Podiumsdiskussion bei den Salemer Gesprächen liefert kontroverse Diskussionen

Hans-Ulrich Rülke (FDP), Martin Hahn (Die Grünen), Raimund Haser (CDU) und Andreas Stoch (SPD)
Hans-Ulrich Rülke (FDP), Martin Hahn (Die Grünen), Raimund Haser (CDU) und Andreas Stoch (SPD) (Bildnachweise: Hans-Ulrich Rülke, Martin Hahn, Oliver Hofmann, Andreas Stoch)

Politik trifft auf Wirtschaft: Bei der 41. Auflage der Salemer Gespräche stellten sich am Freitagabend Spitzenpolitiker aus unserer Region wirtschaftspolitischen Fragen, die in einer Podiumsdiskussion knapp zwei Stunden teils kontrovers diskutiert wurden. Aufgrund der Corona-Pandemie übertrug das WOCHENBLATT die Veranstaltung, die von den Wirtschaftsjunioren (WJ) Bodensee-Oberschwaben organisiert wird, erstmals via Live-Stream aus der Schloss-Schule Salem.

Salem (dab) – Die besonderen Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie meisterten die WJ Bodensee-Oberschwaben mit Bravour: Die Abstandsregelungen sowie die Maskenpflicht wurden groß geschrieben, denn wo sich ansonsten rund 400 Gäste einfinden, konnten dieses Jahr lediglich rund 80 geladene Gäste vor Ort die Podiumsdiskussion verfolgen. Nichtsdestotrotz bekamen Unternehmer aus der regionalen Wirtschaft sowie alle Zuschauer am Bildschirm eine hochkarätige rund 100-minütige Diskussion geboten, die viele Fragen, welche im Vorfeld gesammelt wurden, aufgriff und ausgiebig diskutierte. Das Thema lautete: „Wie stellt sich die Politik den wirtschaftspolitischen Herausforderungen?“.

„Von sämtlichen Partnern haben wir in den vergangenen Wochen grandiose Unterstützung unterhalten, damit die Salemer Gespräche stattfinden können. Die Themenvielfalt ist phänomenal, wir freuen uns auf eine spannende Diskussion“, begrüßte Philipp Gotterbarm, Kreissprecher der WJ, die Gäste. Gleichzeitig erklärte er, dass die AfD als einzige Partei nicht eingeladen wurde, da die Werte dieser Partei nicht mit denen der WJ übereinstimmen. Bernd Westermeyer, Gesamtleiter der Schloss-Schule Salem, betonte in seiner Ansprache, dass es nicht nur für Wirtschaft und Politik wichtig sei, gemeinsam durch Zeiten der Krise zu kommen, um in eine positive Zukunft blicken zu können.

Geleitet wurde die Podiumsdiskussion von Britta Lorenzen, Expertin in der Moderation wirtschaftlicher Prozesse. Mit Martin Hahn (Die Grünen), Andreas Stoch (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP) und Raimund Haser (CDU) haben in diesem Jahr erneut Spitzenpolitiker an den Salemer Gesprächen teilgenommen. „Die neue Situation in diesem Jahr lässt einen neuen Blick auf das Wertefundament Ihrer Partei zu“, eröffnete Britta Lorenzen die Debatte, die rund fünf Monate vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg stattfand.

Die Themen, auf die Lorenzen die Politiker in der Diskussion durchaus kritisch ansprach, waren äußerst vielfältig. Die Pandemie verursachte im Jahr 2020 eine allgemeine Wirtschaftskrise, unter anderem auch in der Automobilindustrie und bei deren Zulieferern. Gleichzeitig wurden in diesem Zug die Themen KI (Künstliche Intelligenz) oder autonomes Fahren angesprochen. Martin Hahn sagte dazu: „Ich denke, es wird noch eine Weile dauern, bis ich mich im Feierabend autonom nach Hause fahren lassen kann.“ Dabei machte er dennoch auf die Wichtigkeit der Energiewende aufmerksam. Auch das Thema Arbeitsmarkt in der Zukunft wurde ausgiebig diskutiert. „Jungen Menschen ist es wichtig, eine gute Work-Life-Balance zu haben. Wenn sie für einen Job den Wohnort wechseln sollen, fordern sie im Gegenzug beispielsweise eine Vier-Tage-Woche“, erkärte Raimund Haser. Alle Politiker waren sich einig, dass sich die Interessen bei der Gestaltung der Arbeit bei der jungen Generation verändert haben. „Da wird lieber auf Geld und Statussymbole verzichtet, um mehr Freizeit zu haben“, so der allgemeine Tenor. Auch der Fachkräftemangel könne mittelfristig nur über Arbeiter aus dem Ausland behoben werden. Ein weiteres Thema war die Vorbildfunktion der Politik. „Wir müssen uns fragen: Wie kann die Politik die Wirtschaft mit ins Boot holen?“, sagte Hans-Ulrich Rülke.

Eine starke Wirtschaft ist nur mit qualifizierter Bildung möglich, daher wurde das Thema „Zukunft der Schulen“ angesprochen. Ob Lehrergehalt oder die weitere Digitalisierung – wichtig sei, dass die Gelder vom Bund auch bei den Schulen ankommen, so die Politiker. Weitere Themen der Diskussion waren die Stärkung von Gründerunternehmen sowie die des Mittelstands, das neue Lieferkettengesetz und auch die nächste Legislaturperiode ab 2021: „Da werden wir es mit einer Haushaltskrise zu tun bekommen“, waren sich die Politiker angesichts der herrschenden Pandemie einig.

Zum Abschluss fragte Britta Lorenzen, wo künftig ein besserer Dialog zwischen den Parteien und den Unternehmern stattfinden und was den Mittelstand weiter stärken könne. Andreas Stoch sagte dazu: „Die Menschen müssen sich auf der Höhe der Zeit halten können, dazu brauchen wir gute Bildungseinrichtungen. Unser funktionsfähiges Gemeinwesen steht in Zeiten der Pandemie vor einer Herausforderung.“ Raimund Haser betonte, dass „vor allem Zuwendungen für Kinder und Jugendliche wichtig sind und bleiben. Und wir brauchen allgemein mehr Wirtschaft in der Politik.“ Hans-Ulrich Rülke antwortete: „Unsere Wirtschaft braucht weiterhin konkurrenzfähige, gewinnbringende Geschäftsmodelle. Dafür ist Bildung die Voraussetzung, es braucht eine digitale Infrastruktur und zudem auch eine bessere Verkehrsinfrastruktur.“ Martin Hahn sagte abschließend: „Energie, Mobilität, Nachhaltigkeit, Sicherheit – das sind Themen, die uns beschäftigen werden. Wir müssen mutiger werden, auch in der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik.“ Anschließend tauschten sich die Anwesenden unter Einhaltung der Hygienegesetze bei einem lockeren „Meet & Greet“ aus, um die angesprochenen Themen zu vertiefen und neue Kontakte zu knüpfen.

Die Wirtschaftsjunioren sind Unternehmer und Führungskräfte unter 40 Jahren, die sich im Beruf engagieren und darüber hinaus etwas bewegen wollen. Mit rund 130 Mitgliedern aus allen Bereichen der Wirtschaft bilden sie den größten regionalen Verband von jungen Unternehmern, Führungskräften, Gründern und unternehmerisch denkenden Menschen in der Region. Alle weiteren Infos zu den Salemer Gesprächen gibt es online unter www.salemer-gespraeche.de sowie www.wj-bodensee.de