Gestiegene Kosten und Fahrermangel setzen der Transportbranche zu

BGL Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt.
BGL Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt. (Bild: BGL)

Wer aktuell einen Blick auf die Preise an den Tankstellen wirft, der merkt schnell: Die Preise sind deutlich gestiegen, vor allem der Diesel ist teuer. Zu diesem Problem äußerte sich gestern in der Hessenschau u.a. Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V. (BGL): „Vor allem der Mittelstand kommt unter Druck. Diese Betriebe brauchen einen auskömmlichen Transportpreis.“

In die gleiche Kerbe schlägt Uwe Bender, Chef der Spedition Pfeiffer (Kassel): „Es ist für das Transportgewerbe schwierig, die Mehrkosten eins zu eins an die Kunden weiterzugeben.“ Mit Blick auf weiter steigende Kosten an den Zapfsäulen stellt Bender fest: „Das Transportgewerbe ist die Blutader der Wirtschaft. Man sollte daher darüber nachdenken, ob die nächste CO2 Bepreisung ausgesetzt oder verschoben wird.“

Doch das ist nicht das einzige Problem der Transportbranche. Seit dem Brexit überschlagen sich die Meldungen über fehlende Kraftfahrer in Großbritannien, die gewaltige Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung haben. Dort gibt es leere Regale in den Supermärkten, die Mineralstoffversorgung ist teilweise zusammengebrochen. Wir wollten von Martin Bulheller, Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftsbeobachtung beim BGL wissen, ob es bei uns ähnliche Problemstellungen im Transportgewerbe gibt.

Herr Bulheller, wie viele Fahrer fehlen jetzt schon in Deutschland, wie viele kommen jährlich dazu und wie viele neue Fahrer starten p. a. in diese Tätigkeit?

Wir gehen momentan von 60.000 bis 80.000 fehlenden Lkw-Fahrern in Deutschland aus. Zudem gehen rund 30.000 Lkw-Fahrer pro Jahr in den verdienten Ruhestand, jedoch wurden in den letzten Jahren lediglich zwischen 15.000 und 20.000 Lkw-Führerscheine pro Jahr neu erworben, so dass die Lücke noch größer werden dürfte. Der in ganz Europa grassierende Fahrermangel hat konkrete Ursachen. Vor allem macht – speziell in Deutschland – die fehlende gesellschaftliche Anerkennung vielen Lkw-Fahrern zu schaffen.

Das öffentliche Ansehen der Lkw-Fahrer muss wieder besser werden, damit sie die Wertschätzung erhalten, die sie für ihre herausfordernde und unverzichtbare Arbeit verdienen. Ebenso machen schlechte organisatorische Zustände an den Be- und Entladerampen den betroffenen Fahrern das Leben schwer, wie z.B. unkalkulierbar lange Wartezeiten, zeit- und kostenintensive Probleme beim Paletten-Tausch, überdies muss verstärkt gegen den ebenfalls seit Jahren bestehenden eklatanten Parkplatzmangel vorgegangen werden – nicht zuletzt aus Verkehrssicherheitsgründen. Die allabendliche, oftmals vergebliche Parkplatzsuche gehört leider immer noch zum Arbeitsalltag zehntausender Lkw-Fahrer in Deutschland. Die Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer müssen also generell wieder attraktiver werden.

Wie sehen Sie die technische Zukunft der LKW (Diesel, Batterie, Strom, Wasserstoff) und wie wirkt sich das ggf. auf die kalkulierten Transportkosten aus?

Wasserstoff-Lkw werden voraussichtlich nicht vor 2027 serienreif sein. Batterie-Lkw sind nur für den Nahverkehr und allenfalls noch im Regionalverkehr eine realistische Alternative, da bei größeren Reichweiten die Batterien ein so großes Gewicht bekämen, dass kaum noch Nutzlast transportiert werden könnte. Als Brückentechnologie für die Langstrecke bis zur Einführung des Wasserstoffmotors bleibt da nur der gasbetriebene Lkw, der bereits heute existiert und in zahlreichen Exemplaren seine Praxistauglichkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat.

Jedoch fährt er momentan noch mit fossilem Erdgas, hat aber die Perspektive, zukünftig mit klimaneutralem Bio-LNG betrieben zu werden. In jedem Fall sind die alternativen Antriebe massiv teurer als der altbewährte Dieselmotor. Alles was nicht durch staatliche Ausgleichsmaßnahmen abgedeckt werden kann, muss auf die Transportkosten aufgeschlagen werden – alles andere wäre bei den traditionell schmalen Umsatzrenditen im Transportgewerbe ökonomischer Selbstmord.