Haushaltsberatungen: Einnahmen durch Gewerbe- und Einkommenssteuer zu niedrig

Der Riedlinger Haushalt hat ein riesiges Einnahmenproblem, jetzt müssen die Ersparnisse dran glauben.
Der Riedlinger Haushalt hat ein riesiges Einnahmenproblem, jetzt müssen die Ersparnisse dran glauben. (Bild: Daniel Kamann/dpa/Symbolbild)

Bei den Haushaltsreden im Riedlinger Gemeinderat, wurde ein seit Jahren bekanntes Problem deutlich angesprochen: Die Stadt hat seit Jahrzehnten versäumt, seine Einnahmesituation durch eine gezielte Wirtschaftsförderung zu verbessern. Weder die anteilige Lohn- und Einkommenssteuer noch die erzielte Gewerbesteuer haben das notwendige Niveau, um Riedlingen die dringend notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Wie sich die Fraktionen von CDU, MtG! und WiR zum Haushaltsentwurf äußerten, stellen wir in Auszügen dar.

Jörg Bossler (CDU): „Keine zweifelhaften Entscheidungen mehr“

Für die CDU wies Fraktionssprecher Jörg Bossler auf das schmelzende Finanzpolster der Stadt hin. Er erinnerte daran, dass seine Fraktion im letzten Jahr vorgeschlagen habe, dass sich die Stadt von unwirtschaftlichen und teuren Immobilien trennen solle und Strukturveränderungen im Kinderbetreuungswesen vornehmen solle. Bossler stellte dazu den Antrag: „Die Verwaltung möge im Laufe des ersten Halbjahres mindestens zwei städtische Immobilien vorstellen, deren Veräußerung zum einen Geld in die Stadtkasse brächte und zum anderen eine dauerhafte finanzielle Entlastung mit sich bringt.“ Bei der Weiterentwicklung der Kindertagesstätten solle das Strategiepapier zügig umgesetzt werden.

Bossler präsentierte Vorschläge, wie die Einnahmesituation der Stadt zu verbessert werden können: „Wir beantragen zur Verbesserung der Einnahmensituation eine regelmäßige Neukalkulation von Gebühren, Verwaltungsgebühren, Pachten, Mieten usw. Mögliche Vorschläge zur Umsetzung erwarten wir noch in diesem Jahr.“ Der Fraktionssprecher verwies auf die Notwendigkeit zur Begrenzung. Als eine mögliche Lösung schlug er vor, auf allen städtischen Gebäuden mit möglichst viel Taglichtnutzung die Planung und Installation von PV-Anlagen, mit dem Ziel, den so produzierten Strom größtmöglich selbst zu nutzen. „Wir beantragen eine Planung hierzu im ersten Halbjahr und eine Realisierung von möglichst zwei Anlagen pro Jahr ab dem zweiten Halbjahr 2023,“ so Bossler, der auch sechs Gebäude ins Gespräch brachte, die sich aus Sicht der Fraktion dafür eignen würden.  

Die CDU-Fraktion, so Bossler, erwartet bei der geplanten Gartenschau ein maßvolles Agieren und Planen. „Die Gartenschau findet in 12 Jahren statt. Sicherlich eine große Chance für Riedlingen. Sollten wir aber in diesem Tempo, weiter mehr als zweifelhafte und zu hinterfragende Entscheidungen treffen mit solch finanziellen Auswirkungen, so ist die Stadt bis dahin zahlungsunfähig,“ betonte Bossler. Er verwies dabei auf ein getätigtes Grundstücksgeschäft mit überhöhtem Kaufpreis, sowie die Planungen für den Bau eines kostspieligen Gewächshauses. 

