Machtwechsel im Saarland: SPD triumphiert – CDU stürzt ab

Anke Rehlinger hat die Wahl im Saarland für die SPD klar gewonnnen.
Anke Rehlinger hat die Wahl im Saarland für die SPD klar gewonnnen. (Bild: Boris Roessler/dpa)

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Die SPD holt sich nach dem Erfolg im Bund auch im Saarland den Wahlsieg. Neue Ministerpräsidentin wird Anke Rehlinger. Auch eine absolute Mehrheit war nach den Zahlen vom Abend möglich.

Saarbrücken/Berlin (dpa) – Im Saarland gibt es nach mehr als zwei Jahrzehnten einen Machtwechsel. Bei der Landtagswahl wurde die SPD mit einem haushohen Sieg stärkste Partei vor der CDU. Neue Ministerpräsidentin wird ihre Spitzenkandidatin, die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger.

Selbst eine absolute Mehrheit der Sitze war am Abend nach Hochrechnungen in Reichweite. Die 45-Jährige löst den bisherigen CDU-Regierungschef Tobias Hans (44) ab. Die erste Landtagswahl seit der Bundestagswahl vor einem halben Jahr galt auch als Stimmungstest für die neue Bundesregierung.

Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF gegen 19.00 Uhr kommt die SPD auf mehr als 43 Prozent. Die Sozialdemokraten legen damit um mehr als 13 Punkte gegenüber 2017 (29,6 Prozent) zu. Die CDU stürzt hingegen auf etwas mehr als 28 Prozent ab (2017: 40,7 Prozent) – ihr schlechtestes Ergebnis an der Saar seit mehr als sechs Jahrzehnten. Nach den Hochrechnungen hat die SPD sogar knapp die absolute Mehrheit errungen. Nach den Zahlen von ARD und ZDF würde es in jedem Fall knapp für eine Mehrheit der Sitze reichen – egal, ob die FDP den Einzug in den Landtag schafft oder nicht.

Rechnerisch wäre in Saarbrücken wie schon seit zehn Jahren aber auch wieder eine große Koalition möglich – nun allerdings unter Führung der SPD. Ob die SPD eine Alleinregierung wagen will, wenn dies die Zahlen hergeben, ließ Rehlinger am Abend offen. Sie sagte im ZDF: «Stabilität ist für mich das Entscheidende bei der Regierungsbildung.»

Grüne knapp über 5 Prozent, FDP muss zittern

Für die kleineren Parteien ergab sich in den Hochrechnungen folgendes Bild: Die AfD wäre mit 5,3 bis 5,7 Prozent (2017: 6,2) wieder im Landtag, die Grünen wären mit 5,1 bis 5,2 Prozent (4,0) nach fünf Jahren Pause ebenfalls knapp wieder im Parlament. Die FDP (2017: 3,3 Prozent) lag knapp unter oder auf genau fünf Prozent und musste zittern. Nicht mehr dabei ist die Linke, die mit nur noch 2,5 (12,8) aus dem Landesparlament flog. Die Partei hatte sich an der Saar schwere Querelen geleistet – bis hin zum Austritt ihres Ex-Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine.

Damit gelang der SPD-Bundesvize Rehlinger in ihrer Heimat im zweiten Anlauf der Sprung nach ganz oben. Die Juristin wird nun die erste SPD-Regierungschefin in der Geschichte ihres Landes. Bundesweit stehen dann vier sozialdemokratische Frauen an der Spitze einer Landesregierung – so viele wie noch nie. Die anderen Parteien von Union über Grünen bis Linke haben nur männliche Regierungschefs. Für die SPD ist dies an der Saar das beste Ergebnis seit der Jahrtausendwende.

Die SPD jubelte über ihren Erfolg an der Saar. «Das Saarland hat Rot gewählt», sagte Rehlinger in Saarbrücken. Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil sprach von einem «sensationellen Sieg» im Saarland und betonte: «Das Comeback der SPD, das wir bei der Bundestagswahl erlebt haben, das ist nicht einmalig bei der Bundestagswahl gewesen, sondern wir gewinnen auch danach noch Wahlen.»

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Rehlinger, er schrieb auf Twitter: «Die Saarländerinnen und Saarländer haben sich klar für einen Wechsel an der Spitze ihres Landes entschieden.»

Hans kündigt «persönliche Konsequenzen» an

Der CDU-Spitzenkandidat und saarländische Ministerpräsident Tobias Hans kündigte nach der Wahlniederlage seiner Partei «persönliche Konsequenzen» an. «Das ist wirklich eine sehr bittere Niederlage für die Christdemokraten an der Saar». Es sei der CDU nicht gelungen, die wichtigen Themen in den Vordergrund zu stellen. «Deswegen ist das auch Anlass für mich, die Verantwortung zu übernehmen.» Ob er als CDU-Landesvorsitzender zurücktreten werde, sagte Hans nicht.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja bezeichnete den Absturz seiner Partei als «bitteren Abend» und «schmerzhaftes Ergebnis.» CSU-Generalsekretär Stephan Mayer sagte der dpa, das Ergebnis lasse keinen Bundestrend erkennen.

Nouripour: «Ball liegt bei der SPD»

Grünen-Chef Omid Nouripour zeigte sich offen für eine Koalition seiner Partei mit der SPD im Saarland. «Der Ball liegt natürlich bei der SPD, und natürlich sind wir auch gesprächsbereit», sagte Nouripour im ZDF. Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang wies in der ARD darauf hin, dass ihre Partei nun wieder in allen 16 Landtagen vertreten sei.

FDP-Chef Christian Lindner sieht im Falle eines Einzugs der FDP in den Landtag gute Voraussetzungen für eine Koalition mit der SPD. «Wir teilen viele gemeinsame Positionen», sagte Lindner in der ARD.

Enttäuscht zeigte sich auch die Linke. «Das ist ein ganz, ganz bitterer Abend», sagte Parteichefin Janine Wissler. Sie machte für das «desaströse Ergebnis» auch die «große Zerstrittenheit» der Linken im Saarland mit zuletzt zwei linken Fraktionen im Landtag verantwortlich.

Saarland 23 Jahre lang fest in CDU-Hand

Das Saarland mit lediglich einer Million Einwohnern ist auch das kleinste Flächenland unter den Bundesländern. Trotzdem galt die Wahl auch als erster Stimmungstest für die Ampel-Koalition unter SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz und die Union unter dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. In diesem Jahr folgen noch Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

Die CDU hatte in Saarbrücken seit fast 23 Jahren ohne Unterbrechung die Regierungschefin oder den Regierungschef gestellt. Hans war allerdings zum ersten Mal Spitzenkandidat seiner Partei. Er hatte den Posten des Ministerpräsidenten 2018 von Annegret Kramp-Karrenbauer übernommen, die damals aus dem Saarland in die Bundespolitik wechselte. Hans ließ bislang offen, ob er auch als Vize unter Rehlinger ins Kabinett gehen würde. Die Wahlbeteiligung ging etwas zurück. Das ZDF gab sie in der Prognose mit 63,0 an. 2017 lag sie bei 69,7 Prozent.