Handwerkskammer Ulm: Bürokratie kann Klimaschutz verhindern

Handwerkskammer Ulm: Bürokratie kann Klimaschutz verhindern
Die Handwerkskammer Ulm spricht sich gegen zu viel Bürokratie aus. (Bild: Handwerkskammer Ulm)

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Ulm – Das Handwerk hofft darauf, dass aus der aktuellen Mitteilung der EU-Kommission zur Renovierungswelle eine breite Initiative mit Anreizen zur Gebäudesanierung wird. Wenn in den kommenden Jahren mindestens doppelt so viele Gebäude saniert werden als bisher, kann das – laut Mitteilung der Handwerkskammer Ulm – zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führen.

Die Handwerksbetriebe sind an der Seite der Politik und unterstützen bei der Umsetzung der Klimaschutzziele. Denn es sind die Handwerkerinnen und Handwerker, die die neuen Technologien in die Keller oder auf die Dächer der Menschen bringen können. „Green deal geht nicht ohne unser grünes Handwerk“, betont Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, „es sei denn man will nur reden und beschließen und es nicht wirklich machen“. 

Die Handwerkskammer Ulm weist aber darauf hin, dass die Modernisierungen für das Handwerk und seine Kunden nicht mit überzogenen Auflagen verbunden sein dürfen – sondern mit Anreizen. Sonst macht man dem Verbraucher keine Lust auf Investitionen in Klimaschutz, weil die Bürokratie es für ihn teuer macht und dem Handwerksbetrieb auch nicht.

Dazu Tobias Mehlich: „In den Corona-Zeiten haben wir es gesehen: Bürokratie hemmt die Wahrnehmung von Förderung ganz massiv und verhindert damit das gesetzte Ziel. Das darf uns beim Klimaschutz nicht auch passieren.“ Die meisten Handwerksbetriebe in der Region fördern und unterstützen bereits Maßnahmen zum Klimaschutz. So zum Beispiel Wärmedämmung, Heizungserneuerung oder Erneuerung der Fenster.

Dies würde im Kammergebiet zum Beispiel von 30 Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierern, fast 100 Dachdeckern, 600 Maurern, 160 Klempnern, fast 1000 Installateur und Heizungsbauern und rund 70 Glasern umgesetzt.

Als Beispiel, wie viel Geld da fließt: eine Dachdämmung kostet je nach Dämmvariante zwischen 100 und 180 Euro pro Quadratmeter, eine Fassadendämmung je nach Dämmvariante zwischen 30 und 200 Euro pro Quadratmeter, energiesparende Fenster je nach Verglasung und Rahmenmaterial zwischen 500 und 800 Euro pro Fenster und bei dem Tausch einer Öl- oder Gasheizung geht es bei 5.000 Euro los, Wärmepumpen gibt es ab 8.000 Euro.

Allein im Alb-Donau-Kreis gibt es für potentielle Renovierungen oder Sanierungen rund 90.000 Wohnungen und rund 55.000 Wohngebäude, die für das Erreichen der Klimaziele angepackt werden können, im Stadtkreis Ulm rund 63.000 Wohnungen und fast 21.000 Wohngebäude, im Landkreis Biberach rund 93.000 Wohnungen und 56.600 Wohngebäude, im Bodenseekreis rund 110.000 Wohnungen und 47.700 Wohngebäude, im Landkreis Heidenheim 63.200 Wohnungen und rund 35.000 Wohngebäude, im Ostalbkreis mehr als 147.700 Wohnungen und rund 81.000 Wohngebäude und im Landkreis Ravensburg 131.500 Wohnungen und 66.700 Wohngebäude.

In Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr 15.500 neue Wohngebäude gebaut. Interessant ist, so die HWK weiter, dass zum August 2020 im Land 3750 Neubauwohnungen zum Bau freigegeben wurden und damit sechs Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2019. Dazu kommen noch über 3660 bestehende Wohnungen, an denen Baumaßnahmen wie Sanierungen vorgenommen wurden.

Neben der Vermeidung unnötiger Bürokratie muss bei Modernisierungsvorhaben im Quartiersmaßstab gewährleistet sein, dass sich Handwerksbetriebe an der Planung, am Bau sowie an der Bewirtschaftung der Quartiere beteiligen können und künftig einen fairen Zugang zu den in intelligenten Gebäuden anfallenden Daten haben.

So können sie ihren Kunden passgenaue Dienstleistungen auch im Nachgang zur Neuerstellung wie Wartung und Reparatur anbieten. „Unser regionales Handwerk darf nicht ausgeschlossen werden von den Datenflüssen, sonst hat es bald keine Chance mehr zur Kundenansprache und Kundenbetreuung. Das ist eine große Gefahr“, warnt Mehlich abschließend.