Kretschmann: Kroatien soll Risikogebiet werden

Kretschmann: Kroatien soll Risikogebiet werden
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen, l) und Markus Söder (CSU) unterhalten sich. (Stefan Puchner/dpa/Archivbild)

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Stuttgart (dpa/lsw) – Die stark steigende Zahl corona-infizierter Reiserückkehrer aus Kroatien erhöht den Druck auf Bund und Land, mit Pflichttests oder Einschränkungen zu reagieren. Baden-Württemberg und Bayern forderten den Bund am Dienstag auf, das osteuropäische Land zum Risikogebiet zu erklären. Die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) hätten einen entsprechenden Schritt am Dienstag vereinbart, sagte ein Sprecher auf Anfrage im Stuttgarter Staatsministerium. Kretschmann habe kein Verständnis dafür, dass diese Entscheidung in Berlin bislang noch nicht getroffen worden sei.

Die Einstufung als Risikogebiet durch das bundeseigene Robert Koch-Institut bedeutet, dass für heimkehrende Urlauber eine Testpflicht auf das Coronavirus greift. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen sie sich in häusliche Quarantäne begeben. Zentrales Kriterium für die Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gegeben hat.

Nach Angaben von Landesgesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) ist diese Zahl bei der sogenannten 7-Tages-Inzidenz in Kroatien zwar nicht erreicht. Dennoch sollten Kroatien oder die Region Dalmatien mit ihren größeren Städten Split, Zadar und Dubrovnik als Risikogebiet erwogen werden, sagte Lucha der dpa. Süddeutschland sei möglicherweise besonders betroffen, da die kroatische Küste geografisch deutlich näher liege als die Nord- und Ostsee.

Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn forderte Konsequenzen für Reiserückkehrer aus europäischen Ländern, für die es noch keine Reisewarnung gibt. «Gerade mit Hinblick auf das Reiseziel Kroatien muss etwas getan werden. Der Druck ist da», sagte der Grünen-Politiker.

Kuhn schlug vor ebenfalls vor, Kroatien sofort zum Risikogebiet zu erklären, so wie es Österreich bereits vor wenigen Tagen getan habe. «Eine andere Option ist, statt ganzer Länder einzelne Regionen zu Risikogebieten zu erklären», sagte das Stadtoberhaupt. Möglich sei auch eine Testpflicht für Reiserückkehrer, die aus Ländern oder Regionen mit einer hohen Infektionsgefahr zurückkehrten.

Laut Landesgesundheitsamt stammt jede vierte registrierte Infektion der vergangenen rund zwei Monate aus dem Ausland und von Urlaubern. Seitdem die Reisewarnung für die EU-Länder und einige weitere europäischen Staaten Mitte Juni aufgehoben worden sei, seien insgesamt 895 entsprechende Covid-19-Fälle in Baden-Württemberg übermittelt worden (Stand 17.8.), teilte das LGA in Stuttgart auf Anfrage mit. Bei insgesamt fast 3400 Fällen seit Mitte Juni erreichte der Anteil 26 Prozent. Nur fast eine Woche zuvor (12.8.) lag die Zahl noch bei 620 Fällen, was einem Anteil von 21 Prozent entspricht.

Die meisten Fälle (23 Prozent) gehen zwar auf den Kosovo als Infektionsland zurück. Weitere etwa 15 Prozent stammen allerdings aus Kroatien, wo die Zahl der erkrankten Urlauber innerhalb einer Woche deutlich gestiegen ist. Für Schlagzeilen hatten zuletzt unter anderem junge Menschen in Stuttgart und Göppingen gesorgt, die aus dem als Party-Hochburg bekannten Ort Novalja auf der kroatischen Adria-Insel Pag zurückgekehrt waren und andere angesteckt haben sollen.

Urlauber aus Corona-Risikogebieten müssen sich bei der Rückkehr nach Deutschland auf das Virus testen lassen. Aktuell ist dies kostenlos möglich. In Baden-Württemberg können sich Reisende unter anderem auf dem Parkplatz Neuenburg-Ost (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) an der Autobahn A5 sowie am Stuttgarter Hauptbahnhof und an den Flughäfen in Stuttgart, Friedrichshafen und Karlsruhe/Baden-Baden testen lassen.

Für Aufsehen sorgen Fälle wie die jüngste Test-Panne in Bayern, die auch die Behörden in Langenau (Alb-Donau-Kreis) alarmiert: An der deutsch-österreichischen Grenze haben sich vier Männer aus Langenau auf der Heimreise aus dem Urlaub testen lassen – allerdings erhielten sie das Ergebnis der positiven Probe erst eine Woche später und waren zwischenzeitlich unter anderem arbeiten. Sie gehören nach Angaben des Gesundheitsamtes Alb-Donau-Kreis zu den rund 1000 Menschen, die wegen eines Fehlers bei der Datenverarbeitung in Bayern erst sehr spät von ihrer Infektion erfuhren. Die Langenauer Männer hätten seither verschiedenste Kontakte gehabt, die nun zurückverfolgt würden, sagte ein Sprecher des Amtes am Dienstag in Ulm.

Laut SWR war den Männern an der Teststation gesagt worden, es sei alles in Ordnung, wenn sie nach einigen Tagen nichts hörten. Einige seien wieder zur Arbeit gegangen, zitiert der Sender den Bürgermeister von Langenau, Daniel Salemi (parteilos). Nach Angaben des Gesundheitsamtes wurden die Männer ebenso wie eine zunächst nicht bekannte Zahl von Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt.