Ein Kommentar Gesundheitsversorgung: Das Riedlinger Tollhaus macht fassungslos

Obwohl im nächsten Jahr ein medizinisches Primärversorgungszentrum auf der Klinge seinen Betrieb aufnimmt, will die Stadt nun im Ernst prüfen lassen, ob ein weiteres Primärversorgungszentrum möglich ist.
Obwohl im nächsten Jahr ein medizinisches Primärversorgungszentrum auf der Klinge seinen Betrieb aufnimmt, will die Stadt nun im Ernst prüfen lassen, ob ein weiteres Primärversorgungszentrum möglich ist. (Bild: picture alliance / dpa | Oliver Berg)

Wer geglaubt hatte, dass mit der Investoren-Ausschreibung für das Ambulant Medizinische Dienstleistungszentrum (AMD) ein Ende des Eiertanzes um die Gesundheitsversorgung im Raum Riedlingen erreicht sei, muss feststellen, dass die Stadt mühelos noch einen drauflegen kann.

Obwohl im nächsten Jahr ein medizinisches Primärversorgungszentrum auf der Klinge seinen Betrieb aufnimmt, will die Stadt nun im Ernst prüfen lassen, ob ein weiteres Primärversorgungszentrum möglich ist. Da die Stadt offensichtlich über unendliche Geldquellen verfügt, soll eine Beratungsfirma das Kind schaukeln. Es wäre zu spannend, wenn man wüsste, wie Bürgermeister Schafft auf diese seltsam anmutende Idee kam. Dass er das PVZ auf der Klinge nicht kennt, ist kaum anzunehmen. Warum also diese Aktivität? Will er eine Konkurrenzsituation schaffen, oder eventuelle Fördermittel abgreifen? Sollte die Schaffung einer Konkurrenzsituation sein Ansinnen sein, verkennt er den Markt und die Situation, dass er für dieses Projekt auch Ärzte und Fachärzte gewinnen muss. Die niedergelassenen Ärzte werden ihn bei diesem Ansinnen kaum unterstützen, bei Fachärzten müsste er zudem den Segen der KV einholen. Dies aber kann man mit Fug und Recht bezweifeln. Sollte Schafft die Hoffnung haben, Zuschüsse für ein PVZ erhalten zu können, wäre es beim entstehenden Gesundheitszentrum eine gut angelegte Unterstützung.

Traurig ist jedenfalls, dass die Riedlinger Streitereien um das PVZ und AMD eine bessere Facharztversorgung verhindert haben. Viele Eltern wären dankbar gewesen, wenn eine Kinderärztin hier tätig geworden wäre. Stattdessen müssen sie weiterhin mit den Kindern in die benachbarten Städte fahren. Fast noch schlimmer ist die Tatsache, dass eine Kinder-Endokrinologin ebenfalls einen Rückzieher machte. Die Wartezeiten bei diesen Fachärzten beträgt teilweise bis zu sechs Monate. Alle, ob Bürgermeister oder Gemeinderäte, haben sich verpflichtet, zum Wohle der Stadt tätig zu sein. Bei der Gestaltung einer guten Gesundheitsversorgung ist dies bei der Verwaltung und Teilen des Gremiums nicht mehr erkennbar. Es scheint, als ob Eitelkeiten und Besserwisserei Vorfahrt gegenüber dem Patientenwohl haben.

Sind diejenigen, die mit ihrem Stimmverhalten und Vorschlägen eine verbreiterte und damit bessere Facharztversorgung verhindert haben, wenigstens bereit, sich jetzt für die Gewinnung von Fachärzten einzusetzen? Diese Hoffnung ist wohl vergebens. Eher ist zu erwarten, dass sowohl der Bürgermeister als auch etliche Ratsmitglieder die Schuld wieder nicht bei sich, sondern überall anders suchen. Erstrangig wohl bei den Betreibern des PVZ, denen sie unterstellen, dass sie ja nur ihre Taschen füllen wollen, oder am Ende bei der weniger wohlwollenden Presse. Tatsache bleibt aber, dass die Bürger der Raumschaft von dem Riedlinger Gezänk um die Gesundheitsversorgung mehr als nur genervt sind. Sie sind nach der Schließung des Krankenhauses ein weiteres Mal die Verlierer in diesem unwürdigen Spiel.