IHK: Fachkräftemangel ist großes Problem

Die personelle Lage in einigen Betrieben ist derzeit sehr angespannt: In vielen Bereichen gibt es einen Fachkräftemangel.
Die personelle Lage in einigen Betrieben ist derzeit sehr angespannt: In vielen Bereichen gibt es einen Fachkräftemangel. (Bild: Pixabay)

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Weingarten (wb/dpi) – Langsam erholt sich die Wirtschaft von der konjunkturellen Krise wieder, doch nun stehen viele Firmen vor einem anderen Problem: Der Fachkräftemangel ist hoch und wird sich laut dem IHK-Fachkräftemonitor in den nächsten Jahren auch nicht legen. Auf eine Fachkräftelücke von 52.000 Personen könnte die Situation, so die Prognose der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben anwachsen.

Der Fachkräftebedarf in der Region Bodensee-Oberschwaben rückt wieder verstärkt in den Blickpunkt. Aber schon in der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) zum Frühjahr 2021 schätzten gut vier von zehn Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko ein, diese Sorge wird nun zur bitteren Realität. Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften zieht wieder an, so dass schon für 2022 eine Lücke in Höhe von rund 3.000 Fachkräften prognostiziert wird, heißt es in einer Mitteilung der Industrie und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben.

Weil zahlreiche Erwerbstätige aus den geburtenstarken Jahrgängen in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden, sinkt das Angebotspotenzial enorm. Im Jahr 2035 werden der regionalen Wirtschaft 52.000 Fachkräfte fehlen – davon 48.000 berufsqualifizierte Fachkräfte. Jede vierte Stelle wird unbesetzt bleiben. Bei den akademisch Qualifizierten fällt der Mangel rein zahlenmäßig geringer aus, was auch auf die erhöhte Zahl der Hochschulabsolventen zurückzuführen ist. Er steigt laut IHK-Prognose von 1.500 Personen im Jahr 2022 auf fast 4.000 im Jahr 2035. Aber auch hier wird vermutlich jede vierte Stelle unbesetzt bleiben.

Die Corona-Pandemie ließ die wirtschaftliche Entwicklung in der Region Bodensee-Oberschwaben im Frühjahr 2020 einbrechen und hat die Situation insgesamt verschärft. „Das Personal in den Lockdown-Branchen hat sich im vergangenen Jahr vielfach umorientiert und wird nun schmerzlich vermisst. Um wiederanzufahren, fehlt oft das Fachpersonal – das trifft insbesondere die Hotellerie und Gastronomie, aber auch Ausbildungsplatzsuchende in diesen Branchen“, so Martin Buck, Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben.

Von der Pandemie ebenfalls betroffen sind die exportabhängigen Branchen, wie beispielsweise der Maschinen- oder Fahrzeugbau. Entgegen den Erwartungen hinsichtlich des Transformationsprozesses gibt es in diesen Bereichen ebenfalls einen großen Fachkräfteengpass. Zu den besonders gefragten Fachkräften mit Berufsausbildung gehören beispielsweise Absolventen technischer Entwicklungs- und Konstruktionsberufe, Fachkräfte in der Unternehmensorganisation und -führung, Führer von Fahrzeug- und Transportgeräten oder medizinische Gesundheitsfachkräfte.

„Der Fachkräftemangel wurde insgesamt durch Corona noch verstärkt, da sich die Transformation und Digitalisierung massiv beschleunigt haben. Die Digitalisierung zieht in vielen Berufen mangels aktueller Verfügbarkeit eine weitere Verknappung der Fachkräfte nach sich. Deshalb werden Fachkräfte mit einer qualifizierten dualen Berufsausbildung und einer hochwertigen höherqualifizierenden Weiterbildung künftig für unsere Unternehmen noch wichtiger“, sagt Anje Gering, Hauptgeschäftsführerin der IHK Bodensee-Oberschwaben.

Der demografische Wandel führt zudem dazu, dass die Fachkräfte und die Belegschaft in den Unternehmen deutlich älter werden. So berechnet der IHK-Fachkräftemonitor einen Anstieg des durchschnittlichen Alters von 45 Jahren im Jahr 2021 auf 49 Jahre im Jahr 2035. Deshalb gilt es, verstärkt in die Belegschaft zu schauen und Potenzialträger zu ermitteln und zu fördern – auch mit dem Instrument der höherqualifizierenden Berufsbildung (Fachwirte, Fachkaufleute, Meister, Techniker, Betriebswirte). Damit lassen sich – so die IHK – Perspektiven und gleichzeitig Mitarbeiterbindung entwickeln.

Dass sich die Entscheidung für eine Berufsausbildung mit anschließender höherqualifizierender Weiterbildung auch monetär lohnt, zeigt die vom Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) im Jahr 2019 initiierte und vom Institut für angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen (IAW) verfasste Studie zur Bildungsrendite. Sie ermittelte, dass Personen, die nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung noch einen Meister- oder Techniker-Abschluss erlangen, bis ins 60. Lebensjahr ein höheres Lebenseinkommen haben als akademisch Qualifizierte.

Um die Unternehmen zu unterstützen, bietet die IHK Bodensee-Oberschwaben qualifizierte und kostenfreie Aus- und Weiterbildungsberatung an und hält selbst ein umfangreiches und attraktives Weiterbildungsangebot vor, auch mit verschiedensten Fördermöglichkeiten. So können Betriebe und Ausbildungsinteressierte über die IHK-Lehrstellenbörse zusammenfinden.

Was ist der IHK-Fachkräftemonitor?

Die jährlich aktualisierte Webanwendung IHK-Fachkräftemonitor für Baden-Württemberg (www.fachkraeftemonitor-bw.de) errechnet die Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf dem Fachkräftearbeitsmarkt, den zeitlichen Verlauf des Fachkräftemangels sowie die Berufe mit dem größten Mangel beziehungsweise Überschuss an Fachkräften bis zum Jahr 2035.

Der Monitor basiert auf einem Berechnungs- und Prognosemodell, das die WifOR Wirtschaftsforschung GmbH, Darmstadt, im Auftrag der baden-württembergischen IHKs entwickelt.