Interview mit Schulleiter Mark Overhage

Interview mit Schulleiter Mark Overhage
Mark Overhage am Schreibtisch des Gymnasiums Bad Waldsee. (Bild: L. Sieber)

Mark Overhage ist seit September 2020 der neue Schulleiter des Gymnasiums in Bad Waldsee. Wir wollten wissen, wie sich der langjährige Lehrer eingelebt hat und was es rund um das Thema Schule Neues gibt.

Seit bald drei Monaten sind Sie der neue Schulleiter des Bad Waldseer Gymnasiums. Würden Sie sagen, dass Sie „angekommen“ sind und wie wollen Sie die Schule prägen?

Ja ich bin angekommen und bin sehr freundlich und positiv aufgenommen worden. Leider fehlen die wichtigen außerunterrichtlichen Veranstaltungen, bei denen man sich auch neben dem Unterricht kennen lernt. Ich habe nun mit fast allen Kolleginnen und Kollegen ein längeres Gespräch geführt und habe eine ungefähre Vorstellung, wie das Zusammenleben und –arbeiten funktioniert. Hier hat jede Schule so seine Eigenheiten und ungeschriebenen Gesetzte. Das Gymnasium Bad Waldsee ist eine Schule, die sehr von den persönlichen Kontakten und dem sehr bemühten Miteinander lebt. Das Verhältnis zwischen Lehrerinnen und Lehrern und den Schülerinnen und Schülern ist sehr gut und man kümmert sich umeinander. Das merke ich selber auch. Die SMV ist sehr engagiert, trotz der Pandemie und den wirklich starken Einschränkungen.

Etwas, dass wir nun schnell gemeinsam angehen ist die Einführung der dritten Fremdsprache Spanisch ab Klasse 8. Alle schulischen Gremien haben zugestimmt. Wenn der Gemeinderat noch zustimmt, dann kann das Regierungspräsidium grünes Licht geben. Ganz stark ist am Gymnasium das Fach Latein vertreten, was ich persönlich sehr gut finde und eine große Stärke der Schule darstellt. Weiter prägen möchte ich auch die Kultur des Förderns und Forderns.

Sie kommen vom Albert-Einstein-Gymnasium aus Ravensburg. Hier waren Sie seit 2013 Schulleiter. Fehlt Ihnen der Charme der alten Handelsstadt?

Ravensburg hat mir als Stadt gut gefallen und ich war sehr gerne Schulleiter und auch geschäftsführender Schulleiter in Ravensburg, aber ich bin mit meiner Familie nun schon seit vielen Jahren hier in Bad Waldsee daheim. Einen Ausflug nach Ravensburg werde ich aber sicher immer mal wieder machen.

Sie sind in Xanten in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. Wie sind Sie mit den Ritualen rund um das Rutenfest in Ravensburg klargekommen?

Ach das Rutenfest ist schon so ein tolles Fest und die Ravensburger Schulen sind da voll und ganz mit dabei. Mir hat es immer imponiert, wie sich eine Stadt so sehr selbst feiern kann. Ich war gerne dabei, war aber auch froh, wenn ich dann nach Hause fahren konnte.

Warum sind Sie Lehrer geworden und würden Sie diesen Beruf heute nochmals wählen?

Ich würde immer wieder Lehrer werden, obwohl mir schnell klar war, dass ich auch gerne das Drumherum ums Unterrichten gerne gemacht habe, deshalb bin ich auch schnell in beratende und leitende Positionen gekommen bzw. ich habe mich beworben und bin genommen worden. Ich erinnere mich noch, als der Berufsberater gemeint hat, es wäre toll, wenn auch nicht so gute Schüler Lehrer würden, da hätte ich dann sicher viel Verständnis für die Sorgen und Nöte der Schülerinnen und Schüler.

Finden Sie auf Grund Ihrer bisherigen beruflichen Stationen, dass „Schule“ auch zukünftig Ländersache sein sollte?

Tja, das ist eine schwierige und sehr politische Frage. Ich habe keine eindeutige Antwort darauf. In Zeiten von Corona sieht man die unterschiedlichen Ansätze und die Vorgehensweisen der Länderminister. Es verunsichert hin und wieder, wenn auf eine Sache sehr unterschiedlich von den Ministerien reagiert wird. Ob es da zentralistisch besser wäre, kann ich gerade nicht so recht beurteilen.

