Kommentar: Die Privatisierung der Kliniken war ein Fehler

Viele kleinere Kliniken fielen der Gewinnmaximierung zum Opfer, statt dass man sich um kreative Lösungsansätze bemüht hätte. / Symbolbild
Viele kleinere Kliniken fielen der Gewinnmaximierung zum Opfer, statt dass man sich um kreative Lösungsansätze bemüht hätte. / Symbolbild (Bild: picture alliance / Zoonar | DesignIt)

Viel zu lange wurden von Entscheidungsträgern bei finanziellen Problemen von Kliniken oder Klinikverbünden private Klinikbetreiber an Bord geholt. Die wurden als Retter gepriesen und sollten die notleidenden Kliniken wieder auf Vordermann bringen. Die Mehrheitsanteile an den Kliniken wurden zu diesem Zweck an sie „verkauft“. Nur erwies sich der Einstieg von privaten Betreibern öfters als Bumerang. Deren Konzept galt erstrangig der Gewinnerzielung, weniger dem Wohle der Bevölkerung, oder den Patienten*innen. Viele kleinere Kliniken fielen der Gewinnmaximierung zum Opfer, statt dass man sich um kreative Lösungsansätze bemüht hätte.

Standen die Kliniken vor der Schließung, beeilten sich die ehemals Verantwortlichen stets zu betonen, dass sie ja nur noch „Beifahrer“ seien und durch den Verkauf nur noch eine Minderheitsbeteiligung besäßen. In der Erklärungsnot werden schnell all die geschlossenen Kliniken aufgezählt, bei denen bereits so verfahren worden sei. Eigene Fehler und Versäumnisse werden bestenfalls am Rande erwähnt, die alleinige Schuld der Politik, die dies scheinbar so wolle, zugeschoben. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Landes- und Bundespolitiker sich diese Vorwürfe klaglos gefallen lassen.

Mit diesen Problemen plagt sich derzeit die Bevölkerung im Landkreis Sigmaringen. Dort sollen die Kliniken in Bad Saulgau und Pfullendorf geschlossen werden. Übrig bleibt, nach den Erhebungen einer Unternehmensberatung, als Klinikstandort Sigmaringen. Es dürfte kaum jemand verwundern, dass die Bevölkerung in den Räumen Saulgau und Pfullendorf darüber stinkig, enttäuscht und frustriert sind. Sie fühlen sich als Menschen nicht mehr wertgeschätzt, an den Rand gedrängt.

Von der Politik ist eher keine Hilfe zu erwarten. Hier gelten nur kaum nachvollziehbare Zahlenvorgaben, die von wem auch immer erhoben wurden. Als Beispiel mag die Aussage zur Geburtsklinik Bad Saulgau gelten. Von dort aus seien in 20 Minuten andere Geburtskliniken erreichbar. Wo diese 20 Fahrminuten entfernten Geburtskliniken stehen sollen, weiß niemand und ob es dort auch genügend Kapazitäten für weitere Geburten in namhafter Anzahl gibt, schon gar nicht.

„Die“ Politik und die Entscheidungsträger müssen nun aber aufpassen, dass sie sich mit ihrer bisherigen Vorgehensweise bei Kliniken nicht noch größere Probleme ins Haus holen. Der Bürgerentscheid von Geislingen zeigt, dass sich die Bevölkerung nicht mehr alles gefallen lässt. Der Göppinger Kreistag hat die Schließung der Geislinger Helfenstein Klinik beschlossen, die Geislinger ihrerseits haben nun als Konsequenz mit großer Mehrheit beschlossen, Wege zu beschreiten, um den Kreis Göppingen Richtung Alb-Donau-Kreis zu verlassen. Damit ist die Geschlossenheit der Bevölkerung und das Verständnis der Kreisbevölkerung untereinander nachhaltig gestört. Dieser Preis ist hoch, zu hoch! Gut vorstellbar, dass andere Städte dem Beispiel Geislingens folgen.