Mariotte-Glocker-Haus: Das Konzept geht auf

Über die Eröffnung des Mariotte-Glocker-Hauses freuten sich (von links): Landrat und Aufsichtsratsmitglied Dr. Heiko Schmid, die Heimleitungen Martina Nunnenmacher und Dr. Paul Lahode sowie Bürgermeister Achim Deinet.
Über die Eröffnung des Mariotte-Glocker-Hauses freuten sich (von links): Landrat und Aufsichtsratsmitglied Dr. Heiko Schmid, die Heimleitungen Martina Nunnenmacher und Dr. Paul Lahode sowie Bürgermeister Achim Deinet. (Bild: ZfP Südwürttemberg)

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Bad Schussenried (ZfP) – 90 Bewohnende haben nun ein neues Zuhause, mehr als 20 Gäste der Tagesförderstätte einen neuen Beschäftigungsort: Aus dem Abt-Siard-Haus erfolgte kürzlich der Umzug in das neue Fachpflegeheim Mariotte-Glocker-Haus in die Stadtmitte.

Drei Stockwerke hoch, Platz für sechs Wohngruppen mit Einzelzimmern, ein beschützter Garten mit Blick auf das historische Kloster – das neue Fachpflegeheim des ZfP Südwürttemberg setzt neue Maßstäbe in der Heimversorgung von chronisch psychisch kranken Menschen. Drei Jahre lang war im Herzen Bad Schussenrieds gebaut worden, nun passt sich das fertiggestellte Heim mit der ansprechenden modernen Optik an die Kulisse zwischen Kloster und ZfP-Gelände an. Gespannt waren Mitarbeitende wie Bewohnende, die lange Jahre im Abt-Siard-Haus in der Aulendorfer Straße gewohnt beziehungsweise gearbeitet hatten, auf das neue Heim.

Im Vorfeld des herausfordernden Umzugs führten die beiden Heimleitungen Dr. Paul Lahode und Martina Nunnenmacher durch die Räumlichkeiten. Mit dabei waren Christoph Vieten, ZfP-Regionaldirektor Donau-Riss und Zentralbereichsleiter Arbeit und Wohnen, ZfP-Geschäftsführer Dr. Dieter Grupp, Landrat und ZfP-Aufsichtsratsmitglied Dr. Heiko Schmid sowie Bad Schussenrieds Bürgermeister Achim Deinet. Grupp bedauerte es, dass keine öffentliche Eröffnungsfeier stattfinden konnte. Er bescheinigte dem neuen Heim: „Es wird viele Verbesserungen für die 90 Bewohnenden mit sich bringen.“ Der Geschäftsführer freute sich, „stolz den nächsten Meilenstein präsentieren zu dürfen.“ Das Fachpflegeheim erfüllt die neuesten baulichen Anforderungen und entspricht der Landesheimbauverordnung Baden-Württembergs. Die Außenfassade wurde mit dem Denkmalschutz abgestimmt.

Rückzugsort und Kontaktmöglichkeit für Pflegebedürftige

Landrat Dr. Heiko Schmid, der Aufsichtsratsmitglied des ZfP ist, lobte die ZfP-Verantwortlichen für ihr dynamisches Vorgehen. „Das ZfP steht nicht still.“ Das neue Heim werde zur richtigen Zeit fertig, meinte Schmid. Besonders in Corona-Zeiten sei es essentiell, Menschen in der stationären Pflege einen Schutzraum zu bieten. Die Betreuten hätten nun sowohl einen Rückzugsort als auch die Möglichkeit zu Begegnungen und Kontakt. Schmid dankte den Mitarbeitenden, die im Heim derzeit unter erschwerten Bedingungen wirken. Den Heimleitungen Dr. Paul Lahode und Martina Nunnenmacher überreichte der Landrat als Geschenk zum Einzug ein Kreuz, gefertigt aus Mooreiche vom Federsee.

„Für die Patienten und die Mitarbeitenden darf die innere Freude überwiegen“, meinte Bürgermeister Achim Deinet zur Eröffnung. Er lobte die Öffnung in die Gemeinde hinein, psychisch Erkrankte seien schließlich ein Teil der Gesellschaft. „Die Bewohnenden leben hier, sie haben nun ein schönes und an das Umfeld angepasstes Gebäude“, würdigte der Bürgermeister die Fertigstellung des Fachpflegeheims. ZfP-Regionaldirektor Christoph Vieten zog einen Vergleich, wie chronisch psychisch Kranke noch vor einigen Jahrzehnten am Standort untergebracht waren. Der Umzug aus dem Kloster in das Abt-Siard-Haus, die ehemalige Rehaklinik der Stadt, sei damals ein Fortschritt gewesen. Über die Jahre habe das ZfP die Dezentralisierung der Heimversorgung immer weiter vorangetrieben und wohnortnahe Angebote wie in Riedlingen und Ehingen geschaffen. Das neue Heim sei beispielhaft im Landkreis. „Die Seele der Einrichtung sind die Mitarbeitenden, die sich mit viel Liebe und Sachverstand um die Bewohnenden kümmern“, verdeutlichte der Regionaldirektor. Der Fachkräfteanteil sei mit 80 Prozent sehr hoch, es bestehe eine geringe Fluktuation. Vieten dankte der Heimleitung, der Stadt und den Verantwortlichen im Landkreis für die allzeit gute Zusammenarbeit und Abstimmung.

Eine Vorreiterin in der aufsuchenden Hilfe

„Den Namen hat das Fachpflegeheim unserem Heimarzt Viktor Semke zu verdanken“, erklärte Dr. Paul Lahode, Regionaler Geschäftsbereichsleiter Arbeit und Wohnen Donau-Riss und künftiger ärztlicher Heimleiter. Wie Semke hätten viele Mitarbeitende Mariotte Glocker noch aus ihrer ZfP-Zeit gekannt. In einem Prozess, in dem die Mitarbeitenden beteiligt wurden, fiel die Entscheidung schließlich auf die ehemalige Sozialarbeiterin als Namensgeberin. Auch, weil am Standort die ZfP-Gebäude bisher nur Männernamen trugen. Vielmehr aber, weil Glockers Engagement über Jahrzehnte hinweg nachwirkt. Sie war die erste Außenfürsorgerin im Unternehmen und somit Vorreiterin in der aufsuchenden Hilfe. „Der Ausbau der Strukturen ist ihr zu verdanken“, bekräftigte Lahode. 2016 erhielt Mariotte Glocker für ihr jahrzehntelanges Engagement wie für ihr ehrenamtliches Wirken im Ruhestand das Bundesverdienstkreuz verliehen. Im Gebäude erinnert im Eingangsbereich zudem ein Informationsschild an die Pionierin.

Die pflegerische Heimleiterin und Regionale Geschäftsbereichsleiterin Arbeit und Wohnen Donau-Riss im ZfP, Martina Nunnenmacher,  erläuterte das Konzept des Heims. „Wir wollen chronisch psychisch Kranke in der Gemeinde wohnen haben.“ Der Grundgedanke der Landesheimbauverordnung sei Inklusion und Teilhabe, was mit dem neuen Heimstandort gelinge. Dieser sei lebensnah. Die Einzelzimmer mit eigenem Bad brächten Privatsphäre, die Umgebung biete Lebensrealität. „Wir ziehen in die Stadt“, beschrieb die Heimleiterin die freudige Aufbruchsstimmung unter den Bewohnenden. Die Nähe zur Klinik auf dem ZfP-Campus werde positiv gesehen, denn Krisen können immer wieder aufkommen. Das soziale Netzwerk der chronisch psychisch Kranken bestehe aus Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten, Freunden und Bekannten. „Für die Bewohnenden geht das Konzept auf. Wir haben hier etwas Gutes geschaffen“, ist sich Nunnenmacher sicher. Die Heimleitung hofft, dass im späteren Jahresverlauf noch ein Tag der Offenen Tür veranstaltet werden kann.

i: Wie sieht es im neuen Fachpflegeheim aus? Dies können sich Interessierte in einem Video auf Youtube ansehen. Das Video ist auf dem Kanal des ZfP Südwürttemberg eingestellt und über die Suche zu finden unter dem Titel „Ein Einblick in das Mariotte-Glocker-Haus“. Der Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=FgMK2XlfCPQ