Knapp 2.700 Jugendliche zieht es ins regionale Handwerk

Immer mehr Jugendliche machen eine Handwerksausbildung.
Immer mehr Jugendliche machen eine Handwerksausbildung. (Bild: AMH)

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2.683 Jugendliche zwischen Ostalb und Bodensee wollen mitanpacken: Sie haben sich im Jahr 2022 für eine Ausbildung in einem von über 130 Handwerksberufen entschieden.

In den Betrieben vor Ort helfen sie dabei Kundinnen und Kunden mit wichtigen Handwerkerleistungen zu versorgen. Sie bringen zum Beispiel effiziente Energien auf die Dächer und in die Keller, stellen Lebensmittel her oder verarbeiten Holz für Möbel und Häuser.

Knapp 18 Prozent der Azubis haben Abitur

Auch immer mehr Abiturientinnen und Abiturienten entscheiden sich für eine Karriere im Handwerk: Im Ausbildungsjahr 2022 hatten knapp 18 Prozent aller Azubis im Handwerk Abitur – das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um mehr als zwei Prozent. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Ausbildungszahlen im Vergleich zum Jahresende 2021 insgesamt leicht rückläufig sind: 2022 haben 45 Azubis weniger eine handwerkliche Ausbildung gestartet. Das sind 1,6 Prozent weniger Auszubildende als im Vorjahr.

Dazu sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm: „Es tröstet uns nur wenig, dass andere Schul- und Hochschulangebote noch größere Rückgänge an jungen Menschen vorweisen. Wo sind die Jugendlichen alle? Es muss uns als Gesellschaft gelingen, sie zu finden und sie bei ihrer Lebens- und Berufsorientierung zu unterstützen.“

Ausbildungszahlen im Gebiet der Handwerkskammer Ulm leicht unter dem Vorjahresniveau

Ein Grund für den Azubirückgang findet sich auch in der stagnierenden Zahl der Geflüchteten, die eine handwerkliche Lehre starten: So haben im Jahr 2022 lediglich 50 Geflüchtete eine Ausbildung in einem Handwerksbetrieb der Region begonnen. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 121, 2020 waren es 176. Der Flüchtlingsstrom ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. Das macht sich auch in den Betrieben bemerkbar, die auf diese Fachkräfte angewiesen sind. Denn qualifizierte Nachwuchshandwerkerinnen und -handwerker sind gewerkübergreifend gefragt.

„Uns fehlen die Geflüchteten und die ausländischen Jugendlichen – heute als Auszubildende und morgen als Fachkräfte, die die Versorgung unserer Verbraucher sichern“, so Mehlich. Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe im Ulmer Kammergebiet ist groß und der Bedarf an Nachwuchsfachkräften im Handwerk weiter hoch – und wird es auch jetzt in Zeiten von Energiekrisen und hoher Inflation bleiben.

In diesem Ausbildungsjahr haben sich mehr Jugendliche für die Nahrungsmittelhandwerke interessiert (+10 Prozent zu Ende 2021); dazu gehört die Ausbildung zur Lebensmittelfachverkäuferin, Bäcker, Konditorin oder dem Verfahrenstechnologen in der Mühlen- und Getreidewirtschaft. Coronabedingt hatte es zuletzt weniger Bewerberinnen und Bewerber im Bereich Nahrungsmittel gegeben. Nach wie vor ist das Interesse an holzverarbeitenden Gewerken – dazu zählen Zimmerer, Schreiner und Parkettleger – groß. In diesem Bereich ist 2022 ein Plus von 16 Prozent erzielt worden. Positiv haben sich in diesem Ausbildungsjahr auch die kaufmännischen Berufe entwickelt (+12 Prozent). Ebenfalls stabil ist das Interesse vieler Jugendlicher an Gewerken mit Fokus auf den Klimaschutz, also an „grünen“ Handwerksberufen. Dazu gehören beispielsweise Kfz-Mechatroniker, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik oder der Analagenmechaniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik. In diesen Gewerken sind aber auch noch einige Lehrstellen unbesetzt. „Hier spielt die Musik der Klimawende. In diesen klimarelevanten Gewerken wird darüber gesprochen und auch gemacht. Jeder, der sich fürs Klima einsetzen will, ist im Handwerk herzlich willkommen“, sagt Mehlich.

Gut 500 Ausbildungsplätze frei

Aktuell sind zwischen Ostalb und Bodensee insgesamt noch mehr als 500 Lehrstellen frei. Eine Ausbildung kann in vielen Handwerksberufen auch im Winter noch starten. Jugendliche, die noch unentschlossen sind, in welchen Berufen sie ihre Fähigkeiten und Talente einsetzen können, können sich an die Ausbildungsberater der Handwerkskammer Ulm wenden.

Freie Lehrstellen und Praktikumsplätze in nahezu jedem Gewerk gibt es außerdem unter www.hwk-ulm.de/ausbildungsboerse/.

Ausbildungszahlen im Alb-Donau-Kreis und Stadtkreis Ulm

Im Alb-Donau-Kreis haben sich im aktuellen Ausbildungsjahr 335 junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entschieden. Im Stadtkreis Ulm waren es 249. Derzeit sind im Alb-Donau-Kreis 68 Lehrstellen unbesetzt, im Stadtgebiet Ulm sind es 34. „Es muss unseren Betrieben gelingen, noch mehr Jugendliche von ihren Handwerken zu überzeugen, sie zu begeistern und zu faszinieren. Deshalb sind Berufsorientierung und Praktika so wichtig: Nur wenn junge Menschen einen Handwerksberuf ausprobieren, können sie entscheiden, ob eine Ausbildung das Richtige für sie ist“, sagt Thomas Jung, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Ulm.

Ausbildungszahlen zum 31. Dezember 2022 nach Landkreis:

Ostalbkreis:
562 Auszubildende
Abiturientenanteil: 14,5 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 96

Landkreis Heidenheim:
209 Auszubildende
Abiturientenanteil: 10,5 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 21

Alb-Donau-Kreis:
335 Auszubildende
Abiturientenanteil: 16,5 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 68

Stadtkreis Ulm:
249 Auszubildende
Abiturientenanteil: 17 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 34

Landkreis Biberach:
355 Auszubildende
Abiturientenanteil: 17 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 88

Landkreis Ravensburg:
627 Auszubildende
Abiturientenanteil: 17 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 179

Bodenseekreis:
346 Auszubildende
Abiturientenanteil: 29,5 Prozent
Anzahl der offenen Lehrstellen: 38

(Pressemitteilung: Handwerkskammer Ulm)