OB Brand und MCB-Chef Klöckner irritiert über Minister Lucha

OB Brand und MCB-Chef Klöckner irritiert über Minister Lucha
Oberbürgermeister Andreas Brand und MCB Geschäftsführer Frank Klöckler. (Bilder: Sabine Kunzer/Stadt Friedrichshafen/MCB)

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Friedrichshafen – Aus der Sitzung des Kreistags Ravensburg wurde am Donnerstag berichtet, dass Gesundheitsminister Manne Lucha sich überaus kritisch zur Krankenhauslandschaft Bodensee-Oberschwaben geäußert habe. Außerdem habe der Minister seine eigene Vision zu Fusionen, Schließungen und Spezialisierungen präsentiert. In Friedrichshafen ist man höchst irritiert über das Vorgehen, die Aussagen und die Wortwahl.

Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand, zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats Klinikum Friedrichshafen, und Franz Klöckner, Geschäftsführer des Medizin Campus Bodensee mit Klinikum Friedrichshafen und Klinik Tettnang wurden am Donnerstagabend unter anderem über Medienvertreter über die Aussagen des Ministers informiert.

„Es ist schon ungewöhnlich, dass die Vorstellungen des Ministers über unsere Kliniken im Kreistag Ravensburg vorgestellt werden, das löst bei uns durchaus großes Befremden aus – sowohl über Inhalt, Stil als auch Ton“, betont OB Brand. „Wir gehen davon aus, dass sich Minister Lucha, der erst vor wenigen Tagen im Klinikum Friedrichshafen zu Gast war, sehr bald auch vor unseren Gremien konkret und sachlich zu seinen Plänen äußern wird. Dazu habe ich ihn eingeladen.“ Auch für Klöckner waren die Ideen zu Friedrichshafen und Tettnang neu: „Bisher liegen uns keine offiziellen Stellungnahmen oder konkrete Überlegungen des Ministeriums vor.“

Ohne Grundlage: MCB-Verbund als Teil der OSK

Insbesondere die Aussage des Ministers, dass der Klinikverbund Medizin Campus Bodensee (MCB) mit den Kliniken Friedrichshafen und Tettnang Teil des Oberschwabenklinik-Verbunds (OSK) werden solle, ist für beide nicht nachvollziehbar. Falsch sei, dass OSK und MCB seit Monaten hinter verschlossenen Türen über eine Fusion verhandeln würden.

Richtig ist, dass sich die Aufsichtsräte beider Häuser zu einer gemeinsamen Sitzung im Juli 2021 in Weingarten getroffen haben. Es war das erste gemeinsame Treffen beider Gesellschaften. Konkret wurde dabei beschlossen, eine gemeinsame, zentrale Sterilgut-Aufbereitung zu planen und zu bauen. Auf der Ebene der Geschäftsführungen beider Häuser wurde dieses Projekt entwurfsreif vorbereitet. Die zentrale Sterilgut-Aufbereitung soll am Klinikum Friedrichshafen gebaut werden.

Das Gesundheits- und Sozialministerium ist in die Planungen konkret eingebunden und beteiligt. Die Zuschussanträge für dieses gemeinsame Projekt liegen dem Gesundheitsminister seit Oktober 2021 vor.

Dass die beiden Verbünde zusammenarbeiten, sei also kein Geheimnis: MCB und OSK sind zudem beide Gesellschafter der Gesundheitsakademie Bodensee-Oberschwaben. Allerdings gebe es weder auf politischer Ebene, auf Ebene der Gesellschafter oder der Geschäftsführungen Gespräche darüber, dass MCB und OSK unter dem Dach des OSK-Krankenhausverbundes im Landkreis Ravensburg vereint werden sollen.

Klinik Tettnang mit Landesmitteln modernisiert

Auch die Aussage Luchas, die Klinik Tettnang solle geschlossen werden, stößt auf Unverständnis: Die Klinik Tettnang ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung und als solches im Krankenhaus-Bedarfsplan des Landes Baden-Württemberg verankert. „Die Klinik Tettnang ist seit mehr als 50 Jahren eine verlässliche Größe in der Krankenhauslandschaft: Die Geburtshilfe, die zertifizierten Zentren der Klinik und nicht zuletzt der neue OP, den das Land mit mehr als 4,5 Millionen Euro gefördert hat und der vor einem Jahr in Betrieb ging, machen das Haus zukunftsfähig und sichern die Versorgung vor Ort“, betont Klöckner.

