Mit dem SHW-Wagen kehrt ein Stück Industriegeschichte nach Friedrichshafen zurück

Der SHW_Wagen aus dem Jahr 1925 steht seit Donnerstag im Zeppelin Museum.
Der SHW_Wagen aus dem Jahr 1925 steht seit Donnerstag im Zeppelin Museum. (Bild: Zeppelin Museum)

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Seit Donnerstag steht der SHW-Wagen mit Aluminiumkarosserie, ein Kleinwagen der Firma Schwäbische Hüttenwerke GmbH aus dem Jahr 1925, auf Friedrichshafener Boden. Das Deutsche Museum München, in dessen Sammlung er sich regulär befindet, stellt ihn dem Zeppelin Museum als langfristige Leihgabe zur Verfügung.

Zunächst reiht er sich in der Zeppelinhalle neben den Maybach Zeppelin von 1938 und den Gaylord Zeppelin von 1957 ein, wodurch sich nach Jürgen Bleibler, Leiter der Abteilung Zeppelin und Techniksammlung, die Friedrichshafener Automobilgeschichte im Zeppelin Museum in idealer Weise schließt. Ab dem 26. Mai 2023 wird der SHW-Wagen anschließend in der Ausstellung Into the deep. Minen der Zukunft als Großexponat im Themenfeld Aluminium in einer mit Spiegelfolie verkleideten Nische integriert und dadurch nochmals aus neuen Blickwinkeln zu begutachten sein.

Nach dem Ende der Hochrüstung des Krieges Anfang der 1920er Jahre vereinigte der Zeppelin-Konzern drei Kernkompetenzen auf sehr hohem Niveau: Leichtmetallbau, Antriebstechnik und Aerodynamik. Für die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) war es naheliegend, aufgrund der großen Erfahrungen im Leichtmetallbau, auf Automobilkarosserien, Seilbahngondeln oder den Behälterbau zu setzen.

Mit seinem ZF-Soden Getriebe und der LZ-Aluminiumkarosserie ist der SHW-Wagen der Schwäbische Hüttenwerke GmbH ein besonders aussagekräftiges Objekt für die Umorientierung des Zeppelin-Konzerns auf neue Marktsegmente nach Ende des Ersten Weltkriegs. Er deckt außerdem gleich zwei der Kernkompetenzen ab, worin seine große Bedeutung für die Industriegeschichte Friedrichshafens liegt.

Damit ist der SHW-Wagen auch ein Objekt, das fest in die zukünftigen Planungen des Zeppelin Museums für eine Ausweitung und Neukonzeption der Technik- und Innovationsgeschichte im Hafenbahnhof im Zuge des Erweiterungsbaus des neuen Kunstmuseums eingebunden wird: „In idealer Weise ergänzt er den Maybach Zeppelin von 1938 und den Gaylord Zeppelin von 1957 zu einer geschlossenen Friedrichshafener Automobilgeschichte“, so Jürgen Bleibler, Leiter der Abteilung Zeppelin und Techniksammlung.

„Zu verdanken haben wir diese besondere Leihgabe der sehr großen Offenheit aller beteiligten Kollegen am Deutschen Museum in München, die unserer Anfrage von Anfang an sehr positiv gegenüberstanden und sich jetzt mit uns freuen, dass dieses Objekt mit seinem engen Bezug zu Friedrichshafen im Zeppelin Museum gezeigt werden kann“. Der Leihvertrag läuft zuerst für drei Jahre und kann dann um jeweils drei Jahre weiter verlängert werden.

Der Experimentalwagen der Schwäbische Hüttenwerke GmbH (SHW) von 1925

Um nach dem Ersten Weltkrieg in den Automobilbau einzusteigen, erwarb die Schwäbische Hüttenwerke GmbH (SHW) die Aktienmehrheit eines ehemaligen Flugzeugwerks in Böblingen, das inzwischen auf Kleinmotoren umgestellt hatte. Wunibald Kamm, Direktor des Werkes und in den 1930er Jahren einer der einflussreichsten Automobilkonstrukteure Deutschlands, entwickelte das innovative Automobil.

Der SHW-Wagen verfügte über seinerzeit sehr fortschrittliche technische Merkmale wie Frontantrieb, Einzelradaufhängung und ein Vierradbremssystem. Dazu kamen als Komponenten aus dem Zeppelin-Konzern in Friedrichshafen das 4-Gang-Soden-Vorwahlgetriebe und die selbstragende Karosserie aus Aluminium, die von der Luftschiffbau Zeppelin GmbH (LZ) beigesteuert wurde.

Der als Kleinwagen des unteren Preissegments auf der Automobilausstellung in Berlin 1925 vorgestellte SHW-Wagen hatte eine Leermasse von 700 kg. Ein Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor mit einer Leistung von 36 PS, der von der Waffenfabrik Mauser in Serie gefertigt werden sollte, gab ihm eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h.

Gebaut wurden drei Prototypen, von denen sich einer seit 1937 in der Sammlung des Deutschen Museums München befindet. Um das Innenleben offen zu legen, wurde die Karossiere auf der linken Seite aufgeschnitten. Anfang der 1980er Jahre befand sich der SHW-Wagen daher in einem sehr schlechten Zustand. Die Lehrwerkstatt von BMW komplettierte von 1985 bis 1987 die Karosserie im Rahmen einer aufwändigen Restaurierung.

(Pressemitteilung: Zeppelin Museum Friedrichshafen)