Fachkräftemangel bremst Energiewende

Fachkräftemangel bremst Energiewende
Die TWS ist auf der Suche nach Fachkräften. (Bild: Los Muertos Crew von Pexels)

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TWS Netz sucht Fachkräfte mit Elektrowissen – enormer Verwaltungsaufwand rund um Einspeisung, lange Bearbeitungszeiten

Ravensburg – Solaranlagen boomen. Der Krieg in der Ukraine hat das Bewusstsein der Menschen für diese Art der Energieerzeugung geschärft. Allein in Ravensburg und Weingarten speisen gut 2.000 Anlagen in das öffentliche Stromnetz ein, die sukzessive über die letzten 20 Jahre an das Netz angeschlossen wurden. Im Jahr 2022 können es, falls der Trend so anhält, zwischen 300 und 400 zusätzliche Anlagen werden.

„Das freut uns zum einen, denn wir engagieren uns ja bewusst für die Energiewende. Doch die schiere Zahl der Erzeugungsanlagen bringt uns auch in eine schwierige Lage: Wir kommen mit der Arbeit nicht nach, denn Fachkräfte fehlen“, umschreibt Helmut Hertle als Geschäftsführer der TWS Netz GmbH ein Dilemma.

Das Unternehmen betreibt das Stromnetz in Ravensburg und Weingarten und hat es in dieser Funktion mit sehr komplexen Anforderungen und einer Menge gesetzlicher Auflagen zu tun. Denn die Netzbetreiber am Ort nehmen den Strom nicht nur physikalisch auf und kümmern sich um den technischen Betrieb der Leitungen und Steuerungseinrichtung, die die elektrische Energie verteilen. Sie sind auch diejenigen, die die Vorarbeit für einen späteren Einspeisevorgang im engen Zusammenspiel mit den Anlagenbetreibern und Installationsbetrieben leisten.

„Das ist ein Verwaltungsakt, bei dem es auch um technische Details geht. Das fordert alle Beteiligten es braucht dann mühevolle Kleinarbeit, bis alle Informationen da sind“, schildert Helmut Hertle. So könne ein Freigabeprozess für eine neue Solaranlage oder ein Blockheizkraftwerk, das ins Stromnetz einspeist, bis zu einem Dreivierteljahr dauern. Das führt immer wieder zu kritischen Stimmen.

Arbeitsmarkt leergefegt – Elektrowissen gefragt

Teil des Problems sei aber auch, dass die TWS Netz seit Monaten Personal mit fundiertem Elektrowissen sucht – aber nicht finden kann. Denn nur Mitarbeitende mit einer solchen Qualifizierung können den gesamten Prozess, beginnend mit einer sogenannten Netzverträglichkeitsprüfung einer neuen Anlage, vornehmen. Unter Einsatz digitaler Tools wird dabei am PC rechnerisch ermittelt, ob das Stromnetz überhaupt eine weitere PV-Anlage aufnehmen kann oder Kapazitätsengpässe vorliegen.

Wenn das nicht der Fall ist, prüfen die Einspeiseexperten der TWS Netz welcher Verknüpfungspunkt sich für den Anschluss einer Anlage sowie die Aufnahme des erzeugten Stroms in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht eignet. Viele Arbeitsschritte erfordern Fachwissen, das beispielsweise Absolventen und Absolventinnen eines technischen Studiums erworben haben. „Wir nehmen solche Fachkräfte mit offenen Armen auf und bieten ein attraktives Arbeitsumfeld. Aber wir stehen hier im unmittelbaren Wettbewerb mit der Industrie“, schildert der Geschäftsführer die Situation am Arbeitsmarkt.

Dabei leisten gerade die Betreiber der örtlichen Infrastruktur Essentielles, um die Energiewende in Deutschland zu stemmen. Das Megaprojekt hat dabei zwei Dimensionen: Zum einen die drastische Reduzierung der CO2-Emissio-nen durch den Umstieg auf Energie aus erneuerbaren Ressourcen wie Sonne, Wind und Biomasse. Zum anderen die sichere Versorgung der Bevölkerung rund um die Uhr und bei jedem Wetter.

Ohne Registereintrag keine Einspeisevergütung

Immer mehr Anlagenbetreiber liefern ihren Strom vom Hausdach oder aus dem Blockheizkraftwerk ins Netz. Die Abwicklung der Vergütung organisiert der örtliche Netzbetreiber als Treuhänder des Bundes. So bereitet auch die TWS Netz die Auszahlungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit Datenerfassung vor und leistet schließlich die Überweisung in Euro und Cent.

Damit diese Auszahlungen von Seiten des Netzbetreibers getätigt wer-den dürfen, müssen die Anlagendaten vorher komplett bei der Bundesnetzagentur vom Anlagenbetreiber hinterlegt werden. Heißt: Die Erzeugungsanlage, egal welcher Art, muss im sogenannten Marktstammdatenregister der
Bundesnetzagentur korrekt gemeldet sein. Das ist eine gesetzliche Verpflichtung, die seit Ende 2021 gilt – und trotz großen Engagements der TWS Netz und mehrfacher Information der Einspeiser werden diese Vorgaben von knapp 100 Anlagenbetreibern derzeit noch nicht erfüllt.

„Unser Team leistet auch hier täglich Beratung. Denn nur wer dort korrekt verankert ist, darf eine Einspeisevergütung bekommen“, erläutert Helmut Hertle. Das betrifft auch An- und Ummeldung beim Verkauf einer Anlage oder bei einer Erweiterung durch zusätzliche Module oder einen Energiespeicher. Damit macht er klar, dass die Energiewende nicht ohne Aufwand zu haben ist. Um das Volumen an Anfragen zeitnah abzuarbeiten bräuchte es zwei zusätzliche Fachkräfte in Vollzeitbeschäftigung, die die TWS Netz seit Monaten mit Hochdruck sucht. „Wer Elektrowissen besitzt und die Energiewende mitgestalten will – der ist bei uns richtig!“, appelliert der Ravensburger Netze-Chef.

(Pressemitteilung: tws Netz GmbH)