Linke-Chefin Hennig-Wellsow tritt zurück

Linke-Chefin Hennig-Wellsow tritt zurück
Susanne Hennig-Wellsow stellt ihr Amt als Co-Parteivorsitzende zur Verfügung. (Bild: Fabian Sommer/dpa)

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Nach gut einem Jahr als Parteichefin wirft sie hin: Susanne-Hennig Wellsow erklärt mit sofortiger Wirkung ihren Rücktritt. Sie führt unter anderem private Gründe an.

Berlin (dpa) – Die Co-Chefin der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, tritt zurück. «Ich stelle heute mein Amt als Parteivorsitzende der Linken mit sofortiger Wirkung zur Verfügung», schrieb die 44-Jährige am Mittwoch auf ihrer Webseite.

Sie begründete das unter anderem mit ihrer privaten Situation. Diese erlaube es nicht, «mit der Kraft und der Zeit für meine Partei da zu sein, wie es in der gegenwärtigen Lage nötig ist». Sie habe einen achtjährigen Sohn, der sie brauche. «Aber auch die Linke braucht in dieser Situation eine Vorsitzende, die mit allem, was sie hat, für die Partei da ist.»

Sexismus-Problem bei den Linken

Als weitere Gründe für den Rücktritt nannte Hennig-Wellsow eine nötige Erneuerung der Partei «und diese Erneuerung braucht neue Gesichter, um glaubwürdig zu sein». Sie erwähnte zudem den Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen. Dieser habe eklatante Defizite der Partei offen gelegt. Am vergangenen Freitag waren über einen Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» mutmaßliche Fälle sexualisierter Gewalt in der hessischen Linkspartei öffentlich geworden.

Die Jugendorganisation Linksjugend Solid sieht in den bekanntgewordenen Vorwürfen sexueller Übergriffe innerhalb der Linkspartei ein bundesweites Problem. Seit Freitag habe die mit der Linken verbundene Organisation mit «mehr als 30 weiteren Betroffenen» gesprochen, sagte Solid-Bundessprecherin Sarah Dubiel am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Es kämen «immer wieder neue Meldungen dazu», sagte Dubiel.

Hennig-Wellsow: Neuanfang blieb aus

In ihrer Erklärung führte Hennig-Wellsow auch das enttäuschende Ergebnis bei der Bundestagswahl an. Damals war die Linke gerade so wieder in den Bundestag eingezogen und hat sich seitdem nicht wieder erholt. «Wir haben zu wenig von dem geliefert, was wir versprochen haben. Ein wirklicher Neuanfang ist ausgeblieben. Eine Entschuldigung ist fällig, eine Entschuldigung bei unseren Wählerinnen und Wählern, deren Hoffnungen und Erwartungen wir enttäuscht haben.»

Hennig-Wellsow führte die Linke gemeinsam mit Janine Wissler seit Ende dem 27. Februar 2021. Das Duo folgte damals auf Katja Kipping und Bernd Riexinger, die nach neun Jahren auf eine weitere Amtszeit als Parteivorsitzende verzichtet hatten.

Bevor sie im vergangenen Jahr in den Bundestag gewählt wurde, war sie 17 Jahre lang Abgeordnete im Thüringer Landtag, seit 2014 auch als Fraktionsvorsitzende. In diesem Amt erlangte Hennig-Wellsow bundesweite Bekanntheit, als sie im Februar 2020 dem damals mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählten FDP-Politiker Thomas Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße warf.