Gericht lehnt Eilantrag von Schuhgeschäft gegen 2G-Regel ab

Schuhe stehen in einer Auslage vor einem Schuhgeschäft.
Schuhe stehen in einer Auslage vor einem Schuhgeschäft. (Bild: Bernd Weißbrod/dpa)

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Schuhgeschäfte gehören nicht zur Grundversorgung, Blumensträuße dagegen schon: Die Corona-Regeln für den Einzelhandel standen im Südwesten auf dem juristischen Prüfstand. Aus Sicht des Handelsverbandes lässt der Beschluss viele Fragen offen.

Mannheim (dpa/lsw) – Ein Schuhgeschäft ist mit einem Eilantrag gegen die 2G-Regel vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg gescheitert. Die Forderung, nicht nur Genesenen und Geimpften als Kunden Zutritt zu gewähren, sei abgelehnt worden, weil die Infektionszahlen derzeit stark anstiegen, teilten die Mannheimer Richter am Mittwoch mit. Im Nachbarland Bayern ist die Regelung hingegen anders. Der dortige VGH hatte für das Nachbarland entschieden, dass für Bekleidungs-, Bücher- und Blumenläden die 2G-Regel nicht gilt.

In dem aktuellen Fall in Baden-Württemberg verwiesen die Richter in Mannheim nun auf Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, für den Zugang zu Ladengeschäften die 2G-Regelung anzuwenden und für den Zugang zu Geschäften des täglichen Bedarfs die 3G-Regelung. 3G bedeutet Zutritt für Genesene, Geimpfte und negativ Getestete. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) begrüßte die Entscheidung der Richter. Er verwies auf die Omikron-Variante. In den nächsten Wochen werde mit einem starken Anstieg der Infektionszahlen gerechnet und deshalb mit einer weiteren Belastung des Gesundheitssystems.

«Wir sind sehr enttäuscht», sagte hingegen die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes, Sabine Hagmann, der Deutschen Presse-Agentur. Sie bezeichnete den Beschluss als scherenschnittartig und undifferenziert. Die Richter hätten sich seit langem der Unterstützung der Politik verschrieben, ohne die Entwicklung in anderen Bundesländern wie etwa Bayern und Niedersachsen zu berücksichtigen, wo es infolge von Gerichtsentscheidungen Lockerungen für den Einzelhandel gegeben habe. Dass im Einzelhandel Existenzen auf dem Spiel stünden, interessiere die Justiz zu wenig.

Justizministerin Marion Gentges (CDU) widersprach ihr deutlich: «Dass richterliche Entscheidungen, gerade in diesen aufgewühlten Zeiten, auf Kritik stoßen können, liegt in der Natur der Sache», sagte sie am Abend. «Ich bitte aber jeden und jede, bei Kritik sachlich zu bleiben.» Die Richterinnen und Richter entschieden, wie es die Verfassung vorsehe, sagte sie.

Das Mannheimer Gericht folgte der Argumentation der Filiale eines Unternehmens mit Sitz außerhalb Baden-Württembergs nicht, im Einzelhandel komme es nur in geringem Umfang zu Infektionen. Die Ursachen des Infektionsgeschehens seien derzeit vielmehr diffus. Die Luca-App, auf deren Daten sich die Antragstellerin berufe, werde im Einzelhandel vielfach gar nicht eingesetzt.

Die Klägerin machte geltend, Schuhgeschäfte dienten der Grundversorgung der Bevölkerung. Dem hielt der 1. Senat entgegen: «Üblicherweise dürfte jeder Bürger über ausreichend Schuhe verfügen, um einen gegebenenfalls auch kurzfristig entstehenden Neuanschaffungsbedarf zu überbrücken.» Wenn die Antragstellerin anführe, dass jeder Deutsche pro Jahr vier Paar Schuhe kaufe, zeige das nur, dass Schuhe nicht kurzfristig neu angeschafft werden müssten. Das Gemeinwohl werde durch einen Verzicht auf diese Produkte nicht beeinträchtigt.

Hagmann hingegen betonte, es sei nicht zu verstehen, dass in der Corona-Verordnung der Kauf von Blumensträußen als Teil der Grundversorgung gewertet werde, der Erwerb von Schuhen hingegen nicht. Wenn die Richter von diffusen Infektionsquellen sprächen, sei daraus zu schließen, dass der Einzelhandel kein Infektionstreiber sei – im Gegenteil. Obwohl die Mitarbeiter der Geschäfte jeden Tag an der Front stünden, machten sie unter den Infizierten nur einen Anteil von unter einem Prozent aus.

In Bayern haben Gerichte in vergleichbaren Fällen bisher anders geurteilt. Im Dezember stellten sie dort klar, dass auch Textilgeschäfte und Spielzeuggeschäfte zu den von den strengeren Regeln ausgenommenen Geschäften des täglichen Bedarfs gehören. Bei den Textilgeschäften nahmen sie dabei direkt Bezug auf eine Entscheidung aus dem Frühjahr 2021, als sie auch Schuhgeschäfte dem täglichen Bedarf zugeordnet hatten. Diese, so hieß es damals, hätten für die Versorgung der Bevölkerung eine vergleichbar gewichtige Bedeutung wie etwa Buchhandlungen, Geschäfte für Babybedarf, Bau- und Gartenmärkte oder Blumenläden.

Der Beschluss des VGH für Baden-Württemberg ist unanfechtbar (Az.: 1 S 3781/21).