Klinik für Neurologie am Klinikum Friedrichshafen feiert Zehnjähriges

Klinik für Neurologie am Klinikum Friedrichshafen feiert Zehnjähriges
Das Team der Neurologie - wobei diejenigen, die in diesem Moment die Patienten versorgten, fehlten - feiert den zehnten Geburtstag. (Bild: MCB)

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Friedrichshafen – Als Professor Dr. Roman Huber im Juli 2011 den Aufbau der neuen Hauptabteilung für Neurologie übernahm, habe er – laut Mitteilung des Medizin Campus Bodensee (MCB) – nicht geahnt, dass es ein langer Weg werden würde.

Mit vier Betten für Schlaganfall-Patienten und 15 angrenzenden Regelbetten startete er mit einem kleinen Ärzteteam aus drei Kollegen und einer „Schwesternschaft“, die keinerlei neurologische Fachexpertise hatten. „Die Bedeutung dessen habe ich damals völlig unterschätzt“, erinnert sich der Neurologe und erklärt: „In der Neurologie haben wir es mit Patienten zu tun, die oft hirnorganisch erkrankt sind und ein formaler logischer Gedankengang deshalb oft fehlt.“

Und weiter: „Das stellt besondere Anforderungen an das Pflegepersonal und auch der Umgang mit Angehörigen ist viel intensiver.“ Durch das kleine Ärzteteam und den Anspruch, trotzdem eine 24-Stunden-Versorgung zu gewährleisten, hatte er jede zweite Nacht Rufbereitschaft. Heute lächelt Prof. Dr. Huber über diese mühsame Anfangszeit.

Gerade die Neurologie erweist sich – so das MCB weiter – als besonders interdisziplinärer Teilbereich der Medizin, weil Therapeuten, Pflegekräfte, Ärzte und Geriater eng abgestimmt zusammenarbeiten müssen. Im April 2012 übernahm Dr. Roman Huber die Abteilung der geriatrischen Rehabilitation in die Klinik für Neurologie. „Der schwierigste aller Aspekte war der Aufbau einer stabilen Personalstruktur“, beschrieb der Chefarzt rückblickend.

Zum generellen Ärztemangel und der Konkurrenz durch andere Kliniken und Abteilungen komme hinzu, dass in der Neurologie viele Ärztinnen arbeiten, die sich immer wieder in die Familienpause verabschiedeten. Heute blickt Prof. Huber stolz auf ein Team, das die mittlerweile auf ein Doppeltes der Betten angewachsene Abteilung betreut:

„Ich habe eine stabile Assistentenschaft aus vier Oberärzten, acht Assistenzärzten und hervorragendes Pflegepersonal, denen die Patienten am Herzen liegen und die auf Augenhöhe mit den Angehörigen kommunizieren können“; betont der Mediziner. Im ersten Halbjahr 2021 wurden in der auf mittlerweile 30 Betten angewachsenen Klinik für Neurologie knapp 1000 Patienten behandelt, davon etwa 70 Prozent mit akuten Schlaganfällen in der „Stroke unit“, die 2014 zertifiziert wurde und in Betrieb ging.

Laut Prof. Dr. Huber habe auch die Fallschwere deutlich zugenommen, da viele Patienten bei nur geringen Symptomen einen Klinikaufenthalt während der Corona-Pandemie gemieden haben. Tatsächlich sei die Akut- und Notfallbehandlung, wie etwa bei einem Schlaganfall, ein Schwerpunkt der Klinik, die das gesamte Spektrum der neurologischen Diagnostik und Therapie abdeckt.

Dazu gehören akute neurologische Krankheitsbilder wie Schlaganfall und Epilepsie, chronisch neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer – aber auch erregerbedingte entzündliche Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen. „Die Behandlung des gesamten Spektrums der neurologischen Erkrankungen ist für uns nicht nur deshalb wichtig, weil die Klinik die Weiterbildung für den Facharzt Neurologie anbieten möchte.“

Und weiter: „Wir sind damals mit der Aufgabe gestartet, eine Abteilung zu etablieren, die die neurologische Versorgung der Menschen im Bodenseekreis heimatnah sicherstellen kann“, Prof. Dr. Huber. Rückblickend war die Entwicklung nicht immer einfach, aber heute ist der Arzt mit dem, was aus den Anfängen gewachsen ist zufrieden.

Gefragt nach der gravierendsten Entwicklung verweist Dr. Huber auf das Verfahren der mechanischen Thrombektomie, die 2019 in seiner Klinik zur Akutbehandlung von Schlaganfall-Patienten eingeführt wurde. „Bei einer mechanischen Thrombektomie wird das Gerinnsel mit einem winzigen korbähnlichen Geflecht, einem sogenannten ‚Stent Retriever’, im betroffenen Gefäß eingefangen und entfernt. Das Blut kann bereits bei der Platzierung des Stent-Retrievers wieder fließen und den entsprechenden Teil des Gehirns versorgen“, erklärt der Neurologe.

Diese Methode ergänzt die rein medikamentöse Behandlung und sei deutlich effektiver. Sogar bis in die kleinsten Verästelungen des Gehirns könnten so Gefäßverschlüsse entfernt werden. Wie sieht der Blick in die Zukunft aus? „Seit vorigem Jahr haben wir am Medizinischen Versorgungszentrum am Klinikum Friedrichshafen die neurologische Praxis von Dr. Bernhard angesiedelt. Längerfristig ist denkbar, dass wir in die ambulante neurologische Versorgung mit einsteigen“, betont Prof. Dr. Huber.