Immer mehr Energiediscounter von Insolvenz bedroht

Immer mehr Energiediscounter von Insolvenz bedroht
Knapp 40 Unternehmen haben, nach Angaben der Bundesnetzagentur, angekündigt die Verbraucher nicht mehr mit Energie versorgen zu können. (Bild: picture alliance / Herbert P. Oczeret / picturedesk.com | Herbert P. Oczeret)

Die Verbraucher müssen für Strom und Gas immer tiefer in die eigene Tasche greifen. Weil die Preise durch die Decke gehen, müssen immer mehr Discounter unter den Energielieferanten Insolvenz anmelden.

Nach Angaben der Bundesnetzagentur, haben bundesweit knapp 40 Unternehmen angekündigt, nicht mehr zu liefern. Deren Kunden müssen nun von den sogenannten Grundversorgern aufgenommen werden. Über diese Entwicklung und was betroffenen Kunden im Fall der Fälle unternehmen können, befragten wir Lundquist Neubauer (Pressesprecher Strom und Gas beim Verbraucherportal Verivox).

Herr Neubauer, warum geben die Anbieter auf?

Viele Strom- und Gasanbieter produzieren Energie nicht selbst, sondern kaufen diese im Großhandel ein. Die Preise an den Energiebörsen sind seit Mitte des Jahres 2021 jedoch regelrecht explodiert. Zwischenzeitlich stiegen die Einkaufskosten der Anbieter in der Spitze um das Neunfache. Vor allem Versorger, die sich kurzfristig am Markt mit Strom oder Gas eindecken, sind dadurch ins Wanken geraten.

Können Sie absehen, wie viele schon das Handtuch geworfen haben?

Über 20 Versorger mussten seit Oktober entweder Insolvenz anmelden oder haben die Belieferung ihrer Kunden ganz oder teilweise eingestellt.

Welche weitere Entwicklung erwarten Sie?

Das hängt maßgeblich von der Entwicklung an den Großhandelsplätzen ab. Werden die Großhandelspreise auch in den kommenden Monaten hoch bleiben, sind Belieferungsstopps weiterer Versorger nicht auszuschließen. 

Lundquist Neubauer von VERIVOX ist Experte für den Strom- und Gasmarkt
Lundquist Neubauer von VERIVOX ist Experte für den Strom- und Gasmarkt (Bild: VERIVOX)

Was kann der Verbraucher tun, wenn sein Anbieter aufgibt, um nicht in den Grundtarif/zum Grundversorger wechseln zu müssen?

Bei einem Lieferstopp eines Strom- oder Gasanbieters springt automatisch die Ersatzversorgung des örtlichen Grundversorgers ein. Es wird also niemals dunkel oder kalt.

Wer dann drei Monate nichts unternimmt, landet automatisch im Grundversorgungstarif des örtlichen Versorgers. Hier profitieren Verbraucher von einer kurzen Kündigungsfrist von nur zwei Wochen. Sie können also innerhalb kürzester Zeit den Anbieter wechseln. Die Ersatzversorgung muss gar nicht gekündigt werden – Verbraucher können einfach einen Vertrag mit einem neuen Anbieter abschließen.

Wer von einem Lieferstopp betroffen ist, sollte die Preise am Markt vergleichen und wenn möglich zu einem günstigeren Anbieter wechseln.

Sind weitere (deutliche) Preiserhöhungen zu erwarten?

Bei Strom fällt 2023 zwar die EEG-Umlage weg, die Strompreise sinken dennoch nicht automatisch. Denn: Der Ausbau und die Integration der Erneuerbaren Energien ins deutsche Stromnetz sind weiterhin eine große Herausforderung und die Kosten dafür werden teilweise über die Netzentgelte auf die Verbraucher umgelegt. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach Strom in den kommenden Jahren steigen wird, so dass mittelfristig nicht mit sinkenden Strompreisen zu rechnen ist.

Auch mit sinkenden Gaspreisen ist kurzfristig nicht zu rechnen. Mittel- bis langfristig werden die überschießenden Preise im Großhandel vermutlich wieder deutlich abebben.

Gleichbedeutend mit fallenden Preisen ist das jedoch nicht. Der Grund: Zum Jahreswechsel hat die nächste Stufe des CO2-Preises gezündet. Die Abgabe auf den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid stieg zum 1. Januar 2022 von 25 auf 30 Euro pro Tonne. Für Gaskunden mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden steigen die durch den CO2-Preis verursachten Kosten von 108 Euro auf 130 Euro pro Jahr. Zum Jahresbeginn hat bereits nahezu jeder Grundversorger seine Preise nach oben angepasst.