Großprojekte beschäftigen die Bürger-Energiegenossenschaft Region Wangen im Allgäu eG

Viele Sonne und die neue Solaranlage auf dem Dach des Kindergartens St. Raphael haben der BürgerEnergiegenossenschaft Region Allgäu 2020 zu einer Rekord-Solarstrom-Ausbeute verholfen.
Viele Sonne und die neue Solaranlage auf dem Dach des Kindergartens St. Raphael haben der BürgerEnergiegenossenschaft Region Allgäu 2020 zu einer Rekord-Solarstrom-Ausbeute verholfen. (Bild: BEG)

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Generalversammlung hört die Berichte aus zwei Jahren

Wangen – Großen Zuspruch hatte die Generalversammlung der BürgerEnergiegenossenschaft Region Wangen im Allgäu eG (BEG) im Dorfgemeinschaftshaus in Deuchelried. Angesichts der Pandemie musste die Versammlung im vergangenen Jahr ausfallen. So wurde jetzt der Beschluss über die Dividenden-Ausschüttung von 3 Prozent für 2019 nachgeholt. Den Jahresabschluss hatte der Aufsichtsrat satzungsgemäß bereits 2020 beschlossen. Auch die Berichte für 2020 standen auf der Tagesordnung. Der Aufsichtsrat wurde neu gewählt.

Zu Beginn der Sitzung erinnerte der Aufsichtsratsvorsitzende Oberbürgermeister Michael Lang an den im vergangenen Jahr verstorbenen Vorstand der BEG, Siegfried Bührer, der gemeinsam mit dem damaligen Achberger Bürgermeister Johannes Aschauer die BEG im Aufbau entscheidend geprägt habe. Nach einer Gedenkminute stieg die Versammlung in die Berichte und damit in die Entwicklung der BEG ein.

Nach einem aus technischer Sicht eher ruhigen Jahr 2019 konnte der technische Vorstand, Wolfgang Friederich, von einer Reihe spannender Veränderungen und Planungen seit 2020 berichten. Im Februar 2020 kam die 13. Photovoltaikanlage der BEG auf dem Dach des neuen Kindergartens St. Raphael in Primisweiler dazu. Alle PV-Anlagen zusammen haben somit eine Leistung von 461,3 Kilowatt Peak (kWp).

Im Jahr 2019 reichte die Sonneneinstrahlung nur für eine Strommenge von 435 900 Kilowattstunden (kWh), während 2020 bei viel Sonnenschein und mit der neu gebauten Anlage erstmals die Marke von 500 000 Kilowattstunden überschritten wurde. „Die Prognose für 2021 liegt jedoch deutlich niedriger“, sagte Friedrich. Wegen des regenreichen Jahres rechnet er mit rund 440 000 kWh. Das heißt auch, dass der Ertrag deutlich unter dem des Vorjahres liegen werde.

Drei neue, in der Planung befindliche Projekte konnte Friedrich der Versammlung präsentieren. So ist aktuell auf dem Dach des Fachklassengebäudes an der Johann-Andreas-Rauch-Realschule eine PV-Anlage in der Größe von 20 kWp geplant. In eine völlig neue Dimension steigt die BEG mit dem „Mieterstromprojekt“ auf den drei im Bau befindlichen Punkthäusern im Auwiesengelände ein. Die PV-Anlagen werden eine Größe von insgesamt 145 kWp und einen Batteriespeicher von rund 130 kWh haben. Die Anlage soll 2023 in Betrieb genommen werden.  Die Verträge wurden dazu am 10. September 2021 mit der Bauherrschaft Volksbau Wangen und dem Unternehmen Polarstern, das die Mieterstromverteilung und die Abrechnung übernimmt, unterzeichnet.

Als drittes neues Projekt plant die BEG gemeinsam mit der EnBW Solar GmbH Stuttgart den Bau einer Photovoltaikanlage an der Autobahn zwischen Humbrechts und Ettensweiler in der Größenordnung von 4000 bis 5000 kWp, verteilt auf zwei Flächen. Die politischen Gremien haben bereits grünes Licht für das Planungsverfahren gegeben. Jetzt laufen die Planungen unter Einbeziehung aller, die dabei zu hören sind.

Für den Aufsichtsratsvorsitzenden OB Lang ist völlig klar, dass zu einer Zeit, in der von Bund und Land die Klimaneutralität bis 2040 als verpflichtend angesehen wird, die Kommunen reagieren müssen. Es werde deshalb nicht die Frage sein, ob man solche Solarparks baue, sondern ob es zehn oder 15 sind. BEG-Mitglied und Stadtrat Mathias Bernhard gab zu bedenken, dass im speziellen Fall von den Bürgerinnen und Bürgern insbesondere die Lärmbelastung durch die Autobahn angemahnt werde und warf deshalb die Frage auf, ob sich eventuell Lärmschutz und das Energiethema verbinden lassen.

