Gedenken in Weissenau

Die Regionaldirektoren Karin Wochner (links) und Juan Valdés-Stauber (5.v.r.) bei der Kranzniederlegung im kleinen Kreis am Weissenauer Denkmal der grauen Busse.
Die Regionaldirektoren Karin Wochner (links) und Juan Valdés-Stauber (5.v.r.) bei der Kranzniederlegung im kleinen Kreis am Weissenauer Denkmal der grauen Busse. (Bild: Stefan Angele)

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Weissenau (ZfP) – Mit einer Kranzniederlegung am Denkmal der grauen Busse und 691 Glockenschlägen von der Klosterkirche haben die Stadt Ravensburg und das ZfP Südwürttemberg am Standort Weissenau der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Pandemiebedingt fand das Gedenken im kleinen Kreis und nichtöffentlich statt.

Am 27. Januar gedenkt das ZfP Südwürttemberg alljährlich der 691 Frauen und Männer, die als Patientinnen und Patienten der ehemaligen Heilanstalt Weissenau in den Jahren 1940/41 in den Vernichtungsstätten Grafeneck und Hadamar mit Kohlenmonoxid-Gas ermordet wurden. Das Gedenken findet seit 1996 am nationalen Gedenktag, dem Tag der Befreiung der Überlebenden des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau statt. Der Pandemie-Situation geschuldet, musste die seit 1998 gemeinsam veranstaltete Kranzniederlegung der Stadt Ravensburg und des ZfP Südwürttemberg erneut nichtöffentlich stattfinden.

Für das ZfP Südwürttemberg legten die Regionaldirektoren Karin Wochner und Prof. Dr. Juan Valdés-Stauber am Denkmal der grauen Busse am Vormittag einen Kranz nieder. Der Weissenauer Werkstattrat sowie die Ortsgruppe Ravensburg des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) taten dies ebenfalls. Zum Gedenken an die 691 Ermordeten erklang die Glocke der Weissenauer Klosterkirche 691 Mal.

Gedenken in Verantwortung

Regionaldirektorin Karin Wochner sagte: „Die Befreiung jährt sich heute zum 77. Mal und immer mehr Stimmen der Überlebenden des Ungeheuerlichen und Unfassbaren verstummen. Bundes-präsident Frank-Walter Steinmeier sprach am vorletzten Jahrestag in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem unter anderem darüber, dass sich die bösen Geister heute in neuem Gewand zeigen. Er betonte, dass die deutsche Verantwortung nicht vergehen dürfe und warnte vor einem Rückfall in autoritäre Denkmuster angesichts vieler antisemitischer Vorfälle gerade in Deutschland und auch weltweit. So ist es ist mit jedem Jahr umso wichtiger, dass wir der Opfer gedenken.“

Gedenken an Schulen

Vor der Coronavirus-Pandemie fanden anlässlich des Gedenktags am ZfP-Standort Weissenau alljährlich auch Schülerveranstaltungen statt. Zahlreiche Schulklassen erhielten dabei einen didaktisch aufbereiteten Einblick in die Psychiatriegeschichte der NS-Zeit sowie in die Arbeit der AG Gedenken und des Forschungsbereichs Geschichte und Ethik der Medizin des ZfP Südwürttemberg. Vergangenes Jahr fielen die Schülerveranstaltungen aufgrund der Pandemie aus, worauf mit dem Streaming-Angebot eines Theaterstücks zur „Euthanasie“ psychisch kranker Menschen reagiert wurde.

Dieses Mal ging die AG Gedenken einen anderen Weg: In kleiner Besetzung besuchte sie auf Wunsch die Schulklassen direkt an den Schulen, um auf diese Weise einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Diskussion über das Geschehene und das Gedenken insbesondere bei den jüngeren Generationen nicht in Vergessenheit geraten.

Gedenken per Video

Der italienische Bühnenautor Pietro Floridia hat die Ermordung psychisch Kranker und geistig Behinderter in Deutschland zum Thema seines Dramas „T4. Ophelias Garten“ gemacht. 2016 erschien es im Verlag Psychiatrie und Geschichte des ZfP erstmals auf Deutsch. Das ZfP Südwürttemberg hat das Stück vergangenes Jahr professionell aufzeichnen lassen, realisiert mit Laiendarstellerinnen aus dem eigenen Klinikpersonal.

Unter www.zfp-web.de/unternehmen/erinnern-und-gedenken kann das Video der Theateraufführung angesehen werden. Es eignet sich auch für die Verwendung im Unterricht, wofür ergänzend eine didaktische Handreichung erstellt wurde.

(Pressemitteilung: ZfP Südwürttemberg)