in Paris fast 1000 Polizisten mobilisiert. Bewaffnete Spezialkräfte sicherten den weiträumig abgesperrten Justizpalast, in dem ein speziell zusammengestelltes Schwurgericht in einem eigens eingerichteten Saal verhandelt. Dieser bietet 550 Sitzplätze, Bildschirme stellen die Übertragung der Verhandlung in alle Bereiche des Saals sicher. Für Angehörige und Betroffene steht während des gesamten Prozesses eine psychologische Betreuung parat. Das Verfahren ist bislang bis Mai 2022 angesetzt. Den Angeklagten droht zumeist lebenslange oder 20-jährige Haft.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es 1765 Nebenkläger. Diese sollten zum Prozessauftakt zunächst alle namentlich aufgerufen werden. Erst später wollte das Gericht inhaltlich breiter auf die Vorwürfe eingehen, die sich auf 500 Aktenordner mit Ermittlungsergebnissen stützen. Hunderte Zeugen sollen angehört werden, neben Ermittlern aus Frankreich und Belgien auch der damalige französische Präsident François Hollande.

Einen angesichts des dramatischen Ausmaßes der Terrornacht gebührenden Raum erhalten die Opfer und ihre Angehörigen: Über fünf Wochen hinweg sollen rund 300 von ihnen das Erlebte schildern.