Die scheinbar unendliche Geschichte um die Genehmigung des Windparks „Länge“ auf der Baar, an dem sich die BEG beteiligt hat, geht weiter. Nachdem höchstrichterlich geklärt worden war, dass die Genehmigungspraxis des Landes Baden-Württemberg für solche Anlagen falsch war, musste das gesamte Verfahren neu aufgerollt werden. Geplant sind in „Länge“ sechs Windkraftanlagen mit einer Leistung von 34 Megawatt.  Wenn das Planungsverfahren jetzt optimal läuft, könnte das Projekt 2024 in Betrieb gehen. Ob es so kommt, hängt davon ab, ob es neue Klagen gibt, wie Friedrich erläuterte.

Eine Erfolgsgeschichte ist nach seinen Worten hingegen das LED-Lichtcontracting mit den Stadtwerken Wangen im Allgäu. Die Betriebsergebnisse liegen nach seinen Worten mit 75 Prozent deutlich über den vereinbarten Energieeinsparungen.

Die Jahresabschlüsse für 2019 und 2020 stellte der für die Finanzen zuständige Christoph Müller vor. Der Windpark „Länge“ beschäftigte auch ihn. Weil das Projekt nur schleppend vorangeht und die Projektgesellschaft auf Kapital Negativzinsen zahlen muss, überwies sie 100 000 Euro aus der Beteiligung der BEG zurück. „Sie werden wieder einbezahlt, wenn der Windpark kommt“, sagte er. „Zum Glück“ habe man die Beteiligung 2016 teilweise über einen Kredit finanziert. Somit konnten mit der Rücküberweisung die Verbindlichkeiten zurückgeführt und Negativzinsen vermieden werden.  Erfreulich in diesem Zusammenhang: Der zuständige Landkreis Schwarzwald-Baar-Heuberg zahlt die Gebühr für die nichtige Genehmigung in Höhe von rund 500 000 Euro an die Projektgesellschaft zurück.

Erfreulich entwickelte sich 2019 die Beteiligung der BEG am Windpark Berghülen (Alb-Donau-Kreis) und brachte mit 5790 Euro einen deutlich höheren Ertrag als im Vorjahr. „Schlechte Sonnenjahre sind meistens gute Windjahre“, sagte Müller.

Insgesamt legte er eine Bilanz von 962.170 Aktiva und Passiva für 2019 und jeweils 951.401 Euro für 2020 vor. Für 2020 schlug Müller eine Dividende von 2,5 Prozent vor, die einstimmig von der Generalversammlung angenommen wurde. Die Dividende bemisst sich am Bilanzgewinn von 20 000 Euro, der 5000 Euro unter dem des Vorjahres lag. Der Genossenschaftsverband bescheinigte der BEG gutes Wirtshaften, wie Aufsichtsratsvorsitzender OB Lang verlas.

Namen und Nachrichten

Bei den Wahlen stellten sich alle bisherigen Aufsichtsräte wieder zur Verfügung und wurden einstimmig wieder gewählt. Neu im Gremium ist der frisch ins Amt eingesetzte Bürgermeister Tobias Walch aus Achberg Pals Vertreter der Gemeinde. Das Gremium besteht nun also aus folgenden Mitgliedern: Dr. Johannes Aschauer, Carmen Cremer, Christine Bucher, Günter Engler, Hans-Dieter Dörr, Walter Gebhard, Anton Glatthaar, Rolf Haag, Lothar Krug, Thomas Landsbek, Michael Lang, Markus Mischke, Prof. Dr. Klaus Müller, Dieter Neugebauer, Hans Roman, Paul Schwarz und Tobias Walch.

Abschied nehmen hieß es dagegen von Geschäftsstellenleiter Detlef Huber. Er gab nach fast zehn Jahren seine Tätigkeit ab. Sie wird ab Anfang 2022 von BEG-Mitglied Simon Beuttenmüller weitergeführt.

Zahlen und Fakten

  • 2019: 546 Mitglieder mit 7929 Anteilen
  • 2020: 549 Mitglieder mit 7940 Anteilen

Derzeit können neue Mitglieder nur mit einem Anteil zur Genossenschaft beitreten.

(Pressemitteilung: Stadt Wangen)