Einige Schmetterlinge sind vom Aussterben bedroht und der Wald ist es vom Klimawandel. Im Forstbezirk Ulmer Alb will ein Projekt nun beide Probleme angehen – mit einem Kahlschlag.
Im Forstbezirk Ulmer Alb läuft derzeit ein auf den ersten Blick ungewöhnliches Naturschutzprojekt: ein Kahlhieb. Mit einem von der Hochschule für Forstwirtschaft erarbeiteten Konzept sollen bedrohte Schmetterlingsarten im Revier Ingstetten bei Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) gefördert werden. Ganz nebenbei solle dadurch auch der Umbau zum klimastabilen Wald gelingen, sagte der stellvertretende Leiter des Forstbezirks, Daniel Nägele.
Die Schmetterlingsarten sind angewiesen auf Lichtflächen im Wald. Doch die kommen inzwischen kaum noch vor, weil stets nachgeforstet wird. «Vor 60 Jahren war das ganz normal, da gab es immer eine Kahlschlagfläche», schilderte der Förster. In der Natur kämen solche Areale ohne hohe Bäume etwa nach einem Sturm vor.
Solche Flächen brauche zum Beispiel der Blauschwarze Eisvogel, erklärte Heiko Hinneberg von der Hochschule. Dieser Schmetterling sei besonders schützenswert. «Den gibt es in Deutschland nur noch auf der Schwäbischen Alb», sagte der Geoökologe. Speziell auf den Blauschwarzen Eisvogel und das Platterbsen-Widderchen sei das Schutzkonzept ausgelegt.
Aber weit mehr Arten profitieren dem Experten zufolge davon. Darunter etwa der bedrohte Silberfleck-Perlmuttfalter, aber auch Reptilien und andere Insekten. Wer einen Blauschwarzen Eisvogel erspähen wolle, müsse sich aber noch ein wenig gedulden, meinte Hinneberg. Noch entwickle sich der Schmetterling, erst gegen Ende Juni oder in der ersten Juliwoche könne man ihn fliegen sehen.
«Der Forst ist vorbildlich, aber das ist völlig unattraktiv für Schmetterlinge», sagte Hinneberg. Auf einer geräumten Fläche könnten gut 30 Schmetterlingsarten vorkommen, schilderte er. Auf einer nicht geräumten seien es dagegen nur ein bis zwei Arten.
Für den Blauschwarzen Eisvogel sei die Rote Heckenkirsche wichtig. Nur dort könne er seine Eier ablegen, und auch nur dann, wenn Sonne auf die Pflanze scheine. Rote Heckenkirsche wachse gern bei Fichten. Weil in dem Forstrevier noch viele erntereife Fichten stünden, eigne es sich ideal für den Schutz der Schmetterlinge.
Aus forstwirtschaftlicher Perspektive komme hinzu, dass der Klimawandel Fichten besonders zusetze, erklärte Nägele. Deswegen werde der Wald zum Mischwald umgebaut. Wenn die Bäume gefällt wurden, wachsen auf der Fläche vor allem Pflanzen, die die bedrohten Schmetterlinge zur Eiablage brauchen.
Zwei bis drei Jahre halte man die bis zu anderthalb Hektar großen Flächen mager, bis ein Mischwald nachwachsen dürfe. Dann werde die nächste Fläche geräumt. Sie darf nicht weit von der vorherigen entfernt sein, so dass die Schmetterlinge dorthin umsiedeln und so weiterhin ein passendes Habitat finden können. Angelegt ist das Projekt für zehn Jahre, Nägele rechnet mit Kosten von etwa 10.000 Euro jährlich. Der Förster betonte das rotierende System. «Wir betreiben keinen Käseglocken-Naturschutz.»