Europas größte Reiterprozession Hoch zu Ross und Gott zur Ehr: Blutfreitag in Weingarten

Für jeden Reiter ist es eine Ehre, beim Blutritt dabei zu sein.
Für jeden Reiter ist es eine Ehre, beim Blutritt dabei zu sein. (Bild: Pfarrbüro St. Martin)

Weingarten (le) – Wenn am 27. Mai früh am Morgen das Hufgeklapper von über 2.500 glänzend gestriegelten Pferden, besetzt mit stolzen Reitern in Frack und Zylinder, erschallt, dann ist Blutfreitag. Europas größte Reiterprozession wird von unzähligen Pilgern ehrfurchtsvoll am Straßenrand bestaunt. Ganz neu in diesem Jahr ist, dass auch Frauen mitreiten dürfen – das erste Mal seit Jahrhunderten.

Ein Blutstropfen von Jesu

Die Verehrung der Heilig-Blut-Reliquie gehört seit über 900 Jahren zum festen Brauchtum der Stadt. Der Freitag nach Christi Himmelfahrt ist im oberschwäbischen Weingarten wie ein Feiertag. Der Legende nach birgt die Reliquie, die in der Basilika St. Martin aufbewahrt wird, einen Blutstropfen von Jesus Christus. Coronabedingt fand der Blutritt in den letzten beiden Jahren nur in sehr abgespeckter Form statt. Dekan Ekkehard Schmid trägt bei der diesjährigen Reiterprozession zum zwölften Mal die Heilig-Blut-Reliquie.

Rossbollenmarsch

Manch Einheimischer nennt die feierliche Prozession schmunzelnd nur „Rossbollenmarsch.“ Das Stadtbild bestimmen Pferd, Reiter und viele Musikanten. Letztere tapsen bei ihrem musikalischen Einsatz unweigerlich in unzählige Hinterlassenschaften der Pferde. Was aber der guten Laune und der Ehre des Dabeiseins nichts anhaben kann.

Lichterprozession zum Kreuzberg

Die Feierlichkeiten zum Blutfreitag beginnen bereits an Christi Himmelfahrt (26. Mai.) Nach der Festpredigt um 20.30 Uhr, die auch auf den Basilikavorplatz übertragen wird, ziehen unzählige Gläubige bei Einbruch der Dunkelheit in einer Lichterprozession betend und singend durch die erleuchtete Stadt zur Andacht auf den Kreuzberg.

Erstmals dürfen sich Frauen unter die Reiter mischen

Pünktlich um 7 Uhr beginnt am Blutfreitag die Reiterprozession. Erwartet werden bis zu 2.500 Reiterinnen und Reiter in Frack und Zylinder, darunter auch die jeweiligen Pfarrer oder andere Priester und Pastorale Mitarbeiter. Während Ministrantinnen schon seit Jahren mitreiten dürfen, macht ein Beschluss des Kirchengemeinderats St. Martin in Weingarten dies nun erstmals auch erwachsenen Frauen möglich. Die Entscheidung über deren Teilnahme treffen die jeweiligen Ortsgruppen.

Um den Segen Gottes bitten

Dekan Ekkehard Schmid trägt bei der diesjährigen Reiterprozession zum zwölften Mal die Heilig-Blut-Reliquie.
Dekan Ekkehard Schmid trägt bei der diesjährigen Reiterprozession zum zwölften Mal die Heilig-Blut-Reliquie. (Bild: picture alliance / dpa | Felix Kästle)

Die Prozession zieht mit der Weingartener Gruppe und dem Heilig-Blut-Reiter auf einem zehn Kilometer und drei Stunden langen Weg durch die Stadt und die angrenzenden Flure, wo die Teilnehmenden betend um den Segen Gottes für die Natur, für sich und für ihre Familien bitten. Begleitet wird der imposante Reiterzug von den jeweiligen Musikkapellen. Auf der Tribüne vor dem Rathaus sitzt jede Menge Prominenz, u.a. auch Gesundheitsminister Manne Lucha.

Programmübersicht

Christi Himmelfahrt, 19.15 Uhr: Abendmesse mit dem Basilikachor in der Basilika – 20.30 Uhr: Festpredigt durch Abt German Erd vom Stift Stams, anschließend Lichterprozession mit gemeinsamer Andacht der Pilger

Blutfreitag, 7 Uhr: Übergabe der Heilig-Blut-Reliquie an den Blutreiter am Kirchenportal, dann Beginn des Blutritts in der Abteistraße – 11 Uhr: Empfang der Heilig-Blut-Reliquie im Äußeren Klosterhof – Schlusssegen und um 11.15 Uhr: Pontifikalamt mit Abt German Erd.

Dank Welfengemahlin Judith von Flandern

Die Heilig-Blut-Reliquie wurde in der oberitalienischen Stadt Mantua im Jahr 804 erstmals aufgefunden, in den Wirren der Geschichte versteckt und in Vergessenheit geraten, wurde sie 1048 wiederentdeckt und später zwischen der Stadt Mantua, dem Papst in Rom und dem deutschen Kaiser Heinrich III. geteilt. Der kaiserliche Teil gelangte 1094 über die Welfengemahlin Judith von Flandern ins Benediktinerkloster Weingarten, das die Welfen zuvor auf dem dortigen Martinsberg gegründet hatten und das noch heute Grabstätte des europäischen Adelsgeschlechts ist. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich eine starke Wallfahrtstradition, deren Höhepunkt bis heute alljährlich der Blutritt ist.

Verkehrshinweise zum Blutfreitag

In den Stunden vor und während des Blutritts am 27. Mai haben in Weingarten Reiter und Pferde absoluten Vorrang. Für den Autoverkehr bringt dies erhebliche Einschränkungen mit sich. Informationen dazu gibt es hier.

(Quelle: Stadt Weingarten)