Grundstein für Weltraumradare: Vor 30 Jahren startete der erste europäische Erderkundungssatellit ins All

Nach neun Jahren im Dienst endete die ERS-1-Mission am 10. März 2000.
Nach neun Jahren im Dienst endete die ERS-1-Mission am 10. März 2000. (Bild: Airbus Heritage)

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Friedrichshafen (wb) – Vor 30 Jahren, am 17. Juli 1991 um genau 3.46 Uhr, startete eine Ariane-4-Trägerrakete mit dem Erdbeobachtungssatelliten ERS-1 der Weltraumorganisation ESA ins All. ERS-1 ist der Urahn aller modernen europäischen Erdbeobachtungssatelliten: Die Mission des ERS-1 markiert laut Pressemitteilung von Airbus Defence and Space sowohl den Anfang der modernen Erdbeobachtung der ESA als auch den Beginn einer langen und erfolgreichen Fernerkundungsgeschichte des Raumfahrtbereichs von Airbus.

Der rund 2,4 Tonnen schwere ERS-1, unter der Führung der heutigen Airbus Defence and Space von einem Industriekonsortium mit mehr als 50 Unternehmen in 14 Ländern entwickelt und gebaut, war der modernste und komplexeste Satellit seiner Zeit und verfügte als erster europäischer Satellit über ein Radarsystem sowie eine Mikrowellen-Instrumentierung für Messungen und Bildaufnahmen über See und über Land. Damit wurde erstmals die Beobachtung von Gegenden dieser Erde ermöglicht, die sich oft den Blicken von Satelliten durch häufige Wolken- oder Nebelbildung entziehen.

Der rund 2,4 Tonnen schwere ERS-1 war der modernste und komplexeste Satellit seiner Zeit.
Der rund 2,4 Tonnen schwere ERS-1 war der modernste und komplexeste Satellit seiner Zeit. (Bild: Airbus Heritage)

Herz des ERS-1, der die Erde in einer Höhe von 785 Kilometern auf einer polaren Bahn umkreiste, war ein Radar: Bei jedem Umlauf tastete der Strahl einen 4000 Km langen und 100 Km breiten Streifen auf der Erdoberfläche ab. Daraus ließen sich Bilder mit einer Auflösung von 30 Metern erstellen. Nach neun Jahren im Dienst, mehr als dem Dreifachen der geplanten Lebensdauer, endete die ERS-1-Mission am 10. März 2000.

Seit dem Start im Juli 1991 absolvierte er 45.000 Orbits und funkte 1,5 Millionen Radarbilder zur Erde. ERS-1 gilt heute auch als Wegbereiter der Umweltforschung aus dem Weltraum. Mit dem Start von ERS-2 vier Jahre später eröffneten sich noch mehr Einsatzmöglichkeiten, unter anderem verfügte dieser Satellit über ein Ozonmessgerät

„ERS-1 war die Initialzündung für eine einmalige Entwicklung in Europa", sagt Experte Volker Liebig.
„ERS-1 war die Initialzündung für eine einmalige Entwicklung in Europa“, sagt Experte Volker Liebig. (Bild: ESA)

Volker Liebig, von 2004 bis 2016 Direktor für Erdbeobachtung der Europäischen Weltraumorganisation ESA, bewertet in der Rückschau das erste Fernerkundungs-Programm: „ERS-1 war die Initialzündung für eine einmalige Entwicklung in Europa. Erdbeobachtung ist wahrscheinlich der einzige Raumfahrtbereich, in dem Europa weltweit führend ist und in den die Staaten auch vergleichbar zu den USA investiert haben. Ohne den Erfolg des ERS-Programmes wäre das wohl nicht passiert.“ Aufbauend auf den ERS-Erfahrungen entwickelten sich eine Reihe nationaler Satellitenprogramme und weitere europäische Vorhaben.

Mit dem Start von Sentinel-1, der ein ebenfalls ein C-Band-Radar von Airbus trägt, erhielt das europäische Copernicus-Programm (EU/ESA) für Umwelt und Sicherheit seinen im April 2014 ersten „eigenen“ Satelliten.

Copernicus ist entwickelt worden, um in sechs Schlüsselbereichen wichtige Informationen zu geben: Landüberwachung, Überwachung der Meeresumwelt, Katastrophen- und Krisenmanagement, Überwachung der Atmosphäre, Überwachung des Klimawandels und Sicherheit. „Mit Copernicus ist Europa endgültig bei der Erdbeobachtung in die Führung gegangen“, so Liebig weiter. „Heute beglückwünscht uns die ganze Welt zu diesem System, das so wichtige Umweltdaten über unsere Erde liefert. Seit ERS-1 haben wir nun Datenreihen, z.B. für die Eisbedeckung der Pole, den Meeresspiegelanstieg, die Temperaturentwicklung der Ozeanoberflächen und viele andere Klimavariablen.“