Pfänderbahn fährt seit 1927 auf den Bregenzer und Lindauer Hausberg – Lindau beteiligte sich an den Baukosten

Pfänderbahn fährt seit 1927 auf den Bregenzer und Lindauer Hausberg – Lindau beteiligte sich an den Baukosten
Mit der Pfänderbahn geht es seit 1927 auf den Hausberg der Bregenzer und Lindauer (Bild: Pfänderbahn)

Lindau/Bregenz – Besonders jetzt, während der Sommerferien träumt so mancher – natürlich nicht nur in Lindau – von einem herrlichen Sommertag mit strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen auf dem Pfänder, der eine märchenhafte Aussicht und jede Menge Unterhaltung bietet.  Am einfachsten lässt sich der Pfänder mit der Pfänderbahn erreichen.

Wir werfen einen Blick auf die wechselvolle Geschichte der Pfänderbahn, die erst im dritten Anlauf zum erfolgreichen Bau führte.

Viele Güter auf dem Pfänder gehörten dem Damenstift und der Reichsstadt Lindau – 1282 auf dem Pfänder Lindauer Recht angewandt

Auch wenn die Insulaner fast täglich ein unendliches Panorama mit vielen noch höheren und noch schöneren Bergen vor sich haben, einen Ausflug auf den 1064 Meter hohen Pfänder machen sie allemal gerne. Sie nennen ihn gar schlicht einfach „ihren Hausberg“ und haben mit dieser, wenn auch etwas übertriebenen Vorstellung, gar nicht so unrecht.

Immerhin gehörten im Laufe der Jahrhunderte auf dem Pfänderrücken manche Bauernhöfe, Mühlen und Waldungen der alten Reichsstadt oder dem gefürsteten Damenstift. Anno 1282 verlieh König Rudolf I. den sogenannten Freigütern, also den hochgelegenen, auf gerodetem Gelände befindlichen Bauernhöfen, das Recht der Reichsstadt Lindau.

Eine Fahrt mit der Pfänderbahn gehört auch heute noch zum alljährlichen "Pflichtprogramm" vieler Familien
Eine Fahrt mit der Pfänderbahn gehört auch heute noch zum alljährlichen „Pflichtprogramm“ vieler Familien (Bild: Pfänderbahn)

Der Pfänder – als Wandergebiet und Aussichtspunkt erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt und gewürdigt

Als Wandergebiet aber haben Bregenzer wie Lindauer den Berg erst viel, viel später entdeckt. Noch 1856 konnte ein unbekannter Autor in seinem schönen Büchlein „Der Bodensee und seine Umgebung“ schreiben: „Dieses herrliche, fast ganz isolierte Gebirge, der letzte westliche Ausläufer Vorarlbergischer und Allgäuer Berge, ist bis zur Stunde wenig bekannt und so viel ich weiß, noch in keinem Reisehandbuch beschrieben. So frommt es vielleicht manchem Touristen, besonders denen, welche in Lindau oder Bregenz eine Villegiatur machen, die romantischen Waldschluchten, die alten Ritterburgen, Kirchen und Kapellen, Wasserfälle, die schönen Aussichtspunkte und die freundlichen Wartestationen dieser Bergregion mit mir zu besuchen.“

Nun, auf das Recht der „Erstbesteigung“ in einem Reisehandbuch darf der Verfasser keinen Anspruch erheben, denn schon fünf Jahre zuvor war beim Lindauer Verlag Stettner ein „Neuer Führer um den Bodensee und zu den Burgen des Höhgaus (= Hegau)“ von Ottmar F.H. Schönhuth erschienen.

Die Aussicht vom Pfänder auf die umliegende Bergwelt gilt als eine der schönsten weit und breit
Die Aussicht vom Pfänder auf die umliegende Bergwelt gilt als eine der schönsten weit und breit (Bild: Pfänderbahn)

Darin heißt es über den Pfänder: „Freunden höherer Standpunkte ist noch eine Besteigung des Pfänders, des höchsten Berges der Gegend, zu empfehlen; sie werden für die Mühe des Steigens reichen Lohn im freiesten Ausblick oben finden. Hier eine alte Schanze und mehrere Bauernhöfe, wo man nach einem Sonnenuntergang oder in Erwartung eines Sonnenaufganges ein Nachtlager und ländliche Erquickung finden kann“.