Neubau fürs Klinikum Friedrichshafen

In der Kreistagssitzung soll Lucha sich für einen „kleineren Neubau“ in Friedrichshafen ausgesprochen haben. „Was sich Minister Lucha darunter vorstellt, entzieht sich leider unserer Kenntnis“, sagt Brand. „Minister Lucha hat öffentlich immer wieder von zwei Zentralversorger-Krankenhäusern in der Region gesprochen, eines in Ravensburg und eines in Friedrichshafen. Diese Zusage muss weiterhin gelten.“ Auch Klöckner betont: „Ich weiß leider nicht, was Minister Lucha mit einem kleinen Krankenhaus meint. Denkt er an 500 Betten oder 1000 Betten oder 120 Betten – wobei Krankenhäuser dieser Größe hält Minister Lucha ja nicht für überlebensfähig.“

Der MCB arbeite jedenfalls an seiner Medizinstrategie 2030, so Klöckner: „Daraus ergeben sich dann unsere Visionen in Sachen Um-, Aus- oder Neubau des Klinikums Friedrichshafen. Den Auftrag dazu erteilte uns der Hauptgesellschafter des Klinikums Friedrichshafen, die Stadt Friedrichshafen – und daran arbeiten wir intensiv.“

Schließung 14 Nothelfer in Weingarten

Neben den Visionen habe sich laut Berichterstattung Minister Lucha in der Kreistagssitzung auch zur Vergangenheit geäußert und die Übernahme des Krankenhauses 14 Nothelfer durch den MCB als „größten Kardinalfehler“ und „Schwachsinn“ bezeichnet.

Sowohl Brand als auch Klöckner möchten die Wortwahl des Ministers nicht weiter kommentieren. Inhaltlich teilen sie dessen Sichtweise nicht: „Rückwärts betrachtet sind wohlfeile Ratschläge immer einfach: Zum Zeitpunkt der Übernahme von 14 Nothelfer in Weingarten war die Entscheidung gründlich abgewogen und richtig“, sagt Brand. In der Vergangenheit hätten das Gesundheitsministerium und die Landesregierung den Kurs des kommunalen Klinikverbundes MCB stets positiv begleitet. Gerade im Zuge der Übernahme habe man mit dem Land zahlreiche Gespräche geführt – Kritik sei damals keine geäußert worden, ganz im Gegenteil, 14 Nothelfer war fester Teil des Krankenhausbedarfsplans des Landes.

Noch im Jahr 2017 hatte sich der Minister sehr wohlwollend zur Ausrichtung von MCB und OSK geäußert. Bei einem Gespräch mit Vertretern des Presseclubs „Netzwerk Kommunikation“ bezeichnete er beide Verbünde „als vorbildlich“ (Südkurier, 29.10.2017).

Ablenkungsmanöver?

„Es scheint fast, als wolle der Minister mit seinem Vorstoß im Kreistag Ravensburg ablenken von den akuten und aktuellen Problemen der landesweiten Pandemiebekämpfung, von der schleppenden Impfkampagne bis hin zum 2G+-Chaos vom Wochenende“, vermutet Klöckner.

Für Stadt und MCB, die Mitarbeitenden und die Bevölkerung in Friedrichshafen, Tettnang und im Bodenseekreis kommen die Aussagen jedenfalls völlig zur Unzeit: „Minister Lucha verursacht mit diesen Aussagen eine unnötige Hektik vor Weihnachten und mitten in der vierten Pandemie-Welle. Die Mitarbeitenden der Krankenhäuser sind maximal angespannt und erschöpft nach 20 Monaten Corona-Pandemie-Bewältigung und stellen sich dennoch täglich der kaum zu bewältigenden Arbeit“, betont Klöckner „Ganz abgesehen davon, dass dringend gesuchte Pflegekräfte, die sich vielleicht für eine Stelle zum Beispiel in der Klinik Tettnang interessieren, nun vielleicht einen Rückzieher machen.“ Was solche Aussagen mit erschöpften und dünnhäutig gewordenen Kolleginnen und Kollegen machen, könne sich wohl jeder denken und sollte einem Gesundheits- und Sozialminister bewusst sein.

Einladung zum Gespräch

„Wir setzen das Gespräch mit Minister Lucha wie in der Vergangenheit auch fort. Es ist das gemeinsame Ziel von Stadt und Land gleichermaßen, eine gute Krankenhausversorgung in der Stadt, dem Bodenseekreis und der Region sicherzustellen. Das schaffen wir am besten miteinander“, so Brand.  Das Klinikum Friedrichshafen werde die durch den Minister aufgeworfenen Fragen und Irritationen klar- und richtigstellen: „Der Minister kann gerne seine Ideen eines starken Klinikums Friedrichshafen vorstellen und mit uns diskutieren – so wie in Ravensburg auch. Klare Förder- und Planungszusagen sind für die Gesundheitsversorgung der Menschen vor Ort wichtig.“

Positiv bewertet OB Brand die Haltung des Ministers, den Bodenseekreis in die solidarische Mitverantwortung für die Krankenhäuser einzubeziehen. Das gehe am besten mit sinnvoller Zusammenarbeit, starken Häusern vor Ort, weiterhin enger Abstimmung und Unterstützung durch das Sozial- und Gesundheitsministerium, abgestimmten medizinischen Konzepten sowie unternehmerischer und gesellschaftlicher Eigenverantwortung der OSK und des MCB.

(Pressemitteilung: Stadt Friedrichshafen)