Probleme am Wahlsonntag – Pannen in Berlin: Landeswahlleiterin gibt Probleme zu

In einigen Berliner Wahllokalen kam es zu langen Warteschlangen.
In einigen Berliner Wahllokalen kam es zu langen Warteschlangen. (Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

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Ewiges Warten und fehlende Stimmzettel: Der Wahltag in Berlin war von Pannen geprägt. Welche Probleme die Wahlleitung einräumt und warum sie dennoch keinen Grund für einen Rücktritt sieht.

Berlin (dpa) – Nach zahlreichen Pannen bei den Wahlen am Sonntag in Berlin hat die Landeswahlleiterin Probleme eingeräumt, personelle Konsequenzen aber zunächst abgelehnt. Für eine Aufgabe ihres Amtes sehe sie derzeit keinen Grund, sagte Petra Michaelis am Montag.

Sie räumte aber ein, dass es eine ganze Reihe von Schwierigkeiten wie fehlende Stimmzettel und zu lange Wartezeiten gab. Konkrete Antworten auf noch viele offene Fragen lieferte sie aber nicht. Eine Anfechtung der Wahlen sei erst nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses am 14. Oktober möglich.

Um die 100 der 2257 Berliner Wahllokale hätten nach Angaben des Leiters der Wahlleitungs-Geschäftsstelle, Gert Baasen, Probleme gehabt. «Viele Beschwerden betrafen die gleichen Wahllokale.» Schwierigkeiten seien nach ersten Berichten in den Berliner Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg aufgetreten.

Fünf Abstimmungen und sechs Stimmen

Lange Schlangen und Wartezeiten von bis zu zwei Stunden vor manchen Wahllokalen wurden gemeldet. Manche Wählerinnen und Wähler mussten so ihre Stimme deutlich nach 18.00 Uhr abgeben – die ersten Prognosen zu den Wahl-Ergebnissen waren längst bekannt. Beschwerden hätten auch sie erreicht, sagte Michaelis. Ein Grund sei die Kombination der Wahlen zum Bundestag, Abgeordnetenhaus, zu den Bezirksparlamenten sowie der Volksentscheid gewesen. In fünf Abstimmungen konnten die Berlinerinnen und Berliner insgesamt sechs Kreuze machen.

Man habe die Zahl der Wahlhelfer schon von 20.000 auf 34.000 erhöht und auch «sehr viel mehr» Wahlkabinen aufgestellt, sagte Michaelis. Trotzdem habe man diese mehrfache Wahl «mit großer Sorge» erwartet. «Für die Wählerinnen und Wähler ist es nicht normal, dass sie fünf Stimmzettel ausgehändigt bekommen.» Niemand könne es einem Wähler verwehren, wenn er sehr lange in einer Wahlkabine verbringt, um sein Kreuz zu machen.

Pannen und Verantwortung

In einigen Wahllokalen lagen laut Beobachtern zudem zu wenige Stimmzettel aus, so dass auf Nachlieferungen gewartet werden musste. Erklären konnte sich das die Landeswahlleiterin nicht: «Selbstverständlich hatten wir genug Stimmzettel vorbereitet, wir waren mit rund 110 bis 120 Prozent an Stimmzetteln der Wahlberechtigten ausgestattet.»

Für die Bestellung und Verteilung auf die Wahllokale seien aber die jeweiligen Bezirkswahlleitungen zuständig. «Wie die Stimmzettel von den Bezirken auf die Wahllokale verteilt werden, das weiß die Landeswahlleiterin nicht.» Im nächsten Schritt müssten die Wahlvorstände der jeweiligen Wahllokale die Stimmzettel an die richtige Stelle transportieren. Auch da habe die Landeswahlleitung keinen Einfluss.

Michaelis sprach zudem von einem Personalproblem in der Berliner Verwaltung. Die Bezirkswahlämter würden «am Limit» arbeiten und hätten zu wenig Personal. Das Problem habe sie mit Blick auf den «Superwahltag» zwei Wochen vor der Wahl bei den Bezirksbürgermeistern angesprochen und gebeten, personell aufzustocken. Sie habe jedoch keine Antwort erhalten.

Aufarbeitung und offene Fragen

Wenn Menschen nicht wählen konnten, Stimmzettel aus verschiedenen Bezirken vertauscht worden oder nicht korrekt ausgegeben worden seien, müsse man dem «ernsthaft nachgehen», sagte Michaelis. Für manche Wähler sei das sicher «schrecklich» gewesen. Derzeit habe sie aber noch keine Informationen, wie viele Stimmzettel gefehlt hätten, um wie lange Wartezeiten es sich gehandelt habe und wann die letzte Stimme abgegeben wurde. Das müsse alles noch bei den Bezirken für eine «Bestandsaufnahme» erfragt werden. Michaelis sagte, sie habe am Sonntagabend in engem Kontakt mit dem Bundeswahlleiter gestanden. Er erwarte von ihr einen Bericht und werde ihn auch erhalten.

Anfechtungen erst nach amtlichen Endergebnis möglich

Die Landeswahlleiterin will nun prüfen, ob es «relevante Wahlfehler» gab. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn Wähler nicht wählen konnten, weil es zu wenig oder nicht den richtigen Stimmzettel gab. Eine Wahlwiederholung könne es geben, wenn «mandatsrelevante Fehler» vorliegen, es also Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Parlament gab. Das müsse noch geprüft werden.

Neu sind solche Pannen in Berlin keineswegs. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte etwa ein Ausfall von Computern für eine verspätete Auszählung gesorgt. Erst um 3.44 Uhr stand so das vorläufige Endergebnis fest.