Handwerksbetriebe brauchen eine Perspektive

Die Handwerkskammer Ulm drängt auf schnelle Lösungen für die regionalen Betriebe.
Die Handwerkskammer Ulm drängt auf schnelle Lösungen für die regionalen Betriebe. (Bild: pixabay)

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Ulm – Der Impfstoff im Zuge der Corona-Pandemie wird – laut Mitteilung der Handwerkskammer Ulm – wegen der Lieferengpässe aller Voraussicht nach bis ins Frühjahr 2021 hinein knapp bleiben. Umso mehr wünscht sich und braucht das Handwerk jetzt eine Strategie von der Politik.

Denn es gehe darum, wie in den kommenden Wochen die Einschränkungen für die Bevölkerung allgemein und speziell für die Wirtschaft gestaltet werden sollen. Die Handwerkskammern haben deshalb für das baden-württembergische Handwerk einen Vorschlag für eine Exit-Strategie erarbeitet.

Diese Strategie schlägt – so die HWK weiter – eine behutsame, dem Gesundheitsschutz entsprechende, Öffnung für Handwerksbetriebe und Bildungseinrichtungen ab dem 15. Februar vor. Denn die Lage für die betroffenen Handwerksbetriebe verschärfe sich von Tag zu Tag mehr.

Mit jeder weiteren Verlängerung der Maßnahmen leiden die Handwerksbetriebe zunehmend unter den Auswirkungen des Lockdowns. Allein im Gebiet der Handwerkskammer Ulm von der Ostalb bis zum Bodensee sind mehr als 3000 der insgesamt 19.500 Betriebe von den aktuellen Schließungen direkt betroffen.

In diesen Betrieben – hauptsächlich Friseur- und Kosmetikbetriebe – arbeiten knapp 10.000 Beschäftigte. „Es kann nicht einfach immer weiter und weiter so gehen. Es ist für sehr viele Betriebe jetzt zwölf“, stellt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, klar.

Und: Weil auch die zugesagten Finanzhilfen des Bundes weiter auf sich warten ließen oder bislang nur teilweise ausgezahlt würden, sei die Situation zunehmend existenzgefährdend. Deshalb wachsen im regionalen Handwerk der Unmut und das Unverständnis. Die Betriebe benötigen daher jetzt eine klare Perspektive.

Sie brauchen die finanziellen Unterstützungsleistungen und sie brauchen Klarheit, wann und in welcher Form sie wieder öffnen dürfen. Sonst droht die Stimmung zunehmend zu kippen. Daher braucht es jetzt eine Exit-Strategie. Das Handwerk schlägt ein schrittweises Vorgehen für Öffnungen vor – in Kombination mit effektiven Hygienekonzepten.

Bei einer Inzidenz unter 100 sollen alle Gewerke im Handwerk, also auch körpernahe Dienstleistungen wie Friseure und Kosmetiker, ihrer Tätigkeit wieder uneingeschränkt nachgehen dürfen. In der Stadt Ulm und den sechs Landkreisen im Gebiet der Handwerkskammer Ulm gibt es insgesamt 1381 Kosmetikbetriebe und 1699 Friseurbetriebe.

Davon befinden sich 174 Kosmetiker / 219 Friseure im Alb-Donau-Kreis, 163 / 218 im Landkreis Biberach, 217 / 236 im Bodenseekreis, 121 / 130 im Landkreis Heidenheim, 283 / 402 im Ostalbkreis, 281 / 361 im Landkreis Ravensburg und 142 / 133 im Stadtgebiet Ulm.

Auch für die Aus- und Weiterbildung, insbesondere in den überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks, ist ein strategisches Vorgehen vonnöten. „Nicht nur Abiturprüfungen stehen an, auch viele Gesellen- und Meisterprüfungen. Sie gilt es ernst zu nehmen und den Kandidaten keine Steine in den Weg ihrer beruflichen Entwicklung zu legen“, betont Mehlich.

Denn wenn der jetzige „Status Quo“ weiter beibehalten wird, werde sich die Ausbildungs- und damit die Fachkräftesituation im regionalen Handwerk weiter verschlechtern. 2020 sei das Handwerk im Ulmer Kammergebiet mit einem leichten Minus bei den neuen Lehrverträgen im Vergleich zum Vorjahr noch glimpflich davongekommen.

Die Handwerkskammer Ulm warne nun aber davor, dass sich die Ausbildungszahlen in diesem Jahr nicht zuletzt wegen der beschränkten Unterrichtsmöglichkeiten ein weiteres Mal verschlechtern könnten. Hier gelte es rechtzeitig gegenzusteuern, um größeren Schaden abzuwenden.

Daher soll beispielsweise bei einer Inzidenz unter 50 das gesamte außerbetriebliche Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebot in Präsenz bei reduziertem Regelbetrieb zulässig sein. Die HWK-Bildungsstätten in Ulm am Kuhberg, am Eselsberg, aber auch in Friedrichshafen und in Schwäbisch Gmünd seien offen für die Durchführung von täglichen Schnelltests, um die Sicherheit vor Ort zu erhöhen.