Solche Beschreibungen aber waren tatsächlich zu jener Zeit eine Seltenheit. Selbst Gustav Schwab erwähnte in seinem 1840 erschienen interessanten Buche „Der Bodensee nebst dem Rheintale von St. Luziensteig bis Rheinegg“ den Pfänder nur ganz am Rande.

Erst 1869 in der „Wirtschaft auf dem Pfänder“ gutes Nachtlager angeboten – 1876 Hotel erbaut

Während sich die Schweden auf dem Pfänder während der Belagerung wohl mit einem Zeltlager zufrieden geben mußten, konnten gut 200 Jahre später Touristen eine feste Unterkunft finden. 1869 wird in einer Annonce des Lindauer Grenzboten in der „Wirtschaft auf dem Pfänder“ gutes Nachtlager angeboten. Sieben Jahre später wurde das Hotel erbaut, das aber bereits 1881 wieder versteigert werden mußte.

1972 brannte es ab, der heutige Neubau entstand. Um 1880 war es auch ohne Pfänderbahn möglich, den Pfändergipfel ohne Schweißtropfen zu „erklimmen“. Jedenfalls wurde damals angepriesen: „Sänften und Maultiere werden in Bregenz in Bereitschaft gehalten“, ja sie konnten sogar telefonisch abgerufen werden.

Ein imposantes Gebäude ist das mächtige Haus der Talstation, hier beim Bau 1926
Ein imposantes Gebäude ist das mächtige Haus der Talstation, hier beim Bau 1926 (Bild: Pfänderbahn)

1901 Empörung über erste Automobilfahrt auf den Pfänder – immer mehr wollten jetzt die Aussicht vom Pfänder genießen

Wen wunderte es, daß immer mehr wahre Heerscharen auf den Gipfel des Pfänders pilgerten. Empört stellten 1901 die Vorarlberger Landeszeitung und das Lindauer Tagblatt fest: „Auf den Pfänder fuhr letzten Sonntag ein Bregenzer mit einem Automobile! Auch auf anderen Bergen sind zum Schrecken der Touristen solche Fahrzeuge erschienen!“ Und weiter wurde gefragt: „Ob wohl eine solche Fahrt auf den Berg den gleichen Genuß bietet, wie eine frisch-fröhliche Wanderung per pedes apostolorum?“

Erst im dritten Anlauf wurde der Plan zum Bau einer Bahn auf den Pfänder verwirklicht

Als am 4. Dezember 1924 ein Ausschuß zum Bau einer Pfänderseilbahn gegründet wurde, war dies bereits der dritte Anlauf. Schon zu Beginn des Jahres 1907 hatte die Firma Jenny & Schindler in Kennelbach um die Konzession zum Bau und Betrieb einer mit „elektrischer Kraft betriebenen Zahnradbahn“ von Bregenz hinauf auf den Gipfel des Pfänders nachgesucht. Die Kosten in Höhe von 1.080.000 Kronen sollten teilweise durch den Verkauf von Aktien wieder hereinkommen. Zwei Jahre später war der Projektmacher Strub tot, die Ausführung also vorerst verhindert. Das nächste Mal sorgte der Ausbruch des 1. Weltkrieges für erneuten Stillstand.

40.000 Tonnen Baumaterial mussten die Erbauer auf den Berg schaffen. Hier das Gebäude der Bergstation
40.000 Tonnen Baumaterial mussten die Erbauer auf den Berg schaffen. Hier das Gebäude der Bergstation (Bild: Pfänderbahn)

Schließlich wurde nach dem Krieg ein neuer Anlauf unternommen, ein Ausschuß entstand. Bald konnten entsprechende Pläne vorgelegt werden. Bis zum Sommer 1925 lagen vier Entwürfe vor. Ein Vergleich mit der Seilschwebebahn Meran-Hafling hinsichtlich der Frequenz stand ebenfalls bereit. So kam es auch nicht von ungefähr, daß der Meraner Ingenieur L. Zuegg die Pläne für Berg- und Talstation entwarf. Eine Leipziger Firma nahm die Geländeüberprüfung und die Trassierung vor. Zum Wettbewerb eingeladen waren auch zwei Wiener Bergbahnfirmen. Dem Bregenzer Baurat U. Baur oblag die Überprüfung der Pläne sowie der Kostenberechnung.

