Inversionslage Interview: So neblig & kalt wird der Winter 2022/2023

Dieser Tage wabert der Nebel durch die Landschaften Oberschwabens.
Dieser Tage wabert der Nebel durch die Landschaften Oberschwabens. (Bild: Matt Francis / iStock)

Nachdem auch bei uns bereits die ersten Schneeflocken fielen und manch Autofahrer sich in den Morgenstunden mit vereisten Scheiben befassen durfte, stellen sich viele Menschen jetzt die Frage: Geht das so frostig weiter? Jung-Meteorologe Niklas Kaa mit einer Aussicht auf den kommenden Winter.

Wochenblatt: „Lieber Niklas, es heißt, der November ist der nebeligste Monat des Jahres. Stimmt das und kann man das überhaupt so pauschal sagen?“

Niklas Kaa: „Das stimmt. In Mitteleuropa haben wir es im Herbst häufig mit Inversionslagen zu tun. Inversion bedeutet, dass es bei uns im Vorhersagegebiet Bodensee-Allgäu-Oberschwaben nebelig trüb und daher oft ziemlich kühl ist. Nebel bildet sich zur aktuellen Jahreszeit, wenn wir wenig Wind haben. Die feuchten Böden werden dann kondensiert und lassen Wasserdampf in Form von Nebel, Hochnebel und Dunst entstehen. Daher kann man schon behaupten, dass der November einer der nebel-anfälligsten Monate in unserer Region ist.“

Stimmungsvoll liegt der Neben über dem See. Eine solche Wetterlage kann durchaus stimmungsvoll sein.
Stimmungsvoll liegt der Neben über dem See. Eine solche Wetterlage kann durchaus stimmungsvoll sein.

Wochenblatt: „Wie entwickelt sich das Wetter in den nächsten Wochen? Autofahrer mussten morgens schon Scheiben frei kratzen und es gab bereits die ersten Schneeflocken. Die blieben zwar nicht liegen aber das riecht schon alles deutlich nach Winter. Kommt der jetzt richtig, der Winter?“

Niklas: „Bis Mitte nächster Woche auf jeden Fall nicht. Bis dahin erleben wir hierzulande hochdruck-geprägtes Wetter mit Sonnenschein, Nebel, Hochnebel und zwischenzeitlich mehr Wolken an diesem Freitag und Samstag. Dazu bleibt es trotzdem größtenteils trocken. Die Höchsttemperaturen liegen bis Mittwoch kommender Woche grob zwischen 9 und 14 Grad. Winterlich ist das keinesfalls, obwohl die Nächte schon ziemlich frisch ausfallen und bei sternenklaren Himmel auch Frost bringen.

Erste Schneeflocken in Sicht

Was in der Mittelfrist geschieht, lässt sich noch nicht exakt vorhersagen. Sehr wahrscheinlich ist, dass es in der letzten November-Dekade ab Mitte der nächsten Woche kälter wird. Ein sogenannter Kaltlufttropfen, ein Höhentief, könnte uns dann jederzeit die ersten Schneeflocken bescheren. Sicher ist das nicht, es wird aber spannender.“

Erste Schneeflocken erwarten uns spätestens Mitte nächsten Monats.
Erste Schneeflocken erwarten uns spätestens Mitte nächsten Monats.

Wochenblatt: „Wie war das denn eigentlich im letzten Jahr? Da war gar nicht so richtig Winter. Ein Rückblick zeigt, dass es scheinbar nur noch alle zwei Jahre so richtig schneit. Ist das ein Trugschluss oder kommt das in etwa hin?“

Der Winter 2021/2022 war ein „Totalausfall“

Niklas: „Der vergangene Winter war ein echter Totalausfall. Ein “Mildwinter”, der seinem Namen alle Ehre machte. Ob größere Schnee-Ereignisse nun aber nur noch alle zwei Jahre vorkommen, kann ich nicht sagen. Es gab Jahre, in denen wir ein heftiges Schneechaos durch eine Nord-Stau-Lage hatten. Ich erinnere da an die erste Januarhälfte 2019, wo in Lindau der Schienen- und Busverkehr komplett eingestellt wurde, Schulen geschlossen blieben. Wir hatten im Vorhersagegebiet stellenweise 50 bis 80 Zentimeter Schnee binnen kurzer Zeit. Und trotzdem kam im Endeffekt ein zu warmer Winter mit einer Gesamtabweichung von rund +2,0 Grad heraus. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass ein milder Winter eisige Winterlagen mit viel Schnee nicht automatisch ausschließt.“

Wochenblatt: „Und wie sieht es für den Winter 2022/2023 aus? Wird der richtig eisig und schneereich?“

Niklas: „Wenn wir den seriösen Langfrist-Wettermodellen Glauben schenken, nein. Besonders das amerikanische Wettermodell “NOAA” rechnet mit einem exorbitant warmen, fast schon rekordverdächtigen Winter 2022/2023. Das europäische ECMWF-Modell sieht es zwar in der Summe auch zu warm, aber nicht so extrem. Die geringsten Temperaturabweichungen werden da für den Januar vorgesehen, der relativ durchschnittlich ausfallen könnte.

Ich persönlich erwarte einen Winter, der viel durch Hochdruck geprägt sein wird. Haben wir einige Inversionslagen, könnte es bodennah vor allem in der ersten Winterhälfte kalt, teils auch frostig werden. Kommt Wind, also Durchmischung mit Höhenwarmluft ins Spiel, steigen die Temperaturen rasch an. Dennoch könnten uns interessante Wetterlagen bevorstehen, auch für Winterfreunde: Immer wieder, das beobachte ich in der Analyse regelmäßig, werden Kaltlufttropfen berechnet, die kalte Luft von Osten/Nordosten mit einbinden. Das bedeutet, dass es wohl trotzdem ein paar Kaltlufteinbrüche mit Frost geben könnte und auch wird.

PS: Bezüglich des Winters 2022/2023 machen wir in nächster Zeit noch eine angepasste Prognose anhand der neuesten Modellberechnungen. Ebenfalls schauen wir uns an, wie der November zu Ende geht und was uns in der Adventszeit bevorsteht.“