Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust in Ravensburg

Gedenken zum heutigen Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus in Ravensburg.
Gedenken zum heutigen Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus in Ravensburg. (Bild: Landtag von Baden-Württemberg)

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Stuttgart/Ravensburg – Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Donnerstag, 27. Januar 2022, der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die zentrale Gedenkfeier am Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 77 Jahren fand aufgrund der pandemischen Lage erneut größtenteils im virtuellen Raum statt.

„Pandemie-bedingt sind wir an verschiedenen Orten. Aber unsere Gedanken sind gemeinsam bei denjenigen, die dem Terror der NS-Herrschaft zum Opfer fielen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Gedenkrede, die online ausgestrahlt wurde.

Der Landtag stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. In diesem Jahr sind es die Sinti und Roma. Landtagspräsidentin Aras legte am Mahnmal für die ermordeten Sinti in Ravensburg an der Kirche St. Jodok einen Kranz nieder. „Dieses Mahnmal ist ein Zeichen der Verantwortung und ein Zeichen der Verständigung“, so Aras im Gedenken an die verfolgten Sinti und Roma und alle Opfer des Nationalsozialismus.

Das Mahnmal erinnert an die Menschen, die am 13. März 1943 von Ravensburg nach Auschwitz deportiert und dort größtenteils ermordet wurden. Bei der Kranzniederlegung im kleinen Kreis, die per Livestream auf der Landtagshomepage übertragen wurde, waren unter anderen auch Daniel Strauß, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma Baden-Württemberg, und Dr. Daniel Rapp, Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg, sowie Mitglieder des Landtags.

In ihrer online übertragenen Gedenkrede sagte Landtagspräsidentin Aras: „Wie wir uns erinnern, prägt unsere Gesellschaft. Ob und wie wir uns an die Ausgrenzung von Sinti und Roma erinnern – an die Verbrechen an ihren Gemeinschaften –, das hat Auswirkungen darauf, wie wir als Gesellschaft auf ihre Erfahrungen von Diskriminierung heute reagieren.“ Das Gedenken müsse die Gesellschaft voranbringen. Dies sei der Anspruch des Landtags wie auch der Opfergruppen, die den Gedenktag vorbereiten, so Aras. Die Mahnung „Nie wieder“ und der Anspruch „Nein zu Rassismus“ gehörten daher zusammen.

Im virtuellen Gedenkraum sprach Dr. Karola Fings von der Forschungsstelle Antiziganismus der Universität Heidelberg in einem Fachvortrag über den Völkermord an den Sinti und Roma als „eine Herausforderung für die Gegenwart“. Gezeigt wurde zudem neben einem Grußwort von Oberbürgermeister Dr. Rapp und einem ergreifenden Grußwort von Daniel Strauß ein Filmbeitrag über das Schicksal der Sinti und Roma in Baden-Württemberg: „Das Lager am Rande der Stadt – Verfolgung und Erinnerung in Ravensburg“ von Madeleine Kehrer, Moisha Georgia Klibisch, Armani Spindler, Mandy Trapp und Robert Trapp.

Der Film, in dem die jungen Sinti u. a. die Auschwitz-Überlebende Zilli Schmidt interviewen, erinnert an das Zwangslager Ummenwinkel. Von 1937 an internierte die Stadtverwaltung dort die Ravensburger Sinti. Nach 1945 blieb die Barackensiedlung bestehen und wurde weiter genutzt – eine Maßnahme „zur wirksamen Bekämpfung der Landfahrerplage“, wie es damals hieß.

„Nicht nur in Ravensburg, überall in der Bundesrepublik, haben staatliche Stellen auch nach 1945 Sinti und Roma drangsaliert und an den Rand gedrängt: Manche Überlebende erhielten erst Anfang der 2000er Jahre eine Entschädigung für die Sklavenarbeit, zu der sie in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern gezwungen wurden“, sagte Landtagspräsidentin Aras in ihrer Gedenkrede. Und weiter: „Diese Missachtung, die Fortdauer von Benachteiligung und Ausgrenzung, traf und trifft nicht nur die unmittelbar Betroffenen. Sie hat mehrere Generationen geprägt und sie um ihre Chancen gebracht.“

Musikalisch begleitet wurde das digitale Gedenken durch Aaron Weiss (Klavier) und Sunny Franz (Violine).

Den Mitschnitt der Liveübertragung aus Ravensburg und die weiteren Beiträge der digitalen Gedenkstunde werden zeitnah in die Mediathek auf der Homepage des Landtags gestellt: https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos.html

(Pressemitteilung: Landtag von Baden-Württemberg)