Die Lindauer beteiligten sich spontan an diesem Projekt: Wirtschaft und Fremdenverkehr sollten damit angekurbelt werden

Als auch die Nachbarstadt Lindau eingeladen wurde, sich an dem Projekt zu beteiligen, sagte diese fast spontan zu. Oberbürgermeister Ludwig Siebert nannte als Gründe für eine Lindauer Beteiligung zum einen die nachbarschaftliche Verbundenheit, zum anderen wirtschaftliche Überlegungen: Der Fremdenverkehr sollte nach den Jahren des Krieges wieder möglichst schnell angekurbelt werden. Wie konnte das besser gelingen, als mit einer Bahn auf den Gipfel des Bregenzer und eben auch des Lindauer Hausberges.

Mit viel Optimismus wurde im Oktober 1926 mit dem Bau einer Seilschwebebahn begonnen 

Nach langer Diskussion konnte endlich mit dem Bau begonnen werden. Im Gegensatz zum ersten Anlauf 1907/1909 war der Optimismus, dieses Projekt auch tatsächlich verwirklichen zu können, jetzt ungleich größer. Es gab sogar Enthusiasten, die schon im voraus den zu erwartenden Fahrgast-Andrang mit dem auf die Zugspitzbahn verglichen.

Die ersten Gondeln waren gelb und fassten jeweils maximal 24 Personen
Die ersten Gondeln waren gelb und fassten jeweils maximal 24 Personen (Bild: Pfänderbahn)

Zunächst galt es aber, das Baumaterial nach oben zu bringen. Aus diesem Grund wurde innerhalb von sechs Wochen neben der Haupttrassenführung eine Materialschwebebahn gebaut. Nach und nach beförderte sie etwa 40.000 Kilogramm Baumaterial auf den Gipfel. Während dieser Zeit lief bereits der Erdaushub für die Talstation.

Im Oktober 1926 wurde mit dem Aufrichten der Stützen begonnen, die bis zu 14 Meter tief in den Boden gesetzt werden mußten. Mitte Januar 1927 war schließlich auch diese anstrengende Arbeit geschafft. Die fast fünf Zentimeter starken Seile konnten aufgezogen werden, das Einhängen der beiden Kabinen folgte. Jede Kabine faßte 24 Personen. Am 24. Januar 1927 waren die Montagearbeiten beendet.

Feierliche Einweihung am 20. März 1927 – unter den zahlreichen Honorationen waren auch Ehrengäste aus Lindau

Die Zeit der feierlichen Einweihung war herangerückt. Der 20. März 1927 wurde dazu auserwählt. Ganz Bregenz zeigte sich an diesem Sonntag im prächtigen Flaggenschmuck. Vor dem Hotel „Post“ waren sogar militärische Posten aufgezogen. Erwartete man doch zum Festakt hohe, ja höchste Gäste. Einer der ersten und zugleich der ranghöchste Ehrengast, war Österreichs Bundespräsident Dr. Hainisch, der bereits um 5 Uhr in der Früh mit dem Salonwagen angekommen war. In seiner Begleitung befand sich der österreichische Handelsminister und der deutsche Gesandte in Wien, Graf Lerchenfeld. Den militärischen Glanz lieferte das vierte Bataillon der Alpenjäger.

Viel Prominenz hatte sich am Tag der Eröffnung, am 20. März 1927, in Bregenz eingefunden. Unter ihnen auch der damalige österreichische Bundespräsident Dr. Michael Hainisch
Viel Prominenz hatte sich am Tag der Eröffnung, am 20. März 1927, in Bregenz eingefunden. Unter ihnen auch der damalige österreichische Bundespräsident Dr. Michael Hainisch (Bild: Pfänderbahn)

Aus Lindau waren Oberbürgermeister Ludwig Siebert, Bürgermeister Karl Sting, sowie mehrere Stadträte nach Bregenz gekommen. Unter den zahlreichen Besuchern waren natürlich auch viele schaulustige Lindauer.

Um 10.30 Uhr schwebte die erste Pfänderbahn auf den Gipfel: Die Aussicht auf die Bodenseelandschaft und auf die Insel Lindau haben die Fahrgäste als „ganz wundervoll“ bezeichnet

Das eigentliche Ereignis konnte beginnen. Pünktlich um 10.30 Uhr schwebte die erste gelbe Gondel der lachenden Sonne entgegen. Siebenmal mußte sie ihren Weg nehmen, erst dann waren die geladenen Gäste auf dem Gipfel, nicht ohne zuvor schon für sieben Minuten die herrliche Aussicht auf den See und die Bodenseelandschaft genossen zu haben.

Der mitfahrende Journalist des Lindauer Tagblattes notierte sich dabei: „Die Insel Lindau mit den mannigfachen Türmen war ganz wundervoll“.

