Niedrige Impfquote und der Personalverlust an Kliniken sorgen für Probleme

Wegen den steigenden Coronazahlen schalten die Kliniken auf Notbetrieb um.
Wegen den steigenden Coronazahlen schalten die Kliniken auf Notbetrieb um. (Bild: picture alliance / ROBIN UTRECHT | ROBIN UTRECHT)

Die erneute, mit großer Wucht auftretende Pandemie, bestimmt zunehmend die Nachrichten. Die Fallzahlen gehen durch die Decke, die Kliniken schalten auf Notbetrieb um, die Intensivstationen sind weitestgehend ausgelastet, planbare OP-Termine werden verschoben. Jetzt stellt sich die Frage, ob es vorausschauend genug war, dass kleinere Krankenhäuser geschlossen wurden. Hier könnten jetzt u. a. die Regelversorgung von Patienten und Operationen durchgeführt werden. Zu den Betroffenen zählen u. a. Krebspatienten.

Das Wochenblatt fragte bei MdL Andrea Bogner-Unden (Bündnis 90/Die Grünen) und MdL Thomas Dörflinger (CDU) nach, warum die Landesregierung nicht das Kliniksterben stoppt. Auch wollten wir wissen, warum sich die Fürsorgepflicht des Staates scheinbar weitgehend auf Corona-Patienten reduziert, während andere Patienten derzeit Schwierigkeiten haben, stationär in eine Klinik aufgenommen werden zu können.

Bogner-Unden ruft zur Impfung auf

In ihrer Antwort bekennt Bogner-Unden, dass sie Verständnis für Erkrankte hat, die nicht unter Corona leiden: „Ich kann die Nachfrage sehr gut verstehen, auch ich habe bereits im nahen Bekanntenkreis die Erfahrung gemacht, dass eine zeitnahe Krankenhausversorgung sich aufgrund der schwierigen derzeitigen coronabedingten Lage als Herausforderung erwiesen hat und das verursacht bei mir ein ungutes Gefühl.“

Auch zur aktuellen Situation im Landkreis Sigmaringen bezieht sie eine deutliche Position: „Sicherlich ist die Gesundheits- und Krankenhausversorgung im Landkreis Sigmaringen verbesserungswürdig, ich stehe daher im ständigen Austausch mit dem Landkreis, der für die Versorgung zuständig ist und auch mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Gleichzeitig treffe ich mich regelmäßig mit Mediziner*innen, um mögliche Unterstützungen vonseiten des Landes zu eruieren.“

MdL Andrea Bogner-Unden (Bündnis 90/Die Grünen)
MdL Andrea Bogner-Unden (Bündnis 90/Die Grünen) (Bild: Dennis Williamson)

Die Abgeordnete nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, die Gründe für diese ungute Situation zu benennen: „Mir ist aber wichtig zu betonen, dass die derzeitige prekäre Situation vor allem damit zusammenhängt, dass so viele Menschen in unserem Land nicht geimpft sind. Sie sind es, die derzeit Intensivbetten blockieren und verhindern, dass notwendige Untersuchungen und Operationen für schwerkranke Menschen nicht durchgeführt werden. Daher kann ich nur noch einmal an die Solidarität aller appellieren und dringend zum Impfen auffordern. Ich selbst habe heute meine weitere Auffrischimpfung erhalten.“

Größtes Problem ist der Rückgang beim Personalbestand

Dörflinger weist in seiner Antwort auf das Für und Wider einer wohnortnahen Versorgung hin: „Wie aus vielen Gesprächen mit mir bekannt ist, trete ich für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung ein, die eine Spezialisierung notwendig macht. Es ist unbestritten, dass die Behandlungsqualität in Kliniken, die viele gleichartige Behandlungen durchführen, besser ist. Zudem stelle ich fest, dass die Patienten auf Grund der gestiegenen Mobilität bei planbaren Operationen unabhängig, von der räumlichen Nähe gezielt ein Krankenhaus wählen, das gute Ergebnisse erwarten lässt. Im Ergebnis brauchen wir daher die richtige Balance zwischen Qualität und Erreichbarkeit, gerade auch im ländlichen Raum.“

Der Abgeordnete verweist auch darauf, dass die Zahl der aufgestellten Betten in den Jahren 2010 bis 2019 um 4,5 Prozent abgenommen habe. Gleichzeitig, so Dörflinger, sei allerdings auch die Zahl der Behandlungstage in den Krankenhäusern um 3,7 Prozent zurückgegangen. Seiner Meinung nach habe der Strukturwandel bei den Krankenhäusern allenfalls in sehr geringem Umfang zu einem Abbau von verfügbaren Behandlungskapazitäten geführt.

MdL Thomas Dörflinger (CDU)
MdL Thomas Dörflinger (CDU) (Bild: privat)

Wie seine Landtagskollegin Bogner-Unden sieht er die Gründe für die aktuelle Entwicklung beim Impfstatus der Bürger*innen: „Die aktuellen Herausforderungen resultieren dementsprechend nicht aus einer unzureichenden Zahl an Krankenhäusern oder Krankenhausbetten, sondern aus dem viel zu hohen und vermeidbaren Zulauf in die Kliniken auf Grund der schlechten Impfquoten.

Der am stärksten limitierende Faktor stellt nicht die Anzahl der allgemeinen Krankenhausbetten dar, sondern die Anzahl der Pfleger*innen. Da haben wir heute etwa 15 Prozent weniger Personal als vor 12 Monaten, weil in der Zwischenzeit unter den anhaltenden Lasten der Corona-Pandemie, das für den Betrieb der Intensivbetten erforderliche Personal durch Arbeitszeitreduzierung, Versetzung oder Kündigung entsprechend abgenommen hat. Dennoch stehen uns aktuell immer noch rund 10 Prozent mehr Intensivbetten zur Verfügung als im Frühjahr 2020 zu Beginn der Pandemie.“

Dass der Staat seine Fürsorgepflicht auf Corona-Patienten „reduziert“, weist Dörflinger zurück: „Vielmehr ist er auf Grund der aktuellen Entwicklung, die vor allem aus einer unzureichenden Impfquote resultiert, gezwungen, einen besonderen Fokus darauf zu legen, wie die überbordenden Versorgungslasten so verteilt werden können, dass es in möglichst geringem Umfang zu einer Vernachlässigung einzelner Patientengruppen kommt.“