Manfred Schlegel (MtG!): „Wir gehen an das Tafelsilber“

Der Fraktionssprecher von „Mut tut gut“ (MtG!) verwies darauf, dass der vorgelegte Haushalt erstmals die 30 Millionen Euro sprenge. Dies allerdings zum Preis, dass 5,3 Millionen Euro nicht durch Einnahmen gedeckt seien. Der notwendige Griff in die noch vorhandenen Rücklagen, reduziere diese auf knapp 10 Millionen. Wörtlich: „Wenn wir so weiter machen und fünf Millionen mehr ausgeben, als wir einnehmen, sind wir in drei Jahren blank!“ Schlegel regte an, die Personalkosten zu deckeln und den Haushalt auf Einsparpotenziale zu durchleuchten.

Zur Gartenschau 2035 bat der Fraktionssprecher darum, dem Gemeinderat zügig die geplanten Ideen und Projekte, sowie deren erwartbaren Kosten bis 2035 zu beziffern. Schlegel wurde deutlich. „Wir müssen verhindern, dass wir erst kurz vor ihrer Realisation feststellen, sie schlicht und einfach nicht bezahlen können. Dies wäre nicht nur äußerst schade, sondern peinlich.“

Zum Projekt „lebendige Altstadt“ vermerkte Schlegel: „Es ist fünf vor 12!“ Er plädierte für vorzeigbare Ergebnisse und schlug vor, von den bisher vorgesehenen 500.000 Euro, die für „Innovative Konzepte und Handlungsstrategien“, sowie „Machbarkeitsstudien, Beratungsleistungen, Gutachten, Planungen“ bereitgestellt seien, etwas abzuzweigen, um diese Mittel in eine praktische Umsetzung und damit in „greifbare Ergebnisse“ zu investieren. Zudem forderte er  einen Hauptakteur für das Projekt: „Das Vorhaben steht oder fällt mit dem Hauptakteur, der dieses im Alltag mit vollem Elan und vollem Herzen nach vorne bringt.“  

Henle (WiR): „Wir leben vom Sparbuch runter“

Axel Henle von der Fraktion WiR (Wir in Riedlingen), hielt seine erste Haushaltsrede und die hatte es in sich. Der Steuerberater zeigte in seiner Rede deutlich auf, warum die Einnahmesituation dringend verbessert werden muss. Dazu zählt er die Ansiedlung von Betrieben und die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Nach seinen Worten wurde dieses Thema viel zu lange vernachlässigt. Im Vergleich zu benachbarten Städten sieht Henle eine katastrophale Entwicklung: „Es gibt einen starken Anstieg bei der Einwohnerzahl in Riedlingen, jedoch ohne neue Jobs!“

Mit Tabellen, die den Vergleich zu benachbarten Städten und Gemeinden zeigten, untermauerte er seine Aussagen zur niedrigen Gewerbesteuer im Donaustädtchen. Besonders deutlich wurden die Versäumnisse der Stadt bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Riedlingen weise als einzige Stadt gegenüber 1999 ein Minus aus. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum legten Bad Buchau um 30 Prozent und Bad Schussenried um 60 Prozent zu.    

Henle bemängelte, dass sich der Gemeinderat in der Vergangenheit zu lange und intensiv mit Projekten beschäftigte, die in keiner Relation zur Einnahmesituation standen. Speziell nannte er die Dauerthemen Kernstadtentlastungsstraße, Gartenschau und Altstadt. Bei diesen Themen sei so lange diskutiert worden, dass der wirtschaftliche Aspekt vollkommen aus dem Fokus geriet. Als Beispiel führte Henle an, dass die Stadt über kein nutz- und brauchbares Gewerbegrundstück verfüge. Als weitere Fehlentwicklungen zählt Henle auch die Belastung der Riedlinger Bürger bei der Grundsteuer. Diese sei gegenüber der reichen Kreisstadt Biberach um 85 Prozent höher.

Henles Fazit: Es müssen dringend günstige Gewerbegebiete ausgewiesen werden, das Gesundheitszentrum sei unentbehrlich für künftige Arbeitsplätze, die Gartenschau und das Projekt „Lebendige Altstadt“ sollten auf den Prüfstand gestellt werden.