In nur sieben Minuten schwebten die Gondeln mit den Ehrengästen auf den Pfänder auf 1064 Meter Seehöhe
In nur sieben Minuten schwebten die Gondeln mit den Ehrengästen auf den Pfänder auf 1064 Meter Seehöhe (Bild: Pfänderbahn)

Oben stand für die Gäste ein erfrischendes Frühstück bereit. Nachdem sie sich „die Brust vollgesogen hatten mit gesunder Bergluft, Auge und Herz sich ergiebig an dem Geschauten erfreut hatten“, gondelte die Festgesellschaft zurück ins Tal. Damit war das Fest aber natürlich noch lange nicht zu Ende. Um 14.00 Uhr traf man sich nämlich im Festsaal des „Deutschen Hauses“ zu einem Festbankett.

Erwartungen erfüllt: Nach fünf Jahren Betrieb 1932 eine Million Fahrgäste auf den Pfänder befördert

Schon am 17. April des Eröffnungsjahres wurde der 10.000. Fahrgast befördert. Fünf Jahre später, am 21. August 1932, wurde der millionste Fahrgast begrüßt. Man hatte sich also in den Erwartungen nicht getäuscht.

1939 behaupteten die Nationalsozialisten allerdings unter der Überschrift „Fehlbetrag wandelt sich in hohen Gewinn“ in der Lindauer Nationalzeitung, um den Gewinn sei es in den letzten Jahren nicht mehr so gut gestanden. Erst 1938, nach dem „Jahr der Heimkehr der Ostmark ins Reich“, hätte die Pfänderbahn eine „Verkehrssteigerung von 169 Prozent gegenüber 1937“ zu verzeichnen gehabt. Daß der Fremdenzustrom aus dem Reich allerdings seit 1935 praktisch völlig zum Erliegen gekommen war, wird nur ganz am Rande erwähnt.

Bereits im Eröffnungsjahr nutzten über 10.000 Fahrgäste die neue Seilbahn
Bereits im Eröffnungsjahr nutzten über 10.000 Fahrgäste die neue Seilbahn (Bild: Pfänderbahn)

Als aufgrund des Abkommens vom 11. Juli 1936 die reichsdeutschen Gäste plötzlich wiederkamen, war es kein Wunder, daß die Gondeln an diesem Tag reich geschmückt auf den Pfänder schwebten. Jetzt nämlich konnte man wieder hinreichend Fahrgäste erwarten. Immerhin wurde 1941 die zweite, 1943 die dritte Besuchermillion gezählt.

Aufschwung ging nach dem Krieg weiter: 1963 der zehnmillionste Fahrgast gezählt – Pfänderbahn an der Spitze aller österreichischer Seilbahnen

Auch nach dem Krieg ging es mit der Pfänderbahn weiter aufwärts. Bereits im Februar 1947 wurde der viermillionste Fahrgast gezählt. Im Juli 1963 wurden gar die zehn Millionen überschritten. 1964 stand die Pfänderbahn in dieser Hinsicht an erster Stelle unter den österreichischen Seilbahnen.

(Bild: Pfänderbahn)

Wäre das Projekt schon – wie ursprünglich vorgesehen – im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts verwirklicht worden, dann wären wahrscheinlich auch drei weitere Gemeinden daran beteiligt gewesen: Aeschach, Hoyren und Reutin. So aber wurden diese 1922 nach Lindau eingemeindet. Damals, als sie noch selbständig waren, zeigten sie an einer Beteiligung und natürlich auch am Nutzen der Bahn ebenfalls großes Interesse.

Kapitalkräftige Lindauer Bürger legten ihr Geld in Pfänderbahnaktien an

Aber nicht nur Gemeinden bekundeten aktives Interesse. So mancher Privatmann kaufte ebenfalls Aktien, so 1907 Kommerzienrat Leopold König (seit 1909 Russischer Staatsrat mit dem Prädikat „Exzellenz“), der Besitzer von Schloß Alwind, der für 60.000 Kronen zeichnete. Sein Geld verdiente er als russischer Großindustrieller und wurde „Zuckerkönig“ genannt.

Zwei weitere kapitalkräftige Aktionäre legten 15.000 Kronen an. Als Vorsitzender des Bodensee-Gasthofverbandes gehörte auch der Lindauer Hotelier Späth dem ersten Komitee von 1907 an, ebenso wie Bürgermeister Heinrich Schützinger als Vorsitzender des Bodenseeverkehrsvereins.