Friseure gegen Umweltverschmutzung: Wie Haare Ozeane und Seen reinigen können

Gegen die Ölkatastrophe der Meere und zum Schutz der Meerestiere: Friseure sammeln Haare für Ölfilter
Gegen die Ölkatastrophe der Meere und zum Schutz der Meerestiere: Friseure sammeln Haare für Ölfilter (Bild: Pixabay / picture-alliance / dpa | epa Nordfoto Steffen)

Immer mehr Friseure werfen das abgeschnittene Haar ihrer Kunden nicht mehr in den Müll, sondern sammeln es in Papiertüten und schicken es nach Frankreich. Denn dort werden sie zu effektiven Öl-Filtern gemacht. Und was für Meere funktioniert, gilt auch für unsere Seen.

Christine Hauser ist Friseurmeisterin in Titisee-Neustadt. Die gebürtige Meßkircherin sammelt in ihrem Salon seit einem halben Jahr Haare. Statt im Müll verschwindet das Haar ihrer Kunden jetzt in Papiertüten, denn seit letztem Herbst ist ihr Salon Mitglied der Organisation „Coiffeur Justes“. Das bedeutet übersetzt soviel wie „faire Friseure“. Der Gründer dieser Organisation, Franzose Thierry Grass, ist selbst Friseur. Und Umweltaktivist. Und als dieser hatte er eine geniale Idee. Warum Haare denn wegwerfen, wenn es doch noch einen guten Zweck erfüllen könnte?

Friseurmeisterin Christine Hauser.
Friseurmeisterin Christine Hauser. (Bild: Privat)

Ölfilter aus menschlichem Haar

Menschliches Haar hat die Eigenschaft extrem saugfähig zu sein. Wenn man dieses Haar jetzt in Socken steckt und in eine Schale Wasser legt, sieht man sofort, dass fettige Substanzen wie Öl ein fettiger Film aus Sonnencreme von den Haaren aufgesogen wird. Was im Kleinen funktioniert, gilt auch im großen Umfang. Denn diese Haar-Filter werden von Thierry und anderen Umweltschützern genutzt, um das Wasser der Meere zu reinigen. Dass die extrem mit der Umweltverschmutzung durch den Menschen zu kämpfen haben, ist ein Problem, das in den vergangenen Jahren immer größer wurde.

Ölteppiche als tödliche Gefahr für Meerestiere und Seevögel

Nach Tankerunfällen schwimmen zum Teil kilometergroße Ölteppiche auf den Wasseroberflächen der Meere. Eine Katastrophe für Meeresbewohner und Seevögel. Sie verenden elend an einer Vergiftung, wenn sie das Öl aufnehmen. Selbst wenn man zum Beispiel das ölverschmutzte Gefieder von Seevögeln aufwendig reinigt, haben diese nur noch eine geringe Überlebenswahrscheinlichkeit, da das giftige Öl bereits vom Körper aufgenommen wurde…

Seemöwen sitzen auf Soaker-Auslegern, die eingesetzt werden, um den Ölfluss zu stoppen.
Seemöwen sitzen auf Soaker-Auslegern, die eingesetzt werden, um den Ölfluss zu stoppen. (Bild: picture alliance / dpa | Tannen Maury)

Umweltfreundliche Lösung zur „Entfettung“ des Wassers

Es gibt verschiedene Arten gegen diese fettige Verschmutzung vorzugehen. Es kann aufwendig abgeschöpft oder verbrannt werden. ODER: Man nimmt die biologisch unbedenklichste Variante und setzt auf Haare. Was im Friseursalon von Thierry Grass begann, haben inzwischen Salons aus ganz Europa übernommen. Die meisten, die teilnehmen, sind in Frankreich. Doch auf der Landkarte der haarsammelnden Friseursalons finden sich auch bei uns immer mehr. Auf der österreichischen und Schweizer Seite des Bodensees gibt es schon einige Salons, die mitmachen. In Oberschwaben ist bisher noch keiner dabei, doch das will Friseurmeisterin Christine Hauser ändern. Sie hat ein Video für ihre Kollegen in ganz Baden-Württemberg gedreht, in dem sie erklärt, wie das Projekt funktioniert.

Aktion sauberer Titisee

Aktuell sammelt sie die Haare ihrer Kunden übrigens sogar für die eigene Heimat. Denn auch der Titisee ist von Umweltverschmutzung betroffen. 2022 feiert Neustadt „Das Jahr des Wassers“ und um den See vor der Haustür zu entfetten, wird jetzt hier für Ölfilter gesammelt. Falls nicht genug zusammenkommt, gehen die Haare wieder nach Frankreich. Christine: „Man braucht etliche Kilo Haar für diese Filter. Pro Tüte haben wir vielleicht 500 Gramm zusammen aber wir sammeln eifrig weiter. Denn es ist in jedem Fall eine Win-Win-Situation. Wir haben viel weniger Müll und tun etwas für die Umwelt. Entweder für den eigenen See oder die Weltmeere.“

Allein der Vertriebsweg ist noch holprig. Eine Mitgliedschaft für einen Friseursalon in der Vereinigung „Coiffeur Justes“ kostet um die 20 Euro im Monat. Das ist wenig. Doch der Versand der Haare geht ins Geld. Noch. Denn je mehr Salons dabei sind, desto mehr Ideen und Investition können auch in die Problemlösung gehen. An so etwas Banalem wie Porto sollte die Rettung unserer Erde nicht scheitern.