Viele Schulen in Baden-Württemberg sind technisch unzureichend aufgestellt. Wie sieht es mit der Digitalisierung an Ihrer Schule aus?

Da sind wir auf einem guten Weg. Leider sind wir zurzeit noch von einem Breitbandanschluss abgekoppelt, aber da besteht die Aussicht zu Beginn des Jahres 2022 dann dort angeschlossen zu werden. Der Schulträger um Bürgermeister Henne haben da einen guten Weg eingeschlagen. Das Gymnasium ist an sich gut ausgestattet und wir nutzen die Möglichkeiten schon recht gut. In allen Klassenzimmern sind Computer, Beamer und Dokumentenkameras vorhanden.

Wie ist Ihre Meinung zum Thema Smartphone im Klassenzimmer?

Das ist ein sehr spannendes Thema. Mit den mobilen Endgeräten wird sicher die Zukunft des Unterrichts gestaltet werden. Es gibt bis dahin noch viele Fragen zu klären. Im Moment fehlt uns schlicht das wLan für einen wirklich sinnvollen Einsatz. Und als Heft- und Buchersatz finde ich solche Geräte ein wenig überdimensioniert.

Wo sehen Sie die Schule in 10 Jahren? Wird der Präsenzunterricht – so wie wir ihn vor Corona kannten – langsam aussterben?

Da kann ich ganz klar mit Nein antworten. Der persönliche Kontakt miteinander, der Lehrer im Klassenzimmer ist nicht über eine Videokonferenz zu ersetzen. Das haben wir nach dem ersten Lockdown schon gemerkt. Die Kinder brauchen das soziale Miteinander. Die digitalen Räume werden sicher Bestand haben, denn diese eignen sich gut für eine zusätzliche Art der Kommunikation und der Dokumentation und Speicherung von Daten. Wenn wir dann gutes, schnelles Internet im Schulhaus haben und die Fragen zu den mobilen Endgeräten geklärt haben, dann kann eine Lernplattform wie Moodle sicher eine gute Grundlage für den Unterricht in Präsenz darstellen.

Gibt es das Wort Rektor überhaupt noch?

Grundsätzlich sind alle Leiter einer Schule Schulleiter. Es gibt aber die Dienstbezeichnung, die mit der Besoldungsstufe korreliert. Als Schulleiter eines Gymnasiums ist man in der Regel Oberstudiendirektor, als Schulleiter einer Grundschule ist man Grundschulrektor. Nicht sehr durchsichtig.

Früher hatte man als Schüler Respekt, wenn man zum Rektor gerufen wurde. Wie sehen Sie die Entwicklung in Bezug auf das Ansehen der Schüler auf die gesamte Lehrerschaft?

Ich fühle mich sehr respektiert. Das war schon in Ravensburg so und auch jetzt in Bad Waldsee meine ich, dass man mir respektvoll gegenübertritt. Aber ich weiß auch, dass man sich Respekt verdienen muss. Da hoffe ich, dass ich in Bad Waldsee auf einem guten Weg bin.

Sie haben 2 Kinder. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist, einen Lehrer als Vater zu haben. Kommen Sie privat aus dem „Belehrmodus“ auch mal raus?

Ich ertappe mich manchmal schon, dass ich meinem Sohn versuche die Welt zu erklären und komme mir dann vor wie in der Schule. Ob ich ein strenger Vater bin, weiß ich nicht. Ich versuche mein Bestes zu geben und meinen Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen und dabei Tugenden wie Respekt, Gerechtigkeit und Höflichkeit einfließen zu lassen. Es klappt aber wohl nicht immer.

Welche Projekte stehen am Gymnasium an?

Im Moment laufen ein paar Dinge gleichzeitig. Zum einen wollen wir Spanisch ab Klasse 8 und das Fach Wirtschaft in der Oberstufe anbieten. Zum anderen versuchen wir gerade Formate für die Information der Viertklässler und deren Eltern zu finden, bei denen diese sich informieren können. Wir drehen gerade einen Film, in dem wir uns präsentieren. Das Gymnasium Bad Waldsee steht sehr gut da und bietet für die gymnasialen Kinder vielfältige Möglichkeiten. Eine Fünftklässlerin sagte letzte Woche zu mir als sie im Flur traf: Herr Overhage jetzt haben wir Mathe und das ist so cool! Wenn sie solche Sätze hören, dann wissen sie, dass etwas sehr gut läuft.