Nach der Wahl ist vor der Wahl: Kirche stimmt neu ab

Ein Kreuz im Logo der evangelischen Landeskirche in Württemberg steht auf einer Fotowand.
Ein Kreuz im Logo der evangelischen Landeskirche in Württemberg steht auf einer Fotowand. (Bild: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild)

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Die württembergische Landeskirche tut sich fast schon traditionell schwer, wenn es um die Wahl eines neuen Bischofs geht. Das liegt an der Zusammensetzung des Kirchenparlaments. Auch die Wahl einer Nachfolge für Landesbischof Frank Otfried July wird zur Hängepartie.

Stuttgart (dpa/lsw) – Nach der zunächst erfolglosen Wahl eines neuen württembergischen Landesbischofs am Donnerstag ist unklar, wie es in der Landessynode weitergehen wird. In der Nacht sollte der Nominierungsausschuss beraten, ob die Wahl komplett vertagt oder am Freitag erneut abgestimmt wird. Über das weitere Vorgehen will die Kirche erst am Vormittag entscheiden, sagte Sprecher Dan Peter. Der Ausschuss kann in den neuen Wahlvorschlag bereits zuvor Kandidierende ebenso aufnehmen wie einen Kompromisskandidaten.

Am Vortag war die Abstimmung zur befürchteten Hängepartie geworden. Nach vier Wahlgängen und stundenlangen Beratungen hatte keiner der drei Kandidierenden der fraktionsähnlichen Gesprächskreise in der Synode eine ausreichende Zahl von Vertretern von sich überzeugen können.

Im vierten Wahlgang hatte auch der letzte noch verbliebene Kandidat, Gottfried Heinzmann, nur 44 der 86 anwesenden Synodalen auf seine Seite gebracht, weitere 42 gaben ungültige Stimmzettel ab. Für die vorgeschriebene Zwei-Drittel-Mehrheit hätte er allerdings 58 Stimmen benötigt. Heinzmann war als Kandidat der konservativen «Lebendigen Gemeinde» angetreten und hatte auch die für einen modernen Pietismus stehende «Kirche für Morgen» auf seiner Seite.

Sein Gesprächskreis zeigte sich nach der Wahl unversöhnt und kritisierte, Heinzmann sei die Wahl «am Ende verweigert» worden. «Meiner Wahrnehmung nach haben «Offene Kirche» und «Evangelium und Kirche» die Wahl am Ende blockiert», warf der Vorsitzende der pietistisch geprägten «Lebendigen Gemeinde» den anderen beiden Kreisen vor. Heinzmann habe in allen Wahlgängen die meisten Stimmen bekommen und den größten Rückhalt in der Synode, sagte der Pfarrer aus Grottbottwar.

Nach dem Rückzug des anfangs unterlegenen Ulmer Dekans Ernst-Wilhelm Gohl war am Donnerstag im dritten Wahlgang auch die Tübinger Pfarrerin Viola Schrenk ausgeschieden. Damit hatte im vierten Durchgang nur noch Heinzmann, der Chef eines diakonischen Unternehmens ist, zur Wahl gestanden.

Die Landeskirche sucht eine Nachfolge für den amtierenden Landesbischof Frank Otfried July, der im Juli die Altersgrenze von 68 Jahren erreicht. Er war 2005 bereits im ersten Wahlgang ins Amt gewählt worden. Der künftige Amtsinhaber wird für eine Amtszeit von zehn Jahren gewählt und am 24. Juli in Stuttgart ins Amt eingeführt. Er wird Oberhirte für rund 1,9 Millionen Protestanten in Württemberg.

Die Interessen der württembergischen Landessynode sind in sogenannte Gesprächskreise aufgeteilt. Die beiden großen Gruppierungen, die «Lebendige Gemeinde» und die liberale «Offene Kirche», besitzen Sperrminoritäten. Schrenk galt als Kandidatin der «Offenen Kirche», Gohl war für die Gruppierung «Evangelium und Kirche» dabei.