Kind zur Prostitution angeboten: Prozessbeginn

Das Gerichtsgebäude, in dem sich unter anderem das Landgericht München I befindet.
Das Gerichtsgebäude, in dem sich unter anderem das Landgericht München I befindet. (Bild: Sven Hoppe/dpa/Archivbild)

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Ein Mann gibt sich im Internet als Jugendlicher aus, macht sich an ein zwölf Jahre altes Mädchen heran – und bringt das Kind dazu, sich zu prostituieren. Vor dem Landgericht München I beginnt nun ein Prozess, der Teil eines großen Missbrauchskomplexes sein soll.

München (dpa/lby) – Vor dem Landgericht München I beginnt am Montag (9.30) der Prozess gegen einen 35 Jahre alten Münchner wegen Vergewaltigung und Missbrauchs eines erst zwölf Jahre alten Mädchens. Die Tat ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Teil eines größeren Missbrauchskomplexes. Mindestens neun Männer werden beschuldigt, das Kind missbraucht zu haben. Einer von ihnen, ein 33-Jähriger, wurde bereits im Februar in München zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt, einem anderen wird am Münchner Amtsgericht der Prozess gemacht.

Der Mann, der das Mädchen im Internet für bezahlten Sex angeboten haben soll, steht derzeit in Flensburg vor Gericht – und ist dort weitgehend geständig. Er soll Männer online angeschrieben und sie aufgefordert haben, das Kind zu missbrauchen. Als Gegenleistung sollten die Männer ihre Taten filmen, ihm die Videos schicken – und zahlen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der mutmaßliche Haupttäter das damals zwölf Jahre alte Mädchen im Januar 2021 über die Online-Plattform Snapchat angeschrieben und sich dabei als 17-Jähriger ausgegeben. Nach wenigen Tagen intensiven Chattens fragte er das Kind, ob es bereit wäre, mit anderen Männern Sex zu haben. Das Mädchen willigte ein – weil es Gefühle für den Chatpartner entwickelt hatte, wie es in der Anklage zu dem bereits abgeurteilten Verfahren hieß – und aus «kindlicher Neugier».

Der Haupttäter aus dem Norden soll sie dann an eine Vielzahl von Männern vermittelt haben. Mit mindestens acht Männern soll es laut Staatsanwaltschaft zu Treffen gekommen sein, bei denen «beischlafähnliche Handlungen gegen Geld vollzogen wurden». 50 Euro sollen die Männer dafür gezahlt haben, die Hälfte davon schickte das Mädchen laut Staatsanwaltschaft an den in Flensburg vor Gericht stehenden Strippenzieher.

Die Ermittlungen gegen diesen Haupttäter waren nur zufällig ins Rollen gekommen, weil der Angeklagte über soziale Netzwerke auch zufällig einem Klassenkameraden der Zwölfjährigen Sex mit ihr angeboten haben soll, wie ein Gerichtssprecher in Flensburg sagte. Der Mitschüler meldete dies der Schule.

In dem nun vor dem Landgericht München verhandelten Fall geht es um eine Tat aus dem Mai 2021 in einem Waldstück nahe der bayerischen Landeshauptstadt. Der 35 Jahre alte mutmaßliche Täter ist wegen Vergewaltigung, schweren sexuellen Kindesmissbrauchs und Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt, das Gericht hat drei Verhandlungstage